Donau Zeitung

„Wir sind kein Witwenclub“

Vor 30 Jahren wurde der Inner Wheel Club Donauwörth gegründet. Nur wenige wissen, was sich hinter dieser Organisati­on verbirgt. Die Initiatori­n und amtierende Präsidenti­n Erika Petzold gibt Einblicke und wirbt um Mitglieder – auch aus dem Landkreis Dillin

- Interview: Andrea Hammerl

Frau Petzold, wie kam es zur Gründung des Inner Wheel Clubs Donauwörth?

Erika Petzold: Meine Tochter Viktoria hatte 1989 an einem internatio­nalen rotarische­n Jugendcamp in Stevenage bei London teilgenomm­en. Betreut wurden die Jugendlich­en aus 19 Nationen damals von Inner Wheelerinn­en. Nach ihrer Rückkehr war Viktoria so begeistert, dass sie mich motiviert hat, aktiv zu werden.

Wie stehen Inner Wheel Club und Rotary Club zueinander und was bedeutet eigentlich der Name Inner Wheel? Petzold: Wörtlich bedeutet Inner Wheel „Das innere Rad“und bezieht sich auf das Emblem der Rotarier, ein Zahnrad. Inner Wheel ist jedoch ein eigenständ­iger Serviceclu­b, dessen Ursprung in Manchester in der Zeit des Ersten Weltkriegs liegt. Während ihre Männer im Krieg dienten, führten die Ehefrauen deren soziale Arbeit fort. Nach Kriegsende wollten die Damen ihre Tätigkeit nicht beenden, gründeten ihren eigenen Club und gaben sich den Namen „Inner Wheel“, sozusagen das innere Rad der Rotarier.

Warum machten Sie nicht einfach bei den Rotariern mit?

Petzold: Damals durften Frauen noch nicht Mitglied in Rotary Clubs werden. Zwar war soziales Engagement möglich, aber nicht selbstbest­immt. Durch unsere eigenen Clubs haben wir uns „a Home of Our Own“, geschaffen, wie es die Enkelin des Dichters Werner Bergengrün bei der Festrede einer Charterfei­er bezeichnet­e. Hier bestimmen wir Frauen selber.

Seit 1989 sind Frauen grundsätzl­ich als vollwertig­e Mitglieder bei den Rotariern zugelassen – ist aus Ihrer Sicht eine Vereinigun­g jetzt denkbar? Petzold: Das halte ich für nicht realisierb­ar, schon die Voraussetz­ungen der Mitgliedsc­haft sind unterschie­dlich. Außerdem ist jeder Club selbststän­dig und verfolgt seine eigenen Ziele.

Welche Ziele haben Sie damals bei der Gründung vor 30 Jahren verfolgt? Petzold: Vor allem war ich vom freundscha­ftlichen Gedanken fasziniert, aber auch vom internatio­nalen Engagement. Internatio­nal Inner Wheel (IIW) ist die weltweit größte eigenständ­ige, nicht konfession­sgebundene Frauen-Organisati­on mit rund 3900 Clubs und derzeit 108 000 Mitglieder­n in 104 Ländern aller fünf Erdteile. Als Glied dieser weltumspan­nenden Organisati­on dienen zu dürfen, fand ich höchst erstrebens­wert. Inner Wheel hat drei Ziele: Pflege der Freundscha­ft, soziales Engagement und internatio­nale Verständig­ung.

Haben Sie diese Ziele erreicht? Petzold: Ja, wir pflegen ein herzliches, freundscha­ftliches Für- und Miteinande­r von Jung und Alt und wir haben eine Anzahl sozialer Aufgaben erfüllen können. Durch Spenden und Charity-Aktivitäte­n erzielen wir jedes Jahr beträchtli­che Summen. Unter anderem unterstütz­en wir den Kinderschu­tzbund Dillingen, die Hospizgrup­pe Donauwörth, den Verein Elisa in Neuburg, das Frauenfrüh­stück im Mehrgenera­tionenhaus in Donauwörth oder auch Projekte wie die Pflanzung eines Ginkgobaum­s in der Donauwörth-Parkstadt. Wir unterstütz­en mit unseren Mitteln das Marionette­ntheater Neuburg und spenden für Waisenkind­er in Afrika. Unser Club ist gewachsen und durch interessan­te Vorträge wird unser gemeinsame­s Clubleben bereichert und wir erweitern den Horizont.

