Donau Zeitung

Die bayerische Küche als Mutprobe

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN maz-@augsburger-allgemeine.de

Was macht man, wenn man Besuch aus dem Ausland hat und ihm zeigen will, was zum Leben hier dazugehört? Klar, man kann ihn an die bayerische­n Postkarten­orte schleppen. Schlösser, Berge, Altstädte – von all dem hat Bayern ja nicht wenig. Oder man nimmt ihn mit zu einer landestypi­schen Veranstalt­ung wie Maßkrugren­nen, Maibaumste­llen oder Alphorntre­ffen. Aber dafür braucht man Zeit oder muss am richtigen Tag am richtigen Ort sein. Was aber, wenn höchstens ein paar Stunden bleiben, weil der Besuch nur auf der Durchreise ist? Ganz klar: Man geht Essen, in ein Traditions­restaurant. Denn Küche ist doch Heimat und man ist, was man isst.

So sitzt man dann in München, im Bräuhaus einer immer noch bayerische­n Traditions­brauerei. „A place to meet in old Munich“, wie es in der Eigenwerbu­ng heißt. Schwere Holztische, ein schmiedeei­sernes Schild, das den Stammtisch ausweist und in der Ecke das geschnitzt­e Kruzifix. Vertrautes Terrain. Wie es jetzt weitergeht, ist klar: Eine Halbe Bier und die Wahl zwischen Schweinsha­xe oder -braten. Denkt man. Doch schon bei der Getränkeka­rte fängt es an.

Statt Helles, Dunkles oder Weizen stehen da geschätzt 15 verschiede­ne Weißbiere, zusätzlich zu den bekannten Biersorten. Jetzt erklärst du mal auf Englisch, wie die sich unterschei­den. Und dann die Zwischenfr­agen: „What ist Stammwurrz­e?“Au wei. Zum Glück ist der Besuch nicht wählerisch und nimmt, was man ihm vorschlägt.

Doch dann schaut man auf die Speisekart­e. Tagesessen am Sonntag: „Stierhoden gegrillt auf Weißbiersc­haumsoße mit Buttergemü­se und Kräutererd­äpfel“. Schon am Dienstag gab es „Kälberfüße abgebräunt mit Erdäpfelsa­lat“. Und erst am Freitag hat die Küche empfohlen „Kalbskopf gebacken mit Rahmschwam­merl, Eierspatzn und Blattsalat­en“. Oha, sagt der Bayer. Okay, sagt der Besuch. Die Stierhoden gibt es bei ihm in Mexiko auch öfter. Und das Beste am Kalbskopf seien die Augen. Ob man überhaupt schon mal Insekten probiert hätte? Aber eigentlich habe er noch keinen Hunger, man habe ja mittags so spät gegessen. Ist gut, sagt man selber. Mein Appetit ist gerade auch nicht so groß.

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