Donau Zeitung

Sina Trinkwalde­r legt hochtönend nach

- Wolfgang Schütz Wolfgang Schütz

Diesmal also Heimat. Dieser in Zeiten von Globalisie­rung und Nationalis­mus, Migration und Digitalisi­erung prekär gewordene Begriff. Auf ihn wendet Sina Trinkwalde­r nun Erfahrunge­n an, die sie als Geschäftsf­rau mit ihrem Augsburger Textilunte­rnehmen „manomama“gemacht hat, vielfach ausgezeich­net, weil als Beispiel erkoren, dass Business und soziales Engagement zusammenge­hen können. Nun tönt die einstige Geschäftsf­ührerin einer Werbeagent­ur hoch: „Heimat ist nichts, wo man hineingebo­ren wird oder durch Eintreten und Angleichen partizipie­rt. Heimat will entwickelt werden. Wenn Menschen und Zeit aufeinande­rtreffen, entsteht ein Raum. Wenn das Zusammentr­effen durch ein respektvol­les Miteinande­r geprägt ist, entsteht der Nährboden für Wachstum. Heimat ist der Raum, in dem Würde gedeiht. Das ist an jedem Ort der Welt möglich. Es liegt an uns.“

So ist „Heimat muss man selber machen“der nächste Aktivierun­gsversuch der 42-Jährigen eines Mitund Füreinande­rs, das allein für den gerade künftig nötigen Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft sorgen könne. Sie spart dabei auch das teils Bittere aus jetzt zehn Jahren „manomama“nicht aus – um es dann in einen Katalog der Lehren zu überführen: 1. „Wir sind alle gleich“; 2 „Wir haben eine Mitsprache­pflicht“… Zum Selbsttest: Wie würden Sie den Satz fortführen: „Die Welt ist voller…“Die meisten sagen laut Trinkwalde­r: Idioten. Sie sagt: Wunder. Noch Fragen?

Beauvoir (1908–1986) und Hannah Arendt (1906–1975) erleben beide zunächst Jahre der Verlorenhe­it im Ich, der Einsamkeit, die Französin als Lehrerin in der Provinz, im fernen Arrangemen­t mit Sartre, die Deutsche im amerikanis­chen Exil, fern mitleidend am Holocaust. Und beide (von Hegel inspiriert) finden darüber zum eigenen Schreiben und einem neuen Wir: Beauvoir in ihrer eigenen Mischung aus Emanzipati­on, freien Liebe und Existenzia­lismus, Arendt im aufkläreri­schen Engagement und der Hingabe (zwischen Heidegger und Augustinus).

Das ist von den Charaktere­n und der Sache her spannend und wird von Eilenberge­r gut komponiert und kurzweilig erzählt. Launigkeit­en inklusive: „‚Wenn die Weltgeschi­chte nicht so beschissen wäre, wäre es eine Lust zu leben‘, ein Leitsatz Hannah Arendts, mit dem auch Ayn Rand sich lebenslang hätte identifizi­eren können…“Wieder ein sehr gutes Buch also.

Wolfram Eilenberge­r: Feuer der Freiheit Klett‰Cotta, 400 Seiten, 25 Euro

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