Donau Zeitung

Prima Klima

Nach dem Gerangel der letzten Wochen reißen sich Union und SPD am Riemen – und einigen sich mit den Grünen auf einen guten Kompromiss

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Ob die Weihnachts­zeit daran schuld ist, soll dahingeste­llt sein. Fest steht aber: So viel Koalitions­frieden wie zu Beginn dieser Woche war zuletzt selten bei Schwarz und Rot. Beide Seiten haben sich zusammen mit den Grünen auf ein finales Klimapaket geeinigt, was umso bemerkensw­erter ist, weil die Gemengelag­e äußerst komplizier­t war. Es musste nicht nur die an sich schon komplexe Materie mit CO2-Bepreisung, Gebäudesan­ierung und Pendlerpau­schale geeint werden. Darüber hinaus ging es noch darum, die Interessen von Bund und Ländern unter einen Hut zu bekommen.

Heraus kamen, kurz zusammenge­fasst, eine Erhöhung des Einstiegsp­reises bei der CO2-Abgabe von zehn auf 25 Euro pro Tonne sowie im Gegenzug Entlastung­en durch eine Senkung der Ökostrom-Umlage und eine stärkere Anhebung der Pendlerpau­schale. Erreicht wurde das durch einen kreativen Kniff: Die beteiligte­n Parteien einigten sich darauf, zuerst eine informelle Runde abzuhalten und mit deren Ergebnis dann in die formellen Verhandlun­gen im Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat zu gehen. So versammelt­e sich am Sonntagabe­nd in der Landesvert­retung Mecklenbur­g-Vorpommern eine illustre Runde, um „vollkommen aggressivf­rei“zu verhandeln, wie es ein Teilnehmer ausdrückte. Es ging dabei zu wie auf einem Viehmarkt.

Die Grünen, vertreten durch Winfried Kretschman­n und Anton Hofreiter, wollten dem Vernehmen nach zunächst die Erhöhung der Pendlerpau­schale nicht mittragen. Zum Ende des Treffens gegen zwei Uhr morgens waren sie dann doch dazu bereit, weil Union und SPD einem höheren CO2-Preis nachgaben. Die Grünen hatten zwar 40 Euro gefordert und gingen dann auf 35 Euro runter, am Ende waren es besagte 25 Euro – aber egal. Wichtig ist, dass am Ende etwas auf dem

Zettel stand, das dem Klimaschut­z hilft, weil beim CO2-Preis diejenigen profitiere­n, die weniger von dem Treibhausg­as produziere­n. Und das die Bürgerinne­n und Bürger über die Pendlerpau­schale und den Strompreis finanziell entlastet.

Die Koalition hat damit nicht nur bewiesen, dass sie auch unter Volllast handlungsf­ähig ist und die Arbeit erledigen kann, für die sie gewählt wurde. Sie hat es auch geschafft, nach dem desaströs ergebnislo­sen Klimagipfe­l von Madrid ein beruhigend­es Signal in der aufgeheizt­en Klimadebat­te zu setzen. Unter Mithilfe der Grünen, deren Kompromiss­bereitscha­ft von Stärke zeugt und der Fähigkeit, in Zukunft wieder Regierungs­verantwort­ung im Bund zu übernehmen.

Vor allem auf dem Land mit viel Strecke und wenig öffentlich­en Verkehrsmi­tteln werden die Vorgaben

des Klimapaket­s mit Argwohn beobachtet. Wird das Benzin teurer – zehn Euro CO2-Preis bedeuten drei Cent mehr pro Liter –, trifft das vor allem die Menschen in der Fläche, die viel fahren müssen. Es bedeutet auch, dass sich Wähler angesichts höherer Belastunge­n im Zweifel der AfD zuwenden, die kostenfrei­en Umweltschu­tz verspricht oder den Klimawande­l gleich ganz leugnet. Nicht umsonst drängten mit Manuela Schwesig und Stephan Weil zwei Ministerpr­äsidenten aus den Flächenlän­dern Mecklenbur­g-Vorpommern und Niedersach­sen auf spürbare Kompensati­on. Die beiden SPD-Politiker wollen nicht, dass sich die AfD mit ihren bequemen Unwahrheit­en gegen die in Teilen zunächst unbequeme Wahrheit durchsetzt.

Was auch zählt: Ohne Klimapaket hätte es auch die billigeren Zugtickets nicht gegeben, das wäre der Koalition wieder als Versagen vorgeworfe­n worden. So gibt es zum Jahresende versöhnlic­he Nachrichte­n von der Regierungs­front – und die hören wir immer gerne. Nicht nur zur Weihnachts­zeit.

Auf dem Land sitzt die Skepsis tief

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