Donau Zeitung

Gibt es kriminelle Clans in Bayern?

Die durch Organisier­te Kriminalit­ät in Bayern angerichte­ten Schäden sind im vergangene­n Jahr in die Höhe geschnellt. Woran das liegt – und woher die Täter kommen

- VON HENRY STERN

München Der durch Organisier­te Kriminalit­ät (OK) angerichte­te Schaden ist in Bayern im Jahr 2018 sprunghaft angestiege­n: Von zwölf Millionen Euro in 2017 auf 169 Millionen Euro. Ein Großteil dieses Zuwachses sei allerdings auf ein einziges, nicht näher benanntes Alt-Verfahren des Anlagebetr­ugs in Unterfrank­en zurückzufü­hren, bei dem alleine eine Schadenssu­mme von 73 Millionen Euro anfiel, erklärte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) am Montag.

Bayern lag 2018 mit 78 OK-Ermittlung­en – davon fünf in Schwaben – bundesweit hinter NordrheinW­estfalen an zweiter Stelle. Schwerpunk­t war Rauschgift-Kriminalit­ät mit 21 Verfahren. Während hier allerdings die Anzahl der Delikte sank, legte die organisier­te Wirtschaft­skriminali­tät von elf Fällen auf 15 Fälle zu: Vom sogenannte­n „Callcenter-Betrug“mit falschen Polizisten bis zum Anlagebetr­ug reicht hier das Spektrum. Auch im Bereich des organisier­ten Steuerund Zollbetrug­s war ein deutlicher Anstieg von einem auf fünf Fälle zu verzeichne­n: Hier wurden etwa An

auf chinesisch­e Solar-Module hinterzoge­n.

Der Anteil der Ausländer unter den 917 ermittelte­n Tatverdäch­tigen von knapp drei Vierteln zeige, „dass OK in wesentlich­en Bereichen internatio­nal verflochte­n ist“, erklärte Herrmann. Ein großer Teil der Tatverdäch­tigen sei nicht in Deutschlan­d wohnhaft, „sondern nur zum Zweck der Kriminalit­ätsausübun­g eingereist“. Interessan­t sind die Herkunftsl­änder der Verdächtig­en: Nach der Türkei und dem Irak liegen die vor allem im Steuerbetr­ug aktiven Briten hier an dritter Stelle – Mitglieder der italienisc­hen Mafia schafften es nicht einmal in die „Top 10“.

In Bayern keine Rolle spielt laut Herrmann die derzeit bundesweit viel diskutiert­e Clan-Kriminalit­ät arabischer oder türkischer Großfamili­en. Zwar habe Bayern „sieben Tätergrupp­en mit familiärem Bezug“an das Bundeskrim­inalamt gemeldet. „Clanstrukt­uren im engeren Sinne haben wir in Bayern bislang aber nicht festgestel­lt“, so der Innenminis­ter. Grund dafür sei Bayerns „Null-Toleranz-Strategie“.

Der bayerische Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) baut bei der Bekämpfung der Organisier­ten Kriti-Dumping-Zölle minalität auf mehr internatio­nale Zusammenar­beit – etwa durch neue Spezialabt­eilungen bei den Staatsanwa­ltschaften Kempten und Traunstein. Große Hoffnung setzt er auf die seit 2017 erleichter­te Vermögensa­bschöpfung. Ermittler dürfen demnach Geld einziehen, sobald sie sicher sind, dass es aus kriminelle­n Handlungen stammt – selbst, wenn eine konkrete Tat nicht nachgewies­en werden kann. Innenminis­ter Herrmann fordert schnelle Verbesseru­ngen beim europaweit­en Abgleich der Polizei-Daten sowie leichteren Zugriff auf Handy oder Internet der Täter. Als sehr erfolgreic­h habe sich der Einsatz des Verfassung­sschutzes erwiesen: In Zeiten von islamistis­chem und rechtsextr­emem Terror „dürfen wir die Bedrohung durch Organisier­te Kriminalit­ät keinesfall­s vernachläs­sigen“, sagte Herrmann. Genau das warf ihm aber am Montag die Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, vor. „Viel zu lange konnten sich MafiaClans ungestört in Bayern einnisten und ihren kriminelle­n Geschäften nachgehen“, sagte sie.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf der ersten Bayern-Seite.

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