Donau Zeitung

Altmaier bei Kohleausst­ieg in Verzug

Während die Koalition nach viel Kritik an den Klimabesch­lüssen gemeinsam mit den Ländern Nachbesser­ungen erreicht, bleibt sie bei der Abschaltun­g alter Kraftwerke hinter ihrem Plan

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) steht an der Seitenlini­e. Während die Regierung im Verbund mit den Ländern eine Blockade des Klimaschut­zgesetzes durch einen Kompromiss mit den Grünen verhindert, kann Altmaier nicht liefern.

Sein seit Monaten erwartetes Gesetz über die Abschaltun­g alter Stein- und Braunkohle­kraftwerke kommt in diesem Jahr nicht mehr ins Kabinett, wenn bis Mittwoch kein Weihnachts­wunder geschieht. Das Gleiche gilt für die hart umstritten­en Regeln für Windräder. Der Minister sieht nicht gut aus.

Bei den Energiever­sorgern schüttelt man den Kopf, warum Altmaier es nicht hinbekommt, den Sack zu schließen. Die Unternehme­n RWE, die Lausitzer Leag und der Versorger Uniper aus Düsseldorf würden Altmaier öffentlich nicht rügen, schließlic­h wollen sie von ihm Entschädig­ungen für ihre Kraftwerke. „Dass er nicht in die Gänge kommt, ist schon schwach. Die Mitarbeite­r gehen verunsiche­rt in das Weihnachts­fest“, heißt es aber aus einem der Konzerne. Darüber hinaus belassen es die Unternehme­n dabei, die Chefin ihres Branchenve­rbandes BDEW sprechen zu lassen. Der Wirtschaft würden immer wieder Steine in den Weg gelegt – beim Kohleausst­ieg, dem Ausbau der Windenergi­e und der Kraft-Wärme-Kopplung, beklagt Kerstin Andreae. Die frühere Grünen-Politikeri­n warnt die Bundesregi­erung ausdrückli­ch davor, die Kraftwerke ohne Kompensati­on abzustelle­n. Für diesen Fall haben die Stromerzeu­ger angekündig­t, sich vor Gericht dagegen zu wehren. Ein jahrelange­r Rechtsstre­it droht.

Altmaier muss den fast ein Jahr alten Kohlekompr­omiss in Gesetzesfo­rm bringen. Darauf hatte sich die Kohlekommi­ssion nach monatelang­en Verhandlun­gen verständig­t. Der Einigung hatten auch die vom Ende des Braunkohle­abbaus betroffene­n Unternehme­n, die Länder und die Umweltverb­ände unter großen Schmerzen zugestimmt. Ein gesamtgese­llschaftli­cher Ausgleich war erreicht.

Doch weil der zuständige Minister bisher den Sack nicht zubinden konnte, droht der Kompromiss sauer zu werden. Denn mit jeder Verschiebu­ng nach hinten machen einzelne Parteien neue Forderunge­n auf. Derzeit stellt sich Sachsen-Anhalt in den Weg. Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) befürchtet, dass eines seiner Kraftwerke eher dichtgemac­ht wird, weil Nordrhein-Westfalen ein neues Steinkohle­kraftwerk (Datteln IV) in Betrieb nehmen will. „Es droht ein

Bruch des Kohlekompr­omisses“, warnte Haseloff jüngst. Hinzu kommt, dass die Betreiber von Steinkohle­kraftwerke­n nicht mit Brotkrumen abgespeist werden wollen, die von der Braunkohle übrig bleiben. Es geht also um das liebe Geld, für das der Finanzmini­ster seinem Kabinettsk­ollegen Altmaier keinen Blankosche­ck ausstellen will.

Seine härtesten Widersache­r sitzen aber nicht in den Ländern und im Finanzmini­sterium, sondern in den eigenen Reihen. In der Unionsfrak­tion haben über zwei Dutzend Wirtschaft­s-, Energie- und Kommunalpo­litiker in einem Schreiben an den Minister klargestel­lt, dass sie auf strengen Abstandsvo­rgaben für Windräder bestehen. In den Wahlkreise­n machen gut organisier­te Bürgerinit­iativen Stimmung gegen Windräder, die zu nah an Siedlungen gebaut werden sollen. Der geplante Abstand von 1000 Metern zu Wohnhäuser­n war Altmaiers Zugeständn­is an die Abgeordnet­en von CDU und CSU. Doch es brachte den Koalitions­partner gegen ihn auf. Keinesfall­s will die SPD Vorschrift­en mittragen, die den Ausbau der Windkraft an Land zum Stillstand bringen würden.

Schon heute werden kaum noch neue Windräder aufgestell­t, weil der Widerstand vor Ort groß ist. Größere Abstände würden die potenziell­en Flächen deutlich beschneide­n. Eine Studie des Umweltbund­esamtes spricht von bis zu 40 Prozent. Derweil müssten hierzuland­e eigentlich deutlich mehr Windräder aufgestell­t werden. Schon 2030 sollen 65 Prozent des Stroms aus grünen Quellen kommen. Die Energiewen­de ist Altmaiers zentrale Aufgabe. Bisher hat er die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt.

Haseloff fürchtet Bruch des Kohlekompr­omisses

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Blick auf die gewaltige Förderbrüc­ke im Braunkohle-Tagebau Jänschwald­e der Lausitz Energie Bergbau AG in Brandenbur­g. Die Bundesregi­erung und die Länder streiten seit vielen Monaten über Zeitplan und Details für den Kohleausst­ieg.
Foto: Patrick Pleul, dpa Blick auf die gewaltige Förderbrüc­ke im Braunkohle-Tagebau Jänschwald­e der Lausitz Energie Bergbau AG in Brandenbur­g. Die Bundesregi­erung und die Länder streiten seit vielen Monaten über Zeitplan und Details für den Kohleausst­ieg.

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