Mit Wolfgang Lex fing alles an
Mittelfeldspieler war der erste Bundesliga-Spieler aus dem Landkreis Dillingen. Fernsehen erinnert an Roland Stegmayers Sternstunde. Zwei Kicker aus der Region sind beim Zweitliga-Start wieder am Ball
Während die Amateurfußballer noch bis Ende August wegen der Corona-Krise ihren Spielbetrieb eingestellt haben, rollt im Profilager ab diesem Wochenende wieder der Ball. Zwei Kicker mit Wurzeln im Landkreis Dillingen dürfen ab sofort wieder gegen den Ball treten und um Zweitliga-Punkte kämpfen. Stefan Schimmer beendet die unfreiwillige Pause mit seinem 1. FC Heidenheim im Auswärtsspiel beim VfL Bochum, Marco Thiede erwartet mit dem abstiegsgefährdeten Karlsruher SC den SV Darmstadt 98.
Thiede und Schimmer sind zurzeit die einzigen Profis aus dem Landkreis, aber längst nicht die ersten. Den Anfang machte zu Beginn der Bundesliga-Geschichte Wolfgang Lex, der bei der Gründung der Eliteklasse 1963 noch beim FC Gundelfingen dem Ball hinterherjagte. Dabei gelang es dem heute 73-Jährigen, in der Saison 1966/67 in der Bezirksliga auf sich aufmerksam zu machen. Sogar den damals amtierenden deutschen Meister TSV 1860 München. Der gab Lex einen Profivertrag, insgesamt 30 Mal kam der Ex-Gundelfinger in der Eliteklasse zum Einsatz und erzielte dabei zwei Tore. Lex blieb nach dem Bundesliga-Abstieg 1970 weitere vier Jahre bei den Sechzigern, ehe es ihn nach der Gründung der Zweiten Bundesliga im Sommer 1974 zu Hannover 96 zog. Mit den Niedersachsen stieg er prompt auf, blieb in der Bundesliga ohne weiteren Einsatz und ging 1976 zum BSV Schwenningen. Doch weder Lex noch sein Mitspieler Helmut Haller konnten dort den Zweitliga-Abstieg verhindern.
Während Lex’ Profikarriere damit endete, war die eines anderen Landkreiskickers so richtig in Fahrt gekommen. Roland Stegmayer bekam im Sommer 1970 einen Vertrag beim 1. FC Nürnberg, damals immerhin deutscher Rekordmeister.
Doch die Mittelfranken waren gerade aus der Bundesliga abgestiegen und mühten sich in der Regionalliga vergeblich um die Rückkehr ins Oberhaus. Dem vom SV Altenberg stammenden Stegmayer gelang allerdings der Sprung, Arminia Bielefeld lockte den heute 69-Jährigen nach Ostwestfalen. Ein Wechsel, der unter keinem guten Stern stand, denn Stegmayer geriet so mittenrein in den Bundesliga-Skandal mit manipulierten Spielen. Bielefeld wurden am Saisonende alle Punkte aberkannt. Im Gegensatz zu anderen Kickern, die teils jahrelang gesperrt wurden, ging es für Roland Stegmayer nach wenigen Wochen bei Hannover 96 weiter. Seine spektakulärsten Auftritte hatte der Stürmer allerdings nach seinem Wechsel im Dezember 1976 im Trikot des 1. FC Saarbrücken. Seine vier Tore beim 6:1-Sieg gegen den FC Bayern München, der mit den Legenden Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Gerd Müller oder Karl-Heinz Rummenigge aufgelaufen war, sind im Saarland bis heute unvergessen. Als der zurzeit in der Regionalliga kickende 1. FC Saarbrücken Anfang März diesen Jahres Fortuna Düsseldorf aus dem DFB-Pokal warf und damit ins Halbfinale des Wettbewerbs einzog, erinnerte das Fernsehen noch einmal an die großen Saarbrücker Zeiten – und zeigten die 43 Jahre zurückliegenden StegmayerTore noch einmal der breiten Öffentlichkeit. Seine Profikarriere ließ Stegmayer von 1978 bis 1980 beim Zweitligisten Fortuna Köln ausklingen. Auch sein Sohn Oliver schnupperte an der Profikarriere, als Landesliga-Torschützenkönig war er 1993 vom FC Gundelfingen zum FC Bayern München gewechselt, wo er zwar einmal im DFB-Pokal, aber nie in der Bundesliga auflief. Ebenso wie der Diemantsteiner Wolfgang Gerstmeier, der ebenfalls beim FC Bayern unter Vertrag stand. Eine größere Karriere verhinderte sowohl bei Gerstmeier als auch bei Roland und Oliver Stegmayer das anhaltende Verletzungspech.
Michael Stegmayer, der ebenfalls aus Altenberg stammt, aber mit Roland und Oliver nicht näher verwandt ist, schaffte es beim VfL Wolfsburg bis in die Bundesliga. Der ehemalige Jugend-Nationalspieler lief in der Saison 2006/07 insgesamt elfmal für die Niedersachsen auf, später war er in der Zweiten Bundesliga für den FC Carl Zeiss Jena und den SV Darmstadt 98 am Ball. Beim Zweitligisten Darmstadt ist Stegmayer seit 2016 als Teammanager tätig.
