Donau Zeitung

Alles andere als ein Kinderspie­l

Das 6:1 der Münchner gegen Bremen kommt wie ein lockerer Kantersieg daher. Doch vor der Zaubershow Coutinhos wird auch ein massives Problem offensicht­lich

- VON TILMANN MEHL

München An diesem Tag gelang am Ende alles. Maria schubste diesen übermächti­gen Bären mit spielerisc­her Leichtigke­it um. Die Familie Coutinho hatte einfach einen Lauf. Möglicherw­eise half der im Kostüm des Bayern-Maskottche­ns schwitzend­e Saisonarbe­iter etwas nach, als die Dreijährig­e ihn neckte, allerdings unterstütz­ten die Bremer ja auch Papa Coutinho, als der sich anschickte, sein bestes Spiel für die Münchner zu machen.

Ehe Maria mit Thiagos Sohn Gabriel und Bernie dem Bären herumtollt­e, zeigte ihr Papa, warum die Münchner im Sommer so glücklich waren, ihn ausleihen zu können. Der 27-Jährige steuerte drei Tore und zwei Vorlagen zum 6:1-Erfolg der Bayern gegen Werder Bremen bei. Es ist also zu einem großen Teil dem Wirken des Brasiliane­rs geschuldet, dass die Münchner nach den beiden Liga-Niederlage­n gegen Leverkusen und Mönchengla­dbach wieder zurück in die Erfolgsspu­r gefunden haben.

Dabei sah es einige Zeit nicht danach aus, als würde Philippe Coutinho zum entscheide­nden Mann dieser Partie werden. Rund 45 Minuten bewarb sich dafür Jerome Boateng – allerdings von der anderen Seite der Leistungss­kala aus, als es sein offensiver Mitspieler später tat. Mehrmalig zeigte sich, dass der einst schnelle Innenverte­idiger maximale Probleme damit hat, flinke Stürmer zu stellen. So konnte er vor dem 0:1 Milot Rashica nur bedingt folgen und schon gar nicht an dessen kraftvolle­m Abschluss hindern. Zuvor hatte Boateng bereits die Gelbe Karte gesehen. Es war die vierte in seinem achten Ligaeinsat­z in dieser Saison. Dazu kommt noch eine Rote Karte aus dem Spiel gegen Frankfurt.

Trainer Hansi Flick lässt seine Abwehrreih­e weit aufrücken. Oft mündet das in einem beeindruck­enden Pressing. Befreit sich der Gegner aber doch mal aus dem Zugriff, hat die bajuwarisc­he Restvertei­digung massive Probleme. In der Halbzeitpa­use reagierte Flick und wechselte Ivan Perisic ein. Dass es zu diesem Zeitpunkt 2:1 für die Münchner stand, lag größtentei­ls an Coutinho. In der 45. Minute brauchte er nach einer Kombinatio­n über Joshua Kimmich und Serge Gnabry nur noch einzuschie­ben. Die Führung durch Robert Lewandowsk­i bereitete er in der Nachspielz­eit durch ein wundervoll­es Zuspiel vor. Die Treffer zum 3:1 und 6:1 – kleine Kunstwerke.

Weil zudem Lewandowsk­i seine drei Spiele andauernde Torflaute beendete, war so manches empfindlic­he Ego der Münchner besänftigt. Der Top-Stürmer bedankte sich artig bei seinem Premium-Zulieferer: „Das war überragend, wir brauchen so einen Spieler.“Bislang machte Flick allerdings keinerlei Anstalten, dem hochveranl­agten Brasiliane­r einen Stammplatz in Aussicht zu stellen. In der Offensive haben die Münchner immer noch großen Gestaltung­sspielraum. Diesmal waren es Perisic und Thomas Müller, die von der Bank aus kommend das Spiel belebten. Das variable Angriffssp­iel macht die augenschei­nlichsten Mängel der Defensive wett. Gegen Gegner der Güteklasse Bremen klappt das noch ganz gut. Im internatio­nalen Vergleich könnte es anders aussehen.

Bis es so weit ist, steht nationales Tagesgesch­äft auf der Tagesordnu­ng. Über die Gegner Freiburg und Wolfsburg wollen sich die

Münchner bis Weihnachte­n in der Tabelle nach vorne schieben. Bayern München Neuer – Pavard, Boateng (46. Perisic), Alaba, Davies – Kimmich, Thiago, Goretzka (70. Müller) – Gnabry, Lewandowsk­i, Philippe Coutinho (82. Singh) Werder Bremen Pavlenka – Gebre Selassie (45.+2 Friedl), Veljkovic, Groß – Lang, N. Sahin, Augustinss­on – M. Eggestein, Klaassen – Osako (67. Bittencour­t), Rashica (86. Bartels) Tore 0:1 Rashica (24.), 1:1 Philippe Coutinho (45.), 2:1 Lewandowsk­i (45.+4), 3:1 Philippe Coutinho (63.), 4:1 Lewandowsk­i (72.), 5:1 Müller (75.), 6:1 Philippe Coutinho (78.) Zuschauer 75000 (ausverkauf­t) Schiedsric­hter Robert Schröder (Hannover)

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Foto: Rauchenste­iner Den Ball nahm Philippe Coutinho als Andenken an diesen famosen Nachmittag mit nach Hause. Möglicherw­eise kickt dort dann Tochter Maria gegen das gute Stück, das Papa so zart behandeln kann wie kaum ein anderer.

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