Die bayerische Küche als Mutprobe
Was macht man, wenn man Besuch aus dem Ausland hat und ihm zeigen will, was zum Leben hier dazugehört? Klar, man kann ihn an die bayerischen Postkartenorte schleppen. Schlösser, Berge, Altstädte – von all dem hat Bayern ja nicht wenig. Oder man nimmt ihn mit zu einer landestypischen Veranstaltung wie Maßkrugrennen, Maibaumstellen oder Alphorntreffen. Aber dafür braucht man Zeit oder muss am richtigen Tag am richtigen Ort sein. Was aber, wenn höchstens ein paar Stunden bleiben, weil der Besuch nur auf der Durchreise ist? Ganz klar: Man geht Essen, in ein Traditionsrestaurant. Denn Küche ist doch Heimat und man ist, was man isst.
So sitzt man dann in München, im Bräuhaus einer immer noch bayerischen Traditionsbrauerei. „A place to meet in old Munich“, wie es in der Eigenwerbung heißt. Schwere Holztische, ein schmiedeeisernes Schild, das den Stammtisch ausweist und in der Ecke das geschnitzte Kruzifix. Vertrautes Terrain. Wie es jetzt weitergeht, ist klar: Eine Halbe Bier und die Wahl zwischen Schweinshaxe oder -braten. Denkt man. Doch schon bei der Getränkekarte fängt es an.
Statt Helles, Dunkles oder Weizen stehen da geschätzt 15 verschiedene Weißbiere, zusätzlich zu den bekannten Biersorten. Jetzt erklärst du mal auf Englisch, wie die sich unterscheiden. Und dann die Zwischenfragen: „What ist Stammwurrze?“Au wei. Zum Glück ist der Besuch nicht wählerisch und nimmt, was man ihm vorschlägt.
Doch dann schaut man auf die Speisekarte. Tagesessen am Sonntag: „Stierhoden gegrillt auf Weißbierschaumsoße mit Buttergemüse und Kräutererdäpfel“. Schon am Dienstag gab es „Kälberfüße abgebräunt mit Erdäpfelsalat“. Und erst am Freitag hat die Küche empfohlen „Kalbskopf gebacken mit Rahmschwammerl, Eierspatzn und Blattsalaten“. Oha, sagt der Bayer. Okay, sagt der Besuch. Die Stierhoden gibt es bei ihm in Mexiko auch öfter. Und das Beste am Kalbskopf seien die Augen. Ob man überhaupt schon mal Insekten probiert hätte? Aber eigentlich habe er noch keinen Hunger, man habe ja mittags so spät gegessen. Ist gut, sagt man selber. Mein Appetit ist gerade auch nicht so groß.