Schule in Zeiten von Corona
Manche Schüler gehen wieder in den Unterricht, andere dürfen noch nicht. Dies und die CoronaMaßnahmen betreffen viele. Aber wie?
sie ihre Aufgaben digital von den Lehrern, ihre Mutter unterstützte sie bei deren Erfüllung. Eine Aufgabe, die durchaus zeitintensiv werden kann. „Großartig was nebenbei zu machen klappt da jedenfalls nicht“, erzählt Köhler. Gerade als alle drei Kinder daheim waren, sei das recht anstrengend gewesen. Nach der Ankündigung, dass einzelne Schulklassen nach und nach wieder zurückkehren sollen, war die Freude entsprechend groß. Die Mutter selbst weiß aber nicht so recht, was auf sie zukommt: Denn die neuen Stundenpläne, in denen festgeschrieben wird, wann welches Kind Unterricht hat, kommen recht kurzfristig. Denn auch wenn die Kinder wieder in der Schule sind, findet der Unterricht dort reduziert und in getrennten Gruppen statt. Normaler Alltag also, aber eben nur ein Stück weit. Doch da sind auch die schönen Seiten der Krise: „Das alles verschafft uns viel Zeit als Familie. Wir spielen viel und sind unterwegs.“Eltern wie Kindern tue das sehr gut.
Ganz ähnlich ist die Lage bei Familie Finger aus Höchstädt: Sechs Kinder und die Eltern leben dort unter einem Dach – wobei die beiden Ältesten schon studieren. Die Schüler besuchen bereits weiterführende Schulen: Die Montessori-Schule in Wertingen und das Lauinger Albertus-Gymnasium. Stück für Stück, erzählt Mama Katja Finger, wird es im Haus wieder leerer. Denn langsam geht wieder der Unterricht los. Die neuen Regeln, wonach die Kinder und Jugendlichen in ganz Bayern gestaffelt an ihre Schulen zurückkehren sollen, finde sie „ein Stück weit unfair“. Denn während an den meisten Schulen Abschluss- und Vorabschlussklassen schon wieder Unterricht haben und ab Montag auch erste, fünfte und sechste Klassen zurückkehren, müssen alle dazwischen noch bis nach den Pfingstferien warten – zumindest wenn sich die Corona-Lage nicht wieder verschlimmert. Einfach sei das alles nicht. „Den beiden Mittleren fehlt da die Perspektive“, sagt Finger mit Blick auf ihre Kinder. Bei manchem lasse da auch die Motivation langsam nach. Wie das Homeschooling so funktioniert? „Ich hab das Glück, sagen zu können: Ich bin nur Mama, kein Ersatzlehrer.“Diese Rolle übernehmen für die berufstätige Mutter die älteren Kinder.
In den Schulen hat sich derweil alles geändert: Sicherheitsabstand, Hygieneregeln und Mundschutzgebot hinterlassen ihre Spuren. „Es herrscht eine gespenstische Atmosphäre im Schulhaus. Alle sind ruhig, alle tragen Masken im Gesicht“, erzählt Markus Stuhler, Konrektor an der Lauinger Hyazinth-Wäckerle-Mittelschule. Die in den Unterricht kommen und ihre Freunde sehen zu können. Und auch wenn die Lehrkräfte für solche Situationen nicht ausgebildet worden seien, klappe die neue Art des Unterrichts zwischen Tafel und Homeschooling gut. Im Gespräch zeichnen sich aber auch Probleme ab, die es beim Thema Digitalisierung gibt: Strehle gibt etwa zu bedenken: „Es gibt auch Schüler, die zuhause kein Internet haben.“So mancher Arbeitsauftrag sei deshalb bereits per Post verschickt worden. Und Konrektor Stuhler sagt: „Viele Lehrer machen Homeschooling mit ihren persönlichen Computern und Handys. Das ist nicht optimal.“Nicht zuletzt hat diese ungewöhnliche Situation aber auch einen Vorteil: Laut Stuhler gab es an der Lauinger Mittelschule vor der CoronaKrise kein digitales Eltern-Informationsportal. Mittlerweile wurde eines eingerichtet.
