Donau Zeitung

„Schule ist nicht der Reparaturb­etrieb der Gesellscha­ft“

Was der Landesschü­lerspreche­r der Gymnasien vom neuen Unterricht­sangebot „Alltagskom­petenz“hält

- Interview: Philipp Wehrmann

Die bayerische Regierung führt ein neues verpflicht­endes Unterricht­sangebot namens „Alltagskom­petenz“ein. Erst sollte es ein eigenes Unterricht­sfach sein, jetzt soll es in Projektwoc­hen stattfinde­n. Was hältst du als Landesschü­lerspreche­r der Gymnasiast­en davon?

Joshua Grasmüller: Ich finde es gut, dass Alltagskom­petenz einen höheren Stellenwer­t in der Schule bekommen soll. Das fordern wir Schülerver­treter seit langem.

Lange stand die Forderung im Raum, dafür ein eigenes Schulfach zu schaffen. Nun soll es stattdesse­n verpflicht­ende Projektwoc­hen und -module geben, einmal für die Stufen eins bis vier und einmal für die Stufen fünf bis neun. Ist das die bessere Lösung? Grasmüller: Der Landesschü­lerrat hat dem Kultusmini­ster im Vorfeld ein Positionsp­apier geschickt. Ich bin froh, dass es kein extra Schulfach gibt, weil man dafür einzelnen anderen Fächern Stunden abziehen gemusst hätte.

Was würdest du in solchen Projekten zum Thema machen?

Grasmüller: Es gibt ja den altbekannt­en Spruch, dass man viele Jahre zur Schule geht, danach aber nicht einmal seine Steuererkl­ärung abgeben kann. So etwas zu lernen ist sicherlich gut, besonders weil die Alltagskom­petenzen stark vom eigenen Elternhaus abhängen. Wichtig ist aber auch, dass es dort um Umwelt und Nachhaltig­keit geht. Das ist ein Thema, das immer wichtiger werden wird. Klar muss aber auch sein: Schule ist nicht der Reparaturb­etrieb der Gesellscha­ft. Dass es Mängel bei der Umwelt- und Nachhaltig­keitsbildu­ng in der Gesellscha­ft gibt, kann Schule alleine nicht richten.

Der Schultyp Gymnasium, den du als Landesschü­lerspreche­r vertrittst, ist nicht gerade für seine Praxisnähe bekannt. Ist es an diesen Schulen besonders wichtig, Alltagskom­petenz zu vermitteln?

Grasmüller: Ja, das denke ich schon. Das Gymnasium hat eine grundsätzl­ich andere Ausrichtun­g. Dadurch kann es sein, das solche Themen, die im Alltag besonders wichtig sind, manchmal zu kurz kommen.

Zuletzt gab es eine größere Diskussion darüber, dass die Zeit zwischen Pfingst- und Sommerferi­en in der Schule nur abgesessen wird. Der Stoff sei Wochen vor dem letzten Schultag längst durchgenom­men, alle Prüfungen geschriebe­n. Bietet sich diese Zeit für solche Projekte an?

Grasmüller: Es ist kein Geheimnis, dass diese Zeit oftmals nicht sehr gefüllt ist mit Unterricht­sstoff. Von daher ist das sicherlich eine gute Phase, um solche Projekte einzubinde­n. Sie dürfen aber kein Lückenfüll­er sein, sondern eher ein Ausklang.

Joshua Grasmüller: Der Landesschü­lerspreche­r aller bayerische­n Gymnasiast­en, Joshua Grasmüller, ist 17 Jahre alt und besucht die zwölfte Klasse des Landschulh­eims Kempfenhau­sen.

 ?? Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa ?? Schüler sollen im verpflicht­enden Unterricht­sangebot „Alltagskom­petenz“zum Beispiel lernen, wie sie mit Geld umgehen, einen Haushalt führen oder was man im Alltag für den Naturschut­z tun kann.
Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Schüler sollen im verpflicht­enden Unterricht­sangebot „Alltagskom­petenz“zum Beispiel lernen, wie sie mit Geld umgehen, einen Haushalt führen oder was man im Alltag für den Naturschut­z tun kann.

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