Was waren Ihre Höhepunkte im ClubLeben?

Petzold: Als Höhepunkte sehe ich die internatio­nalen Treffen, die alle drei Jahre stattfinde­n. Ich war auf der World Convention in Sydney, Berlin, Stockholm, Christchur­ch und Kopenhagen. Das Beglückend­e daran ist, dass alle Frauen vorbehaltl­os aufeinande­r zugehen. So habe ich beispielsw­eise eine Ägypterin kennengele­rnt, deren Tochter mit dem Sohn des früheren Präsidente­n Anwar el Sadat verheirate­t ist. Sehr berührt hat mich unsere gemeinsame Aktion mit dem Verein Dunkelziff­er anlässlich der Rotary World Convention in Hamburg im Juni 2019. In dem Missbrauch­spräventio­nsprojekt „My Body Belongs to Me“ging es um Aufklärung von Kindern, damit sie erkennen, wann eine Situation kritisch wird.

Wie hat sich der Club entwickelt? Petzold: Bei der Gründung waren wir zwölf Frauen aus Donauwörth. Danach habe ich meine Fühler nach rotarische­n Ehefrauen in Dillingen, Neuburg und Nördlingen ausgestrec­kt. Bei der Charterfei­er 1991 waren es bereits 24 Mitglieder. Aktuell sind wir 36.

Gab es auch mal etwas, das nicht so gut lief?

Petzold: Ich wünsche mir wieder mehr Mitglieder aus Dillingen, Neuburg und Nördlingen.

Sie sind 30 Jahre nach der Gründung ein zweites Mal Präsidenti­n. Petzold: Ich bin gefragt worden, ob ich zum 30. Jubiläum das Amt noch einmal übernehme. Ich habe mich darüber gefreut, weil ich denke, dass ich einige Veränderun­gen anregen kann. Wir können aktiver, dynamische­r, impulsiver und öffentlich­keitswirks­amer agieren. Ich weiß, einige wollen das und warten darauf.

Zwar haftet uns der Ruf an, ein Seniorenod­er Witwenclub zu sein, aber gerade als Seniorin und Witwe möchte ich die Wende in eine neue Inner-Wheelerinn­en-Zeit einleiten, möchte Weichen neu stellen, Perspektiv­en eröffnen und Neues wagen. Zum Beispiel versuche ich unsere Treffen von nachmittag­s auf abends zu verlegen, um jungen, berufstäti­gen Frauen die Chance zu geben, bei uns mitzuwirke­n.

Wie wird man überhaupt Mitglied? Petzold: Bei Interesse kann man eine Inner Wheelerin kontaktier­en oder wir gehen auf Frauen zu, von denen wir glauben, dass sie Qualifikat­ion und Engagement mitbringen. Heute ist es nicht mehr Bedingung, einen rotarische­n Hintergrun­d zu haben, also Frau, Schwester, Tochter oder Enkelin eines Rotariers zu sein. Wir treffen uns einmal im Monat ohne Präsenzpfl­icht. Neben den Regularien gibt es jedes Mal einen interessan­ten Vortrag mit Diskussion und natürlich das fröhliche Miteinande­r.

Was wird von einer Inner Wheelerin erwartet?

Petzold: Dass sie bereit ist, ein Amt zu übernehmen, auch die Präsidents­chaft; als Delegierte zu fungieren und bei internatio­nalen Veranstalt­ungen den Club zu vertreten. Zudem sollte sie bereit sein, sich sozial zu engagieren. Wir stellen uns aber nicht auf die Straße, sondern akquiriere­n unsere Spenden bei ausgewählt­en Veranstalt­ungen und Treffen.

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Foto: Andrea Hammerl Präsidenti­n Erika Petzold vom Inner Wheel Club Donauwörth hofft auf weitere Mit‰ glieder – auch aus dem Landkreis Dillingen.

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