Der Unterricht selbst läuft ebenfalls nicht mehr so wie früher. „Von der Normalität sind wir weit entfernt“, sagt Stuhler, der selbst eine Vorbereitungsklasse unterrichtet. Diese wurde in zwei Gruppen aufgeteilt, den Unterricht gestalten zwei Lehrer in unterschiedlichen Räumen und Fächern parallel. Statt Gruppenarbeit steht wieder Frontalunterricht an. Und es wird nur das Nötigste – sprich die Hauptfächer – unterrichtet. „Das drückt schon auf die Stimmung.“Laut Stuhler erreicht die Schule wegen der getrennten Klassen auch bald ihre räumlichen Kapazitäten. Immerhin: Der Heimunterricht habe bei den meisten geklappt, gerade schüchterne Schüler hätten sogar größere Fortschritte gemacht als beim Unterricht in der Schule.
Am Gymnasium in Wertingen hat man sich zum Schutz der SchüJahrgangsstufen, ler ebenfalls ein Hygienekonzept überlegt. Neben den üblichen Vorkehrungsmaßnahmen wie dem Maskengebot und rollierenden Pausen wurde das Schulgebäude etwa in zwei Hygienebereiche unterteilt, erklärt Konrektor Sebastian Bürle. Nur die Lehrer dürften in beide Bereiche. Außerdem gibt es in Wertingen jetzt ein Einbahnstraßensystem, es führt also nur ein Weg durch das ganze Gebäude. „So vermeiden wir, dass sich die Wege der Schüler kreuzen“, erklärt Bürle. Für die Sicherheitsmaßnahmen habe das Hausmeisterteam fast die komplette Schule umstuhlen müssen. Und auch die Putzkräfte sind wegen der Corona-Krise an den Schulen im Dauereinsatz. Die Situation ist für alle neu: „Aber man stellt fest, dass man sich daran gewöhnt. Obwohl alles irgendwie befremdlich ist.“
Das Homeschooling habe auch Vorteile: „Die Schüler gewinnen da ganz neue Kompetenzen, werden selbstständiger und machen Fortschritte bei digitalen Medien.“Allerdings gebe es wie im normalen Schulalltag darunter Jugendliche, die man „etwas mehr anstupsen muss“.
Was soll daran bloß gut sein? Dank Corona kann man nicht ins Training gehen, keine Turniere bestreiten, die Auftritte mit Chor und Band fallen aus und überhaupt – die Freunde fehlen.
Auch Familien leiden, sei es unter Kurzarbeit oder im schlimmsten Fall Arbeitslosigkeit. Auch, wer zuhause arbeitet, die Kinder beschulen muss und dann noch ein warmes Mittagessen hinstellen soll, ist extrem gefordert. Wie soll man auch eine Videokonferenz leiten, wenn sich die Dreijährige auf Papas Schoß drängt. Jetzt dürfen zwar manche Kinder und Jugendliche wieder in die Schule – aber nicht alle. Wieder eine neue Herausforderung, wieder eine Umstellung. Nicht nur für die Eltern; sondern auch für die Kinder, die ihre Freunde schmerzlich vermissen und nicht mal schnell eine Whatsapp-Nachricht verschicken können. Ganz zu schweigen von jungen Menschen mit Behinderung, die noch mal ganz anders unter Veränderungen leiden.
Aber es gibt Familien, die diese Zeit der Einschränkungen extrem genießen. Die sich freuen, dass alle auf einmal zum Mittagessen kommen. Man kann sich zusammen an einen Tisch setzen. Keiner fehlt wegen Arbeit oder Nachmittagsunterricht. Gemeinsame Ausflüge, Spieleabende, ausgedehnte Diskussionen – dafür ist plötzlich Zeit. Es hat ja auch Vorteile, dass so vieles ausfällt: Der Schüler vermisst Mathe nicht so sehr, sondern entdeckt gerade neue Hobbys. Die Mutter muss nicht das Taxi zwischen Trompetenunterricht, Fußballtraining und Kindergeburtstag fahren. Der ein oder andere Vater lernt seine Sprösslinge jetzt vielleicht ganz neu kennen.
Es werden wieder andere Zeiten kommen. Wenn die einen wieder ins Büro und die anderen wieder in die Schule gehen. Dann dauert es nur noch ein bisschen, bis einer sagt: „Früher, wisst ihr noch, da mit dem Corona, da hatten wir viel mehr Zeit füreinander.“