Vom TSV Bissingen stammt Marco Konrad, der in der Saison 1996/97 beim damals vergeblich gegen den Bayernliga-Abstieg kämpfenden FC Gundelfingen mit zehn Toren auf sich aufmerksam machte. Der SSV Ulm verpflichtete Konrad – und gemeinsam ging es aus der Regionalliga hoch in die Bundesliga. Dort kam der Defensivallrounder viermal zum Einsatz, in der Zweiten Bundesliga durfte Konrad 34 Mal ran. Nach der Ulmer Insolvenz zog es ihn zum Regionalligisten SC Pfullendorf, wo er die höherklassige Karriere 2010 ausklingen ließ. Seine Erfahrung gibt der 45-Jährige mittlerweile als Trainer weiter, seit März ist er Coach beim bayerischen Regionalligisten FV Illertissen. Allerdings stoppt ihn bislang die Corona-Krise, das Punktspieldebüt mit seinem neuen Klub steht noch aus. Zusammen mit Konrad schaffte es auch Oliver Unsöld beim SSV Ulm bis in die Bundesliga, der zwar nicht aus dem Landkreis Dillingen stammt, allerdings vor seiner Profikarriere zwei Jahre lang (1993 bis 1995) beim FC Gundelfingen Bayernliga-Luft schnupperte, ehe es nach oben ging. Heute ist der 46-Jährige Trainer beim Landesligisten SC Ichenhausen.
Auf eine große Profikarriere durfte Leo Bunk hoffen, der schon als 19-Jähriger Stammspieler beim damaligen Zweitligisten 1860 München war. Mit Blau-Weiß 90 Berlin durfte der Stürmer 1986 den Bundesliga-Aufstieg bejubeln, Bunk steuerte 26 Treffer bei und war damit Zweitliga-Torschützenkönig. Weshalb ihn der VfB Stuttgart unter Vertrag nahm, an der Seite von Weltmeister Jürgen Klinsmann konnte sich Bunk aber nicht entscheidend in Szene setzen und kam in 23 Bundesliga-Spielen nur auf einen Treffer. Über die Zweitligisten Alemannia Aachen und Stuttgarter Kickers kam der aus Zusamaltheim stammende Torjäger wieder zurück in die Region, wo der 57-Jährige noch kurz die Trainerlaufbahn einschlug (SC Altenmünster, VSC Donauwörth, FC Gundelfingen II).
Auf zehn Zweitliga-Spiele kommt Gerhard Reitenauer, der 1982/83 beim FC Augsburg unter Vertrag stand und später noch bei seinem Heimatverein TSV Wertingen und der SSV Dillingen als Spielertrainer tätig war. 23 Mal lief Jozsef Nagy junior in der alten 2. Bundesliga Süd auf. Der heute 62-Jährige war 1978 mit seinem gleichnamigen Vater nach Gundelfingen gekommen. Während der Papa die Grün-Weißen coachte, kam der Junior dort auf 16 Landesliga-Spiele. Nach einer Saison ging Nagy zum Bayernligisten FC Memmingen und zwölf Monate später zum ESV Ingolstadt, wo sein Vater mittlerweile als Co-Trainer tätig war. Den Abstieg konnten die Nagys nicht verhindern, unter der Schuldenlast des damaligen Zweitliga-Abenteuers litt ihr ExKlub noch lange. Was letztlich dazu führte, dass beim ESV heute gar kein Fußball mehr gespielt wird. Die Fußballabteilung der Eisenbahner fusionierte 2004 mit dem Lokalrivalen MTV zum FC Ingolstadt 04.
Gleich bei vier verschiedenen Zweitligisten stand Albert Leder unter Vertrag, wobei der Profiruhm seiner ehemaligen Klubs ebenfalls längst verblasst ist. Der Defensivspieler hatte zwischen 1971 und 1974 beim damaligen Landesligisten FC Lauingen auf sich aufmerksam gemacht, dann verpflichtete ihn der FC Homburg. 21 Mal lief Leder für die Saarländer im Unterhaus auf und erzielte einen Treffer. 1977 kickte er ein halbes Jahr beim SC Westfalia Herne in der zweiten Bundesliga Nord, dann zog es ihn zum FC Bayern Hof in die Süd-Gruppe. Stammspieler wurde der heute 68-Jährige Leder dort nicht, das änderte sich erst in der Saison 1978/79. Da hatte Leder den nächsten Vereinswechsel vollzogen und bei Wacker 04 Berlin unterschrieben. 25 Mal lief er dort in der 2. Bundesliga Nord auf, stieg mit Wacker 04 allerdings am Saisonende in die Berlin-Liga ab. Nach dem Konkurs und der Vereinsauflösung zog es Leder 1981 dann wieder in heimatliche Gefilde, bei Schwaben Augsburg kickte er zum Abschluss noch in der Bayernliga.
Mit dem Karriereende beschäftigen sich die beiden aktuellen Landkreis-Profis noch nicht. Marco Thiede ist mit 27 Jahren im besten Fußballalter. Darauf hatte der Mittelfeldspieler lange hingearbeitet, seit er nach seinen ersten Gehversuchen bei der SSV Dillingen und dem FC Gundelfingen als D-Junior zum FC Augsburg gewechselt war. Dort bekam Thiede zwar einen Profivertrag, ein Bundesliga-Einsatz blieb ihm versagt. Über den SV Sandhausen, bei dem Thiede 81 Mal in der Zweiten Bundesliga auflief, kam er 2017 zum KSC. Der beim FC Gundelfingen ausgebildete Stefan Schimmer ist erst vergangenen August durch seinen Wechsel von der SpVgg Unterhaching nach Heidenheim im Profifußball angekommen, dort hat der 26-Jährige mit bislang drei Toren in 14 Einsätzen bereits erste Duftmarken gesetzt.