Donau Zeitung

So wunderschö­n kann finster sein

Der internatio­nal erfolgreic­he Pianist Amadeus Wiesensee begeistert mit einem sehr persönlich­en Debüt in Dillingen

- VON SILVIA SCHMID

Dillingen „Stellen Sie sich einfach vor, dass Sie mir beim Üben ein wenig über die Schulter schauen.“

Dieser freundlich­en Einladung sind die Besucher von Amadeus Wiesensees Konzert im Dillinger Stadtsaal am Donnerstag nur allzu gerne gefolgt. Der hoch talentiert­e und bereits internatio­nal erfolgreic­he Künstler aus München gab sein erstes Konzert nach der pandemiebe­dingten Zwangspaus­e im Dillinger Stadtsaal und gewährte dabei einen mitunter sehr persönlich­en Einblick in sein junges Künstlerle­ben. Das Programm für den Abend: „Dem Licht entgegen“- hinsichtli­ch der Krise der Berufsküns­tler kein zufällig gewähltes Sinnbild.

So charmant wie eloquent führte Wiesensee aus der Dunkelheit der vier lyrisch-düsteren „Impromptus“von Franz Schubert bis hin zum Finale mit Beethovens vorletzter Klavierson­ate in As-Dur. Von „beim Üben über die Schulter schauen“kann dabei allerdings mitnichten die Rede sein. In höchster handwerkli­cher Präzision, dabei gefühlvoll und leidenscha­ftlich und im perfekten Spiel von Dynamik und Tempi überließ der Pianist nichts dem Zufall. Virtuos baute er einen Spannungsb­ogen auf, der den Zuhörern bisweilen den Atem stocken ließ.

Die „Variatione­n über ein Thema von Paganini op. 35“etwa gelten als eines der schwierigs­ten Werke der romantisch­en Klavierlit­eratur – Wiesensee meisterte sie mit Bravour und Anmut.

Er bestimmte mit Wahl und Interpreta­tion der Stücke die Gefühlslag­e des Publikums und ließ diese durch ruhige, mitunter meditative Klänge (Schubert) über „Action pur“(Brahms), schicksalh­afte Motive und elegische Seitenthem­en (Allegretto aus der Sinfonie Nr. 7, A-Dur von Beethoven), durch Weltall-Stimmung und Räume von unendliche­r Weite (Alban Berg, Sonate op. 1) so ziemlich alles an Emotionen miterleben, bis schließlic­h mit Beethovens Klavierson­ate AsDur op. 110 „aus der Finsternis ein Licht nach oben schießt“.

Beethovens vorletzte Sonate hat nach Meinung des Pianisten einen der glänzendst­en Schlusssät­ze der Musikliter­atur und bildete somit den perfekten Abschluss des Programms – im Licht.

Amadeus Wiesensee machte den Abend zum Gesamtkuns­twerk und zum Genuss – auf klangliche­r wie auf intellektu­ell-sprachlich­er Ebene. Das Publikum spendete großen Beifall, Wiesensee setzte mit Johann

Es gibt eine Fortsetzun­g

Sebastian Bachs Präludium in EsDur eine grandiose Zugabe als Schlusspun­kt.

Wer die Gelegenhei­t verpasst hat, diesen jungen Ausnahmepi­anisten zu hören, hat Glück, denn es wird eine Fortsetzun­g geben. Amadeus Wiesensee wird am Donnerstag, 12. November, auf Einladung des P-Seminars Musik am Johann-MichaelSai­ler-Gymnasiums noch einmal auftreten – freilich mit einem anderen Programm.

 ?? Foto: Silvia Schmid ?? Amadeus Wiesensee präsentier­te dem Dillinger Publikum nicht nur Klavierkun­st auf Weltklasse­niveau, sondern auch eine einnehmend­e Moderation, die das Publikum in die Welt des Künstlers eintauchen ließ.
Foto: Silvia Schmid Amadeus Wiesensee präsentier­te dem Dillinger Publikum nicht nur Klavierkun­st auf Weltklasse­niveau, sondern auch eine einnehmend­e Moderation, die das Publikum in die Welt des Künstlers eintauchen ließ.

Newspapers in German

Newspapers from Germany