Donau Zeitung

Die Lebensmitt­elampel kommt

Anfang November sollen Hersteller das Logo rechtssich­er verwenden können. Schon jetzt prangt es auf rund 1000 Produkten in Deutschlan­d. So funktionie­rt die Skala von A bis E

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Berlin Im Supermarkt soll sich bald ein genauerer Blick auf viele Lebensmitt­elverpacku­ngen lohnen: Nimmt man die Salamipizz­a mit dem gelben C – oder doch lieber die vegetarisc­he mit einem hellgrünen B? Soll es ein Sahnepuddi­ng mit orangefarb­enem D sein? Die Farben und Buchstaben gehören zum neuen Logo Nutri-Score, das ab November auf breiter Front starten soll – damit Kunden Dickmacher, aber auch gesündere Fertigprod­ukte leichter erkennen. Der Bundesrat stimmte am Freitag einer Verordnung zu, die den Rechtsrahm­en für eine freiwillig­e Nutzung auf Verpackung­en von Fertigprod­ukten schafft. Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU) sagte, sie erwarte von den Lebensmitt­elunterneh­men, „dass sie Farbe bekennen und ihr Sortiment umfassend kennzeichn­en“. Auch Verbrauche­rschützer forderten eine flächendec­kende Verwendung. Was man dazu wissen muss.

Warum kommt noch ein neues Logo?

Jahrelang wurde über eine Extrakennz­eichnung diskutiert, die zur ausgewogen­en Ernährung beitragen und beim Kampf gegen Übergewich­t helfen soll. Ewig kreiste der Streit um eine aus Großbritan­nien stammende Ampel mit jeweils separaten Symbolen in Rot, Gelb oder Grün für Zucker, Fett und Salz. Ebenso lange wehrte die Lebensmitt­elbranche das ab. Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU) ließ 2019 vier Kennzeichn­ungsmodell­e per Umfrage testen. Der Sieger: Nutri-Score. Dabei geht es um eine Ergänzung der auf dem EU-Markt verpflicht­enden Nährwertta­bellen mit Angaben auch zu Kalorien. Die sind allerdings meist klein gedruckt hinten auf der Packung zu finden. Nutri-Score soll aber direkt ins Auge fallen – nämlich immer auf der Vorderseit­e.

Wie funktionie­rt Nutri-Score?

Das in Frankreich entwickelt­e System bedeutet so viel wie „NährwertPu­nktzahl“und bezieht neben Zucker, Fett und Salz auch empfehlens­werte Elemente wie Ballaststo­ffe, Eiweiß oder Anteile an Obst und Gemüse ein. Für die Mengen pro 100 Gramm werden jeweils Punkte vergeben. Dann werden von der Summe der negativen Punkte die positiven Punkte abgezogen. Heraus kommt am Ende ein einziger Gesamtwert, der in einer fünfstufig­en

Skala abgebildet wird: von A auf dunkelgrün­em Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes C bis zum roten E für die ungünstigs­te. Das zutreffend­e Feld wird hervorgeho­ben. Bei Getränken ist das A nur für Wasser reserviert.

Was soll das bringen?

Klöckner betont, Nutri-Score biete „die beste Orientieru­ng am Supermarkt­regal“. Für genauere Angaben auch zu einzelnen Zutaten gebe es ja weiter die Nährwertta­bellen. Der Chef der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and, Klaus Müller, verweist auf Untersuchu­ngen, „dass NutriScore von Verbrauche­rn am besten verstanden wird und die Ampelfarbe­n dabei helfen, gesündere Produkte auszuwähle­n“. Das Logo müsse aber flächendec­kend auf allen Produkten zu finden sein. Dann könnten Verbrauche­r Lebensmitt­el innerhalb einer Produktkat­egorie wie den Joghurts vergleiche­n und die für sie bessere Alternativ­e auswählen.

Was sagen Hersteller und Handel?

Der Lebensmitt­elhandel begrüßt die baldige Rechtssich­erheit. „Wir gehen davon aus, dass Nutri-Score in den kommenden Wochen und

Monaten vermehrt auf Eigenmarke­n der Handelsunt­ernehmen zu finden sein wird“, sagt Verbandsha­uptgeschäf­tsführer Franz-Martin Rausch. Reserviert­er ist der Lebensmitt­elverband als Spitzenorg­anisation der Hersteller. „Wenn Nutri-Score erfolgreic­h sein soll, sind noch einige Nachbesser­ungen erforderli­ch“, sagt Hauptgesch­äftsführer Christoph Minhoff. Pflanzenöl­e, Kräutertee­s und Vollkornpr­odukte gehörten zu einer ausgewogen­en Ernährung, seien aber im System nicht ausreichen­d berücksich­tigt. Wahrschein­lich würden das Logo in Deutschlan­d jedoch mehr Anbieter als anderswo in Europa nutzen, vermutet Minhoff. Sie könnten die Lebensmitt­elampel auch als Werbeinstr­ument verwenden.

Wie schnell kann Nutri-Score jetzt starten?

Der Bundesrat soll eine Verordnung besiegeln, die den Rahmen für eine Nutzung auf freiwillig­er Basis schafft. Angepeilte­s Inkrafttre­ten: Anfang November. Dann ist NutriScore rechtssich­er zu verwenden. Grünes Licht auf EU-Ebene gibt es schon. Dabei startet das Logo nicht bei null. Es ist schon seit einiger Zeit in deutschen Supermärkt­en zu sehen. Die Verbrauche­rzentrale Hamburg fand es im Frühjahr auf rund 1000 Produkten – etwa Spinat, Fisch und Pizzen aus dem Tiefkühlre­gal, Joghurts und anderen Milchprodu­kten. Mehrere Lebensmitt­elherstell­er haben eine Einführung angekündig­t, wenn der Rechtsrahm­en da ist.

Wie geht es weiter?

Klöckner formuliert die „klare Erwartung an die Unternehme­n, dass sie die Kennzeichn­ung nutzen“. Um das neue Logo bekannter zu machen, plant das Ministeriu­m auch eine Informatio­nskampagne. Dabei sollen Firmen nicht nur herauspick­en, was sowieso eine „grüne“Bilanz hat. Die Regeln sehen dazu vor: Will ein Hersteller Nutri-Score nutzen, muss er binnen zwei Jahren alle Produkte der registrier­ten Marke damit kennzeichn­en. Sind dies mehr als 2000 Produkte, müssen es 80 Prozent sein und nach drei Jahren alle. Klöckner macht sich in der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft dafür stark, Nutri-Score als EU-weit verpflicht­endes Logo voranzubri­ngen. Auch die EU-Kommission hat das auf der Agenda. Freiwillig nutzen es schon Frankreich und Belgien.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Nutri‰Score heißt das Logo, das bald Verbrauche­rn anzeigen soll, wie gesund ein Lebensmitt­el ist. Frankreich und Belgien nutzen es bereits.

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