„Schule ist nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft“
Was der Landesschülersprecher der Gymnasien vom neuen Unterrichtsangebot „Alltagskompetenz“hält
Die bayerische Regierung führt ein neues verpflichtendes Unterrichtsangebot namens „Alltagskompetenz“ein. Erst sollte es ein eigenes Unterrichtsfach sein, jetzt soll es in Projektwochen stattfinden. Was hältst du als Landesschülersprecher der Gymnasiasten davon?
Joshua Grasmüller: Ich finde es gut, dass Alltagskompetenz einen höheren Stellenwert in der Schule bekommen soll. Das fordern wir Schülervertreter seit langem.
Lange stand die Forderung im Raum, dafür ein eigenes Schulfach zu schaffen. Nun soll es stattdessen verpflichtende Projektwochen und -module geben, einmal für die Stufen eins bis vier und einmal für die Stufen fünf bis neun. Ist das die bessere Lösung? Grasmüller: Der Landesschülerrat hat dem Kultusminister im Vorfeld ein Positionspapier geschickt. Ich bin froh, dass es kein extra Schulfach gibt, weil man dafür einzelnen anderen Fächern Stunden abziehen gemusst hätte.
Was würdest du in solchen Projekten zum Thema machen?
Grasmüller: Es gibt ja den altbekannten Spruch, dass man viele Jahre zur Schule geht, danach aber nicht einmal seine Steuererklärung abgeben kann. So etwas zu lernen ist sicherlich gut, besonders weil die Alltagskompetenzen stark vom eigenen Elternhaus abhängen. Wichtig ist aber auch, dass es dort um Umwelt und Nachhaltigkeit geht. Das ist ein Thema, das immer wichtiger werden wird. Klar muss aber auch sein: Schule ist nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft. Dass es Mängel bei der Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in der Gesellschaft gibt, kann Schule alleine nicht richten.
Der Schultyp Gymnasium, den du als Landesschülersprecher vertrittst, ist nicht gerade für seine Praxisnähe bekannt. Ist es an diesen Schulen besonders wichtig, Alltagskompetenz zu vermitteln?
Grasmüller: Ja, das denke ich schon. Das Gymnasium hat eine grundsätzlich andere Ausrichtung. Dadurch kann es sein, das solche Themen, die im Alltag besonders wichtig sind, manchmal zu kurz kommen.
Zuletzt gab es eine größere Diskussion darüber, dass die Zeit zwischen Pfingst- und Sommerferien in der Schule nur abgesessen wird. Der Stoff sei Wochen vor dem letzten Schultag längst durchgenommen, alle Prüfungen geschrieben. Bietet sich diese Zeit für solche Projekte an?
Grasmüller: Es ist kein Geheimnis, dass diese Zeit oftmals nicht sehr gefüllt ist mit Unterrichtsstoff. Von daher ist das sicherlich eine gute Phase, um solche Projekte einzubinden. Sie dürfen aber kein Lückenfüller sein, sondern eher ein Ausklang.
Joshua Grasmüller: Der Landesschülersprecher aller bayerischen Gymnasiasten, Joshua Grasmüller, ist 17 Jahre alt und besucht die zwölfte Klasse des Landschulheims Kempfenhausen.