Am Wertinger Krankenhaus soll Großes geschehen
Der Laugnaer Bauunternehmer Ulrich Reitenberger stellt seine Turmbaupläne der Öffentlichkeit vor – und auch eine Pflegeschule sowie ein neues Pflegeheim sollen am Ebersberg entstehen. Die CSU ist nicht begeistert
Nicht nur will Ulrich Reitenberger einen „Tower“errichten, auch ein Pflegeheim und eine neue Pflegeschule sollen entstehen.
Wertingen Zum Bersten voll gefüllt mit Inhalt war die zweistündige Präsentation, die am Mittwoch in der Wertinger Stadthalle zu einer möglichen Zukunft des Krankenhauses stattfand. Wie seit Anfang des Jahres bekannt, plant der Laugnaer Bauunternehmer Ulrich Reitenberger Großes am Ebersberg: Einen elfgeschossigen Turm, in dem Arztpraxen, Wohnungen und Gewerbe untergebracht werden sollen. Dieses Projekt erfährt vor allem vonseiten der Freien Wähler im Landkreis große Unterstützung, Landrat Leo Schrell wie auch Bürgermeister Willy Lehmeier werben intensiv um Unterstützung. Reitenberger selbst sitzt ebenfalls für die Freien Wähler im Kreistag.
Für die Umsetzung müssten vor allem zwei Dinge geschehen: Der Wertinger Stadtrat müsste der Änderung des Bebauungsplans und der Kreistag dem Verkauf der Grundstücksfläche für den Bau zustimmen. Zusätzlich müssten wohl die Kreiskliniken eine verbindliche Kooperation mit den Praxisärzten vereinbaren.
Der Mehrwert soll eine Bündelung der Fachkompetenzen am Krankenhaus sein. Die Wege würden kürzer, die Versorgung besser, und so manche Einweisung ins Krankenhaus könnte sich durch einen entsprechenden Facharzt in unmittelbarer Nähe, der für die schnelle Konsultation eines Patienten hinzugezogen werden könnte, vermieden werden. Die in den neu entstehenden Praxen agierenden Ärzte könnten in die über den Praxen entstehenden Wohnungen einziehen. Soweit der Plan.
Das präsentierte Konzept geht inhaltlich jedoch weit über den „Tower“hinaus. In dem neu konzipierten medizinischen Zentrum sind ebenfalls der Neubau der Krankenpflegeschule sowie ein neues Pflegeheim auf dem Gelände enthalten. Auch hier ergeben sich nach der Vorstellung der Planer und des Heimleiters von St. Klara, Günther Schneider, sowie des Geschäftsführers der Kreiskliniken, Uli-Gerd Prillinger, vielfältige Synergieeffekte. So könnte sich ein neues Pflegeheim etwa eine Küche sparen, weil sie an diejenige des Krankenhauses „angedockt“sei. Fachärzte seien in unm ittelbarer Nähe, in Zukunft vielleicht auch eine geriatrische Abteilung – also speziell auf Alterserkrankungen spezialisierte Ärzte. Die Auszubildenden der Pflegeschule könnten direkte Erfahrungen am benachbarten Krankenhaus sammeln, die Transportwege verkürzten sich, und einiges weitere mehr. Um den erhöhten Bedarf an Parkflächen zu decken, ist schließlich noch ein Parkdeck, vermutlich mit mehreren Etagen, angedacht.
Landrat Leo Schrell, Bürgermeister Willy Lehmeier und Ulrich Reitenberger verbreiteten auf der Infoveranstaltung Aufbruchsstimmung. Die Idee des Investors sei für ihn ein „Sechser im Lotto“, wie Landrat Leo Schrell in einer Videobotschaft mitteilte, er war selbst nicht anwesend. Lehmeier beschrieb das „anspruchsvolle Ziel, das Krankenhaus in die Zukunft zu führen“. Es gebe sehr viel, was die Mitglieder des Stadtrates verbinde, und nur noch wenig, was sie trenne. Das Krankenhaus – das finanziell millionenschwer in den Miesen ist – müsse unbedingt erhalten werden, und zu diesem Ziel sei der „Medizincampus“Reitenbergers der beste Weg. Und noch ein weiterer Stadtrat der Freien Wähler zeigte sich begeistert: Dr. Frieder Brändle, selbst als Arzt am Krankenhaus tätig. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte er. Man könne es sich nicht leisnoch Jahre mit der Suche nach einer Lösung zu verbringen. „Man sieht es an der Nordtangente: Da reden wir seit langer Zeit, und geschehen ist noch nichts.“Es sei an der Zeit, beim Krankenhaus zu handeln, so Brändle.
Zustimmung kam vonseiten der Grünen, welche die Auffassung der Freien Wähler zumindest so weit teilen, dass für die Suche nach Alternativen wohl nicht mehr genug Zeit sei. Zum Tower selbst sagte Peter Hurler, dass sich die Stadt „baulich in die Höhe entwickeln muss“, um Flächen zu sparen, was zuvor auch Bürgermeister Lehmeier angesprochen hatte. Kritischer äußerte sich dagegen Otto Horntrich (SPD). Er vermisste eine vertiefende Diskussion über das zukünftige Konzept des Krankenhauses und dessen fachliche Einrichtungen, wie etwa das Herzkatheterlabor. „Was hat hier Zukunft, was soll kommen, wie konkret sind die Planungen?“Die deutlichste Kritik kam, wie schon in der Vergangenheit, von der CSU. Johann Popp sagte: „Ich hätte gerne auch die Ideen eines zweiten oder dritten Investors gesehen.“Er spielte damit auf den Umstand an, dass der Aufsichtsrat des Krankenhauses einen offenen Ideenwettbewerb abgelehnt und die Idee Reitenbergers weiterverfolgt hatte. Ein schwerer Fehler, findet Popp. „Es braucht die beste, nicht die erstbeste Lösung für das Krankenhaus!“, so der CSU-Politiker, der auch im Kreistag sowie dem Aufsichtsrat des Krankenhauses sitzt und dort als Einziger gegen die Pläne Reitenbergers gestimmt hatte.
Neben den fehlenden Mitbewerbern stören den CSU-Mann zwei weitere Dinge. Erstens würden durch den Tower öffentliche Flächen in private Hand fallen – der Landkreis als Eigentümer des Krankenhauses müsste sie Reitenberger verkaufen. Die Nutzung des Towers beschränke sich zudem nur in viereinten, halb Stockwerken auf rein medizinische Nutzung. Hier werde unnötig der eigene Handlungsspielraum beschränkt. Auf Landkreisebene hat Popp gemeinsam mit der SPD, der FDP wie auch mit den Grünen dagegen schon Front gemacht (siehe Kommentar).
Der zweite Punkt, den auch CSUStadtrat Alfred Schneid ansprach, ist die Vermengung der Ideen für Pflegeheim und Pflegeschule mit dem Konzept des Towers. Diese Projekte müssten eigenständig betrachtet und könnten völlig unabhängig von Reitenbergers Turmbau verwirklicht werden. Schneid kritisierte ebenfalls deutlich: „Ab Oktober 2019 hätte eine öffentliche Diskussion beginnen können, das ist aber aus dem Stadtrat heraus nicht geschehen.“Es brauche nun intensive, offene Diskussionen, auch über Alternativen. Und weiter: „Es geht heute nicht darum, nur ‚Hurra‘ zu schreien oder nur ‚Nein‘.“