Zerbrechliche Kunst
Besuch beim Glasbläser
Durchs Schaufenster kann man ihn sitzen sehen, hinter einer kleinen Flamme und inmitten von Glasröhren. Der Glasbläser Alexander Endres scheint ganz eins zu sein mit seiner Arbeit. Kugeln bläst er gerade, noch für Weihnachten. Die meisten hat er schon verkauft, genauso wie die Glasengel oder den aufwendigen Stern, seine Spezialität. „Gott sei Dank“, sagt der 56-Jährige mit dem dichten Bart im Gesicht und dem Schelm im Blick. Schließlich ist das Weihnachtsgeschäft für den Glasbläser eines der wichtigsten.
Die Kunden kommen aus der Nähe und von weit her. Denn die Glasbläserei Endres hat einen guten Ruf. Zu festen Zeiten können Besucher dem 56-jährigen Glaskünstler bei der Arbeit zuschauen oder – nach Terminvereinbarung – auch einen Perlenwickelkurs machen, „Erfolg garantiert“. Angefangen hat Alexander Endres in der Waschküche des Elternhauses unter einer 60-Watt-Birne. „Des isch halt so“, sagt er, „wenn ma anfangt, fangt ma kloin a.“Heute freut er sich besonders, wenn Schulklassen zu ihm kommen. Wie „Öl für die Seele“sei es, wenn die Kinder vor ihm stünden „und große Augen machen“. Dann bläst er gerne Tiere, eine Allgäuer Kuh etwa, aber auch Exotisches wie ein Kamel. Zerbrechliche Kunststücke. Für Endres gibt es nichts, was er nicht aus Glas machen könnte. Und wie er so da sitzt mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht, wirkt er ganz zufrieden.
Dabei ist sein Geschäft harte Arbeit. Zwölf-Stunden-Tage sind vor Weihnachten keine Seltenheit. Die Kunden sind anspruchsvoll. Der neueste Trend sind personalisierte Weihnachtskugeln mit dem Namen drauf. Eine aufwendige Arbeit, schließlich muss jeder einzelne Buchstabe auf die zerbrechliche Kugel aufgetragen werden, präzise wie mit dem Skalpell. Reichtümer verdient der Glasbläser nicht, das weiß auch seine Familie. Aber wenn er wieder ein Kunstwerk aus Glas in der Hand hält, macht ihn das einfach glücklich. Lilo Solcher