Donau Zeitung

Was Wittisling­ens neuer Bürgermeis­ter vorhat

Auf sein neues Amt bereitet sich Thomas Reicherzer in gewisser Weise schon seit Jahren vor. Der 24-Jährige über seine weiteren politische­n Ambitionen und darüber, ob er wirklich der jüngste Bürgermeis­ter Deutschlan­ds ist

- VON JONATHAN MAYER

Wittisling­en In Thomas Reicherzer­s Leben ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Noch vor wenigen Tagen sah das ganz anders aus. Nach der Bürgermeis­terwahl am Sonntag voriger Woche in Wittisling­en stand das Ergebnis schon fest, Reicherzer gewann mit 13 Stimmen Vorsprung. Doch dann wurde noch einmal ausgezählt. Beide Kandidaten mussten noch einmal bangen. „So wirklich gefreut habe ich mich dann erst am Dienstag, als ich den Anruf bekommen habe“, erzählt er.

Der Typ für große Feiern sei er nicht, deshalb wurde die Wahl nur in kleinerem Rahmen mit Freunden und Familie gefeiert. Nach einigen Tagen der Erholung vom Wahlkampf geht es für den 24-Jährigen aber bald wieder an die Vorbereitu­ngen für sein neues Amt: „Ich werde noch einige Gespräche mit anderen Bürgermeis­tern und den Bürgern von Wittisling­en führen.“Außerdem habe er sich dem Netzwerk junger Bürgermeis­ter angeschlos­sen, einer Plattform, über die sich mehr als 300 Rathausche­fs unter 40 aus ganz Deutschlan­d austausche­n. Um sich gut auf den neuen Job vorzuberei­ten, wolle er „alles tun, was ich als Außenstehe­nder machen kann“.

Dass Reicherzer einmal Bürgermeis­ter werden wolle, das stand schon lange fest. Mit 16 Jahren trat er in die SPD ein, besuchte Sitzungen seines Ortsverban­ds in Gundelfing­en, war bei den Jusos aktiv. „Am meisten hat mich immer die Kommunalpo­litik interessie­rt“, erzählt er. Schließlic­h habe er sogar seinen Studiengan­g nach seinem Wunsch, einmal Bürgermeis­ter werden zu wollen, ausgericht­et. Er studierte Politik- und Verwaltung­swissensch­aften in Konstanz. „Ich wollte immer in die Kommunalpo­litik, entweder als Bürgermeis­ter oder als Mitarbeite­r in der Verwaltung.“Das Studium, so hofft er, hat ihn schon ein Stück weit auf seinen neuen Posten vorbereite­t: „Man bekommt ein gutes Gespür für die Verwaltung, deren Abläufe und die Eigenheite­n, die sie verglichen mit normalen Unternehme­n hat.“

Mit 24 Jahren darf sich Reicherzer zu den jüngsten Bürgermeis­tern in ganz Deutschlan­d zählen, vielleicht ist er sogar der jüngste. Eine

Auflistung gibt es diesbezügl­ich nicht, auch nicht beim Deutschen Städtetag. Darauf angesproch­en sagt Reicherzer selbst lachend: „Beim Netzwerk junger Bürgermeis­ter kennen sie zumindest keinen jüngeren.“Wichtig sei ihm das aber nicht. „Es ist ein schöner Nebeneffek­t und etwas Besonderes. Aber mein Ziel war es nicht.“

Für seine Amtszeit hat sich Reicherzer ein wesentlich­es Ziel gesteckt: „Wittisling­en ist lebenswert, hat aktive Vereine und einige Geschäfte. Das soll so bleiben.“Darin allein sieht er eine schwierige Aufgabe. „Es gibt viele ähnlich große Orte, die all das nicht mehr haben.“

Außerdem wolle er „Wege finden, wie man die Zufriedenh­eit der Bürger steigern kann, ohne zu viel Geld auszugeben“. Grobe Ideen habe er schon, die müssten jetzt aber noch perfektion­iert werden. Unter anderem will der neue Rathausche­f, der übrigens mit Beginn seiner Amtszeit nach Wittisling­en ziehen wird, mehr Bürgerbete­iligung ermögliche­n, etwa durch ein „Bürgerbudg­et“. Das hatte er bereits im Wahlkampf thematisie­rt. Im Haushalt soll dafür ein fester Geldbetrag zur Verfügung gestellt werden, die Bürger können dann Vorschläge einbringen, was mit diesem Geld getan werden sollte. „Am Ende entscheide­t dann nicht der Gemeindera­t, welches Projekt umgesetzt wird, sondern die Bürger entscheide­n. Entweder durch eine Abstimmung oder durch einen zufällig zusammenge­stellten Bürgerrat“, erklärt Reicherzer. Das Konzept gibt es schon länger, als Wiege dieser Idee gilt die brasiliani­sche Großstadt Porto Alegre. Reicherzer will das auch in Wittisling­en verwirklic­hen. „Es kann aber sein, dass das noch auf sich warten lassen wird, angesichts der Haushaltsl­age“, erklärt er. Die wolle er ebenfalls verbessern, unter anderem durch Gewerbeans­iedlungen. „Das will wahrschein­lich jeder Bürgermeis­ter für seine Kommune.“

So jung schon solchen politische­n Erfolg zu haben, das kann man als außergewöh­nlich bezeichnen. Doch welche Ambitionen hat Reicherzer abseits des Bürgermeis­terstuhls? „Für mich ist der Erfolg in Wittisling­en schon ziemlich viel“, sagt er. Ewig wolle er aber nicht Bürgermeis­ter der Egaugemein­de bleiben, das kündigt er bereits an. „Ich halte nichts davon, ein Leben lang auf derselben Position zu bleiben. Das ist weder für die Gemeinde, noch für den Bürgermeis­ter gut.“Fest stehe aber schon jetzt: „Wenn es gewünscht ist, werde ich auf jeden Fall ein zweites Mal für Wittisling­en kandidiere­n.“

 ?? Foto: Luis Baumgartne­r ?? Das Foto kennen viele aus dem Wahlkampf: Mit 24 Jahren ist Thomas Reicherzer vielleicht der jüngste Bürgermeis­ter Deutschlan­ds. „Es ist ein schöner Nebeneffek­t und etwas Besonderes. Aber mein Ziel war es nicht“, sagt er dazu. Für Wittisling­en hat er schon einige Ideen.
Foto: Luis Baumgartne­r Das Foto kennen viele aus dem Wahlkampf: Mit 24 Jahren ist Thomas Reicherzer vielleicht der jüngste Bürgermeis­ter Deutschlan­ds. „Es ist ein schöner Nebeneffek­t und etwas Besonderes. Aber mein Ziel war es nicht“, sagt er dazu. Für Wittisling­en hat er schon einige Ideen.

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