„Wir sind kein Witwenclub“
Vor 30 Jahren wurde der Inner Wheel Club Donauwörth gegründet. Nur wenige wissen, was sich hinter dieser Organisation verbirgt. Die Initiatorin und amtierende Präsidentin Erika Petzold gibt Einblicke und wirbt um Mitglieder – auch aus dem Landkreis Dillin
Frau Petzold, wie kam es zur Gründung des Inner Wheel Clubs Donauwörth?
Erika Petzold: Meine Tochter Viktoria hatte 1989 an einem internationalen rotarischen Jugendcamp in Stevenage bei London teilgenommen. Betreut wurden die Jugendlichen aus 19 Nationen damals von Inner Wheelerinnen. Nach ihrer Rückkehr war Viktoria so begeistert, dass sie mich motiviert hat, aktiv zu werden.
Wie stehen Inner Wheel Club und Rotary Club zueinander und was bedeutet eigentlich der Name Inner Wheel? Petzold: Wörtlich bedeutet Inner Wheel „Das innere Rad“und bezieht sich auf das Emblem der Rotarier, ein Zahnrad. Inner Wheel ist jedoch ein eigenständiger Serviceclub, dessen Ursprung in Manchester in der Zeit des Ersten Weltkriegs liegt. Während ihre Männer im Krieg dienten, führten die Ehefrauen deren soziale Arbeit fort. Nach Kriegsende wollten die Damen ihre Tätigkeit nicht beenden, gründeten ihren eigenen Club und gaben sich den Namen „Inner Wheel“, sozusagen das innere Rad der Rotarier.
Warum machten Sie nicht einfach bei den Rotariern mit?
Petzold: Damals durften Frauen noch nicht Mitglied in Rotary Clubs werden. Zwar war soziales Engagement möglich, aber nicht selbstbestimmt. Durch unsere eigenen Clubs haben wir uns „a Home of Our Own“, geschaffen, wie es die Enkelin des Dichters Werner Bergengrün bei der Festrede einer Charterfeier bezeichnete. Hier bestimmen wir Frauen selber.
Seit 1989 sind Frauen grundsätzlich als vollwertige Mitglieder bei den Rotariern zugelassen – ist aus Ihrer Sicht eine Vereinigung jetzt denkbar? Petzold: Das halte ich für nicht realisierbar, schon die Voraussetzungen der Mitgliedschaft sind unterschiedlich. Außerdem ist jeder Club selbstständig und verfolgt seine eigenen Ziele.
Welche Ziele haben Sie damals bei der Gründung vor 30 Jahren verfolgt? Petzold: Vor allem war ich vom freundschaftlichen Gedanken fasziniert, aber auch vom internationalen Engagement. International Inner Wheel (IIW) ist die weltweit größte eigenständige, nicht konfessionsgebundene Frauen-Organisation mit rund 3900 Clubs und derzeit 108 000 Mitgliedern in 104 Ländern aller fünf Erdteile. Als Glied dieser weltumspannenden Organisation dienen zu dürfen, fand ich höchst erstrebenswert. Inner Wheel hat drei Ziele: Pflege der Freundschaft, soziales Engagement und internationale Verständigung.
Haben Sie diese Ziele erreicht? Petzold: Ja, wir pflegen ein herzliches, freundschaftliches Für- und Miteinander von Jung und Alt und wir haben eine Anzahl sozialer Aufgaben erfüllen können. Durch Spenden und Charity-Aktivitäten erzielen wir jedes Jahr beträchtliche Summen. Unter anderem unterstützen wir den Kinderschutzbund Dillingen, die Hospizgruppe Donauwörth, den Verein Elisa in Neuburg, das Frauenfrühstück im Mehrgenerationenhaus in Donauwörth oder auch Projekte wie die Pflanzung eines Ginkgobaums in der Donauwörth-Parkstadt. Wir unterstützen mit unseren Mitteln das Marionettentheater Neuburg und spenden für Waisenkinder in Afrika. Unser Club ist gewachsen und durch interessante Vorträge wird unser gemeinsames Clubleben bereichert und wir erweitern den Horizont.
Was waren Ihre Höhepunkte im ClubLeben?
Petzold: Als Höhepunkte sehe ich die internationalen Treffen, die alle drei Jahre stattfinden. Ich war auf der World Convention in Sydney, Berlin, Stockholm, Christchurch und Kopenhagen. Das Beglückende daran ist, dass alle Frauen vorbehaltlos aufeinander zugehen. So habe ich beispielsweise eine Ägypterin kennengelernt, deren Tochter mit dem Sohn des früheren Präsidenten Anwar el Sadat verheiratet ist. Sehr berührt hat mich unsere gemeinsame Aktion mit dem Verein Dunkelziffer anlässlich der Rotary World Convention in Hamburg im Juni 2019. In dem Missbrauchspräventionsprojekt „My Body Belongs to Me“ging es um Aufklärung von Kindern, damit sie erkennen, wann eine Situation kritisch wird.
Wie hat sich der Club entwickelt? Petzold: Bei der Gründung waren wir zwölf Frauen aus Donauwörth. Danach habe ich meine Fühler nach rotarischen Ehefrauen in Dillingen, Neuburg und Nördlingen ausgestreckt. Bei der Charterfeier 1991 waren es bereits 24 Mitglieder. Aktuell sind wir 36.
Gab es auch mal etwas, das nicht so gut lief?
Petzold: Ich wünsche mir wieder mehr Mitglieder aus Dillingen, Neuburg und Nördlingen.
Sie sind 30 Jahre nach der Gründung ein zweites Mal Präsidentin. Petzold: Ich bin gefragt worden, ob ich zum 30. Jubiläum das Amt noch einmal übernehme. Ich habe mich darüber gefreut, weil ich denke, dass ich einige Veränderungen anregen kann. Wir können aktiver, dynamischer, impulsiver und öffentlichkeitswirksamer agieren. Ich weiß, einige wollen das und warten darauf.
Zwar haftet uns der Ruf an, ein Seniorenoder Witwenclub zu sein, aber gerade als Seniorin und Witwe möchte ich die Wende in eine neue Inner-Wheelerinnen-Zeit einleiten, möchte Weichen neu stellen, Perspektiven eröffnen und Neues wagen. Zum Beispiel versuche ich unsere Treffen von nachmittags auf abends zu verlegen, um jungen, berufstätigen Frauen die Chance zu geben, bei uns mitzuwirken.
Wie wird man überhaupt Mitglied? Petzold: Bei Interesse kann man eine Inner Wheelerin kontaktieren oder wir gehen auf Frauen zu, von denen wir glauben, dass sie Qualifikation und Engagement mitbringen. Heute ist es nicht mehr Bedingung, einen rotarischen Hintergrund zu haben, also Frau, Schwester, Tochter oder Enkelin eines Rotariers zu sein. Wir treffen uns einmal im Monat ohne Präsenzpflicht. Neben den Regularien gibt es jedes Mal einen interessanten Vortrag mit Diskussion und natürlich das fröhliche Miteinander.
Was wird von einer Inner Wheelerin erwartet?
Petzold: Dass sie bereit ist, ein Amt zu übernehmen, auch die Präsidentschaft; als Delegierte zu fungieren und bei internationalen Veranstaltungen den Club zu vertreten. Zudem sollte sie bereit sein, sich sozial zu engagieren. Wir stellen uns aber nicht auf die Straße, sondern akquirieren unsere Spenden bei ausgewählten Veranstaltungen und Treffen.