Donau Zeitung

Warum Elterntaxi­s ein Problem sind

Immer mehr Mütter und Väter fahren ihre Kinder mit dem Auto. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie noch mehr – auch bei uns im Landkreis Dillingen. Dabei, so Polizei und Rektoren, ist der Schulweg zu Fuß sehr wichtig

- VON SIMONE BRONNHUBER

Elterntaxi­s werden immer mehr – auch bei uns im Landkreis Dillingen. Warum sie aber an Schulen ein Problem sein können.

Dillingen Schnell noch die Brotzeit einstecken, Jacke anziehen und ab ins Auto. An der Schule kurz parken, Tür auf, Kind raus und weiterfahr­en. Entweder nach Hause oder in die Arbeit. Diese oder ähnliche Situatione­n können täglich am frühen Morgen vor den Schulen im Landkreis Dillingen beobachtet werden. Das sogenannte Elterntaxi, sprich Mama und Papa bringen ihr Kind mit dem Auto in die Schule, ist längst kein seltenes Phänomen mehr. Im Gegenteil, wie Katharina von Rönn, Polizeispr­echerin in Dillingen,

weiß. Seit vielen Jahren sei das Thema Elterntaxi präsent. Aber: „Sicherlich ist es aktuell so, dass viele Eltern ihre Kinder in die Schule bringen, weil sie nicht wollen, dass die Kleinen aufgrund der Corona-Pandemie in überfüllte­n Bussen sitzen. Das kann man verstehen, aber das Chaos vor den Schulen ist perfekt“, sagt die Beamtin.

Sie erklärt, dass Elterntaxi­s auch von Schulen nicht gern gesehen sind, vor allem aus Sicherheit­sgründen. „Es wird teils auf Gehwegen, direkt vor der Schule oder an der Bushaltest­elle geparkt. Kinder laufen zwischen den Autos durch oder steigen links in den laufenden Verkehr aus. Das birgt Gefahren“, sagt Katharina von Rönn. Hinzu komme, dass Eltern oft nicht nur ihr eigenes Kind, sondern das des Nachbarn auch noch mit dabei haben, aber nicht genügend Kindersitz­e im Auto sind. Die Länge der Autofahrt sei dabei keine Ausrede.

Unabhängig von Corona sei diese Problemati­k schon längst nicht nur in Großstädte­n, sondern auch bei uns in der ländlichen Gegend aufgekomme­n. Sei es, weil Eltern überbesorg­t sind oder der Schulweg auf dem Weg zur Arbeit liege. „Das ist dann einfach praktisch und das Kind kann länger schlafen.“Aber, und das betont die Polizeispr­echerin immer wieder deutlich, der Schulweg sei für Kinder elementar wichtig. Es sei wichtig, dass die Mädchen und Buben die Erfahrung machen, wie sie sich im Straßenver­kehr verhalten müssen. Sie sollen Ampeln beachten und gegebenenf­alls Gefahrenst­ellen selbst erkennen, so die Expertin. Und weiter: „Zudem stärkt der Weg in die Schule das Gemeinscha­ftsgefühl unter den Kindern, sie schnappen schon frische Luft und haben sich vor dem Unterricht ein wenig bewegt.“

Glückliche­rweise gebe es im Landkreis Dillingen bisher wenig

Schulwegun­fälle aufgrund von Elterntaxi­s oder ähnlichen Verkehrssi­tuationen. „Meistens sind Tretroller oder Fahrräder beteiligt. Aber es kommt oft genug zu Gefährdung­en aufgrund von parkenden Autos rund um die Schulen“, so von Rönn weiter. Dann müsse gezielt auf die Eltern zugegangen und Kontakt aufgenomme­n werden. Dass das früh am Morgen zusätzlich Stress verursacht, „verwundert dann auch nicht“. Deshalb rät die Polizeibea­mtin auch, dass Eltern, wenn sie das Auto nehmen, genug Zeit einplanen. Denn grundsätzl­ich ist ein Elterntaxi natürlich nicht verboten. Aber: Es müssen die Verkehrsre­geln beachtet werden. Dazu zählt beispielsw­eise, dass Parken in zweiter Reihe verboten ist, die Kinder brauchen alle die richtigen Sitzunterl­agen im Auto und die Bushaltest­ellen müssen freigehalt­en werden.

Über allem, so Katharina von Rönn, stehe die Sicherheit der Kinder. Deshalb bietet die Polizei Dillingen seit vielen Jahren auch schon spezielle Übungseinh­eiten an: Schulbustr­aining mit den Erstklässl­ern, Fahrradfüh­rerschein mit den Viertkläss­lern, und nach den Sommerferi­en sind Beamte speziell bei Grundschul­en oder anderen neuralgisc­hen Punkten im Landkreis Dil

Angst vor überfüllte­n Bussen

lingen präsent. „Wir wollen damit auch signalisie­ren, dass wir auf die Kinder aufpassen.“

Christiane Grandé, Rektorin der Grundschul­e in Wertingen, bestätigt auf Nachfrage, dass Elterntaxi­s in den vergangene­n Jahren zugenommen haben, und aufgrund der aktuellen Situation noch verstärkte­r. „Auch wenn sich unsere Kinder an die Maskenpfli­cht im Bus halten, so sind die Eltern doch sehr verunsiche­rt“, sagt die Schulleite­rin. Sie sei froh, dass sich unabhängig davon die Verkehrssi­tuation in der Fèrestraße, der Adresse der Grundschul­e, verbessert habe – sie sei mittlerwei­le eine Spielstraß­e, es muss sehr langsam gefahren werden. „Das hat sich ganz gut entwickelt“, sagt Grandé. Zudem würden die Eltern, die mit den Autos ihre Kinder bringen, mittlerwei­le hinten an der Wertinger Stadthalle parken und von dort wieder wegfahren.

Trotzdem, betont die Rektorin, hätten Elterntaxi­s auch vor Ausbruch der Pandemie zugenommen. „Es ist entweder praktisch, um gleich in die Arbeit weiterzufa­hren, oder Eltern haben aufgrund der erhöhten Verkehrsla­ge Angst, sie alleine gehen zu lassen. Die Autos nehmen immer mehr zu“, sagt die Wertinger Schulleite­rin, betont aber gleichzeit­ig: „Aber die Eltern müssen ihren Kindern auch etwas zutrauen. Das ist ganz wichtig.“

An den Elternaben­den werde deshalb immer kommunizie­rt, wie wichtig der Schulweg zu Fuß sei. Zudem gebe es unter anderem Lotsen, die zusätzlich für Sicherheit sorgen. In den ersten zwei Schulwoche­n werden die kleinen Buben und Mädchen von ihren Lehrern belehrt, sie gehen auch gemeinsam die Wege ab. „Auf dem Schulweg passiert sehr viel, was wichtig für die Kinder ist. Da entstehen soziale Kontakte, es findet ein Austausch statt, und Probleme in der Schule werden besprochen“, sagt Christiane Grandé. Das sei ganz wichtig für die Entwicklun­g der Schüler. Die Strukturen für einen sicheren Schulweg seien da – schon vor Corona.

Das bestätigt auch Ingrid Wais, Rektorin der Grundschul­e in Wittisling­en. Sie sagt, dass gerade zu Schulanfan­g das Thema Verkehrssi­cherheit einen großen Raum im Unterricht einnehme. Zudem gebe es Schulbustr­aining und Co. für die Buben und Mädchen. Dennoch habe auch ihre Schule Probleme mit Mamis und Papis, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. „Teilweise wird auf dem Zebrastrei­fen direkt vor der Schule angehalten, sodass andere Kinder ihn nicht überqueren können. Hinzu kommt, dass bei uns in der Nähe auch der Kindergart­en ist“, erklärt Wais weiter.

Dabei gibt es in Wittisling­en ganz nah der Schule einen großen Parkplatz, der genau dafür genutzt werden sollte. Wird er aber nicht – oder zumindest nicht von allen Eltern. Deshalb hat die Rektorin vor kurzem auch Kontakt zur Polizei aufgenomme­n und um Kontrollen gebeten. „Vielleicht wirkt das mehr“, sagt sie. Wie berichtet, hat sich auch der Wittisling­er Gemeindera­t bei seiner Sitzung vergangene Woche mit dem Thema Elterntaxi und der Park-Problemati­k beschäftig­t.

Natürlich kommunizie­re man zusätzlich mit den Eltern. Denn auch für Rektorin Ingrid Wais ist der Schulweg ein wichtiges Thema. Sie sagt, dass die Kinder so am Morgen schon Bewegung hätten und dabei selbstsich­erer und selbststän­diger würden. Sie denkt, dass manche Eltern zu besorgt sind. „Das hat auch etwas mit dem Vertrauen ins Kind zu tun.“

Eltern sind aktuell sehr verunsiche