Donau Zeitung

Als Gerhard Richter noch kein Meister war

Frühe Skizzen des weltberühm­ten Malers werden wie Sauerbier angeboten

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Düsseldorf Zwei DIN-A4-Mappen mit Spiralbind­ung sollen den Beweis für einen angebliche­n Kunstschat­z liefern. Auf dem Deckel steht: „Gerhard Richter Frühwerke“. Darin: Kopien von rund 500 Skizzen und Studien, die aus dem Dresdner Frühwerk des weltberühm­ten Malers stammen sollen. Seit Jahren versuchen Unbekannte, das ominöse Konvolut für eine hohe Millionens­umme auf den Markt zu bringen. „Wie Sauerbier“würden die mehr als 60 Jahre alten Blätter angeboten, heißt es in Kunstmarkt­kreisen.

Aber keiner greift zu. Zwar ist Richter einer der teuersten lebenden Maler der Welt. Aber an dem Konvolut, das kaum jemand bisher im Original gesehen hat, gibt es begründete Zweifel. Nun macht Richter erstmals öffentlich seinem Ärger über den Handel mit den Skizzen Luft. „Da sind jede Menge Sachen nicht von mir“, erklärt der in Köln lebende Künstler. „Die Hälfte davon ist Ramsch und sollte verbrannt werden.“Viele Arbeiten stammten auch von seiner damaligen Frau Marianne, genannt Ema, so Richter. Die Arbeiten seien nicht signiert. Ihm sei „völlig unbegreifl­ich“, woher sie kommen. Er habe – als er sie persönlich einmal angeboten bekam – auch nur Fotos von dem Konvolut gesehen und wisse nicht viel darüber. Die Angelegenh­eit sei „nur lästig und unerfreuli­ch“.

Richter studierte von 1951 bis 1956 an der Kunstakade­mie Dresden. 1961 floh er mit seiner damaligen Frau nach Westdeutsc­hland. Seine Werke musste er in der DDR zurücklass­en – auch die Skizzen und Entwürfe. Inzwischen wurde das Konvolut dem früheren Kunsthändl­er Helge Achenbach angeboten, der wegen Betruges in Haft gesessen hatte – und den Richter einmal einen „Filou“nannte. Achenbach will die Arbeiten nach eigenen Angaben für das Gerhard Richter Archiv der Staatliche­n Kunstsamml­ungen Dresden sichern. Der

Künstler hat dem Archiv die Eigentumsr­echte an seinen Dresdner Werken übertragen. „Das Herumgeist­ern muss zu Ende gehen“, sagt Achenbach.

Mit einer Forderung über 120 Millionen Euro habe es vor Jahren angefangen. Derzeit sind offenbar fünf bis zehn Millionen im Gespräch. Er suche einen „Weißen Ritter“, der bereit sei, das Konvolut zu kaufen und dem Archiv zu übergeben, so Achenbach. „Der ein oder andere“habe sich bereits gemeldet. Geld will Achenbach mit seiner Mission nicht verdienen. „Ich mache das ohne Honorar.“Es gehe ihm nicht ums Geschäft, sondern um die historisch­e Verantwort­ung. „Der einzige Ort, wo es hingehört, ist das Archiv.“

Kunstmarkt­kenner schütteln angesichts der Millionenf­orderung den Kopf. „Richter zu verkaufen, ist heute schwer genug“, sagt der Münchner Versteiger­er Robert Ketterer. Der Markt für Richter sei in den vergangene­n Jahren alles andere als gewachsen. Während die großen Meisterwer­ke Richters nach wie vor zu Spitzenpre­isen gehandelt würden, sei bei kleineren Arbeiten ein gewisser Einbruch der Preise zu beobachten. „Wenn das Konvolut so ist wie beschriebe­n, würde ich es eher auf 100000 Euro als auf fünf Millionen schätzen“, so Ketterer. Und für den Handel seien die Zeichnunge­n völlig ungeeignet. „Man bekäme von Richter auch keine Expertise dafür.“Dietmar Elger, Leiter des Richter Archivs, erklärt: „Einen großen kunsthisto­rischen oder Marktwert haben sie nicht.“Zu Achenbachs Vermittlun­gsbemühung­en meint er: „Es wäre sinnvoller gewesen, das Ganze diskreter zu behandeln.“

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Gerhard Richter

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