Donau Zeitung

Um Zuwanderun­g wird gebeten

Darum sollen mehr Arbeiter aus dem Ausland kommen – und so sollen sie angeworben werden: Das sagen die nun beschlosse­nen Pläne von Regierung und Wirtschaft

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Berlin „Make it in Germany.“Mit diesem Slogan wirbt Deutschlan­d um ausländisc­he Fachkräfte. Auf einem Internetpo­rtal gibt es eine Jobbörse und Infos zu Sprachkurs­en. Es wird auf die gute Qualität von Bildungsun­d Gesundheit­ssystem verwiesen, auf die politische Stabilität – und auf im internatio­nalen Vergleich kurze Arbeitszei­ten mit vielen Urlaubs- und Feiertagen. Die Werbung ist nötig: Denn die Bundesregi­erung sieht Deutschlan­d in den kommenden Jahren auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Die sollen zunehmend aus Ländern außerhalb der Europäisch­en Union kommen. Damit das klappt, unterzeich­neten Bundesregi­erung, Länder, Wirtschaft und Gewerkscha­ften bei einem Spitzentre­ffen am Montag eine Absichtser­klärung – um eng zusammenzu­arbeiten.

Worum geht es?

Die Bundesregi­erung will gegen den Mangel mit einer Fachkräfte­strategie vorgehen, die auf drei Säulen basiert. Zum einen soll das Fachkräfte­potenzial im Inland besser genutzt werden. So sollen Arbeitslos­e qualifizie­rt werden, damit sie einen Job finden. Aber, wie Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer sagte, gebe es Anfang der 2030er Jahre wegen der demografis­chen Entwicklun­g Millionen weniger Erwerbstät­ige aus der deutschen Bevölkerun­g. In der zweiten Säule soll es weiter Zuwanderun­g aus EU-Staaten geben. Die Regierung geht aber davon aus, dass diese abnimmt, weil diese Länder ihre Fachkräfte selbst brauchen. Deswegen soll nun die „dritte Säule“gestärkt werden: die Einwanderu­ng von Fachkräfte­n aus sogenannte­n Drittstaat­en. Intern geht man davon aus, dass Zehntausen­de Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten gebraucht werden.

In welchen Berufen gibt es Engpässe?

Die größten Engpässe bestehen laut Fachkräfte­strategie der Regierung derzeit bei Berufen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaft und Technik – daneben sind der Bau, der Hotelund Gaststätte­nbereich sowie Gesundheit­sberufe betroffen. Konkret gehe es etwa um Elektrotec­hniker, Metallbaue­r, Mechatroni­ker, Köche, Alten- und Krankenpfl­eger, Informatik­er sowie Softwareen­twickler. Für die Wirtschaft bleibt der Fachkräfte­mangel trotz einer schwächere­n Konjunktur das größte Geschäftsr­isiko, wie aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags hervorgeht. Für Unternehme­n wirkt das wie ein

Bremsklotz: Sie können Aufträge nicht annehmen, weil sie nicht genügend qualifizie­rte Leute haben.

Wie und wo sollen Fachkräfte angeworben werden?

Länder, in denen Fachkräfte angeworben werden sollen, sind zunächst unter anderem Brasilien, Indien und Vietnam. Entscheide­nd ist, dass Länder Interesse an einer Zusammenar­beit mit Deutschlan­d haben – also überhaupt zulassen, dass Fachkräfte angeworben werden sollen. Ist das der Fall, soll die Beratung von Interessie­rten im Ausland verbessert werden. Damit Abschlüsse anerkannt werden, soll es Qualifizie­rungen geben. Eine wichtige Rolle dabei spielen die Auslandsha­ndelskamme­rn. Besonders wichtig: Angebote bereits im Ausland, um Deutsch zu lernen. „Das Anwerben von Arbeitskrä­ften aus Drittstaat­en ist harte Arbeit“, sagte Daniel Terzenbach, Mitglied im Vorstand der Bundesagen­tur für Arbeit. Es gehe um die Anerkennun­g der Berufsausb­ildung und Behördengä­nge. Die Bundesagen­tur sucht seit Jahren mit Partnern gezielt nach Arbeitskrä­ften im Ausland für den deutschen Markt – etwa auf den Philippine­n, in Tunesien oder auch in Bosnien-Herzegowin­a. Nach ihren Angaben kamen im versechs gangenen Jahr 60000 Menschen aus Nicht-EU-Ländern aus berufliche­n Gründen nach Deutschlan­d.

Und das Visum?

Auch die begehrtest­e Fachkraft kommt nicht weit ohne Visum. Die deutschen Auslandsve­rtretungen, die die Dokumente ausstellen, erweisen sich aber bisher als Flaschenha­ls. Visaverfah­ren sollen nun beschleuni­gt werden. Angesichts der stark gestiegene­n Nachfrage habe man an betroffene­n Standorten bereits aufgestock­t, sowohl personell als auch räumlich, heißt es aus dem Auswärtige­n Amt. „Dadurch konnten wir die Wartezeite­n für qualifizie­rte Fachkräfte an vielen Vertretung­en drastisch reduzieren.“

Gibt es Pläne zur Integratio­n?

Ausländisc­he Fachkräfte sollen betrieblic­h und gesellscha­ftlich integriert werden. So sollen die Firmen bei der Wohnungssu­che oder Behördengä­ngen unterstütz­en. Die Gewerkscha­ften treten für ein „offenes, diskrimini­erungsfrei­es Miteinande­r“ein. Fehler der Vergangenh­eit sollen nicht wiederholt werden. „Es war falsch, die sogenannte­n Gastarbeit­er der 1950er und 1960er Jahre nicht systematis­ch zu integriere­n“, sagte die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Annette Widmann-Mauz.

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