Mariella hält den Mund
Mariella spricht nicht. Gar nicht – zu niemandem. Schon immer war sie spröde und einsilbig, aber seit sich ihre Eltern vor einem Jahr getrennt haben, ist sie verstummt. Über Sinn und Sinnlosigkeit von Worten reflektiert sie trotzdem: „Die bessere Sorte Mensch. Ich kenne Obst- und Gemüsesorten. Teesorten. Wurst- und Käsesorten. Eissorten. Aber welche Sorten von Menschen gibt es?“Der Schreierei der Eltern, dem Lärm der Welt setzt Mariella Stille entgegen. Das stößt ihre Umwelt vor den Kopf. Sie wird bestraft, gemobbt und zu Ärzten geschleppt. Nur Stan macht es nichts aus, dass Mariella stumm ist, er könnte sie sowieso nicht hören. Er ist taub. Doch die beginnende Liebe der beiden wird durch ein schreckliches Ereignis erschüttert.
Dirk Popes „Still“ist ein ganz erstaunlicher Jugendroman – faszinierend vor allem durch seinen Erzählund Sprachstil. Außenseitertum, Inklusion, Mobbing und Verlusterfahrung kombiniert der Autor mit einer zauberhaften Liebesgeschichte, ohne das Buch thematisch zu überladen. In einer Collage aus innerer Erzählung, Interviews mit einem fiktiven Institut für angewandtes Schweigen und dem Whats App Chat zwischen Stan und Mariella findet der Autor eine zeitgemäße Form und gibt der Geschichte zusätzlich einen bizarren Dreh. Pope, einst in der Werbebranche tätig und nun Deutsch- und Sportlehrer an einem Gymnasium, zeigt, wie Jugendbücher zu guter Literatur werden – ganz ohne pädagogischen Unterton.
Dirk Pope: Still Hanser,
192 Seiten, 15 Euro
– ab 13 Jahren
Kate Read: Ein Fuchs – 100 Hühner Knesebeck, 32 Seiten, 13 Euro – ab 3 Jahren