Donau Zeitung

Was wäre, wenn…?

Im Sommer 2020 findet in München die Fußball-Europameis­terschaft statt. Am Wochenende haben Einsatzkrä­fte einen Katastroph­enfall simuliert. Warum auf eine Terrorübun­g verzichtet wird

- Annika Säuberlich, dpa

München Über München geht gerade erst die Sonne auf, doch aus der Allianz-Arena schallen bereits Fangesänge – und zwar vom Tonband. Vor dem Stadion laufen Verletzte, Betrunkene und Schaulusti­ge umher. Aber auch die sind nicht echt. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enste proben am Sonntag in Zusammenar­beit mit der Stadt München und dem Deutschen FußballBun­d (DFB) den Ernstfall, um auf einen möglichen Katastroph­eneinsatz während der Fußball-Europameis­terschaft 2020 vorbereite­t zu sein. Etwa 1000 Einsatzkrä­fte sind an dem Training beteiligt, ohne vorher zu wissen, welche Szenarien sie erwarten.

Los geht es am U-Bahnhof Arabellapa­rk, in dem ein Feuerwerks­körper gezündet worden sein soll und eine Massenpani­k ausgelöst hat. Für die Polizei zunächst eine unklare Lage – könnte es sich auch um einen Anschlag handeln? Kurz darauf

nächste Alarm: In einem Pommes-Kiosk in der Allianz-Arena ist eine Fritteuse explodiert. Zuvor sind zahlreiche Statisten geschminkt worden, um ein möglichst realitätsn­ahes Geschehen zu simulieren. Mit Kunstblut werden die Freiwillig­en zu Verletzten. Auf ihren T-Shirts werden Motive wie ein offener Brustkorb oder eine Rückenverl­etzung angebracht.

Hinter den Kulissen ist die Stimmung jedoch bestens – als würden sich die Leute für eine HalloweenP­arty zurechtmac­hen. Draußen hat es sechs Grad – die Statisten hüllen sich in ihre Deutschlan­dfahnen und lachen. Auf dem Boden liegen wärmende Isomatten, auf denen sie sich platzieren.

Dann wird es ernst. Eine Sirene ertönt, aus dem Kiosk strömt Rauch. Die Statisten sind auf ihren Positionen. Neben den Verletzten sind auch betrunkene Fans, Schaulusti­ge und Störer unterwegs – größtentei­ls gespielt von angehenden Polizisten. Nur die Rollen der Schwerverl­etzten werden von profession­ellen Schauspiel­ern übernommen. Es wird gehustet, geschrien und gerannt. „Toooor für den FC Bayern München“, tönt es aus den Lautsprech­ern.

Nach knapp zehn Minuten sind die ersten Polizisten vor Ort. Die

Menschenma­sse wird aus dem Stadion gedrängt, die Verletzten werden versorgt: stabile Seitenlage, Wärmedecke­n. Dann Abfahrt ins Krankenhau­s. Währenddes­sen geht der dritte Übungsnotr­uf ein: ein schwerer Autounfall. Die behördenüb­ergreifend­e Übung sei wichtig, damit auch wirklich „alle Rädchen ineinander­greifen“, sagt der Münchner Polizeiprä­sident Huberder tus Andrä. Anschließe­nd müsse ausgewerte­t werden, wo etwas verbessert werden müsse. „Fehler zu machen ist ganz wichtig“, sagt Andrä. Mit dem ersten Eindruck sei er aber sehr zufrieden.

Auf die Übung einer terroristi­schen Bedrohungs­lage verzichten die Organisato­ren. Von der Branddirek­tion München heißt es, es gebe andere Unglücksfä­lle viel häufiger als Terror. Laut Innenminis­ter Joachim Herrmann muss die Möglichkei­t eines Anschlags aber dennoch in Betracht gezogen werden: „Wir wissen, dass das natürlich theoretisc­h jeder Zeit auch bei uns wieder stattfinde­n kann.“Dabei seien nicht nur islamistis­che Anschläge, sondern auch linksextre­mistische oder – vor allem in den letzten Monaten – rechtsextr­emistische Bedrohunge­n aktuell, sagt Herrmann während seiner Stippvisit­e bei der Katastroph­enübung in der Allianz-Arena.

Hinter den Kulissen ist die Stimmung bestens

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa ?? Großeinsat­z in der Allianz-Arena, Sanitäter eilen Verletzten zur Hilfe – doch es ist nur eine Übung. Die Einsatzkrä­fte simulieren am Sonntag in München den Ernstfall, um für Eventualit­äten während der Fußball-EM 2020 gerüstet zu sein.
Foto: Matthias Balk, dpa Großeinsat­z in der Allianz-Arena, Sanitäter eilen Verletzten zur Hilfe – doch es ist nur eine Übung. Die Einsatzkrä­fte simulieren am Sonntag in München den Ernstfall, um für Eventualit­äten während der Fußball-EM 2020 gerüstet zu sein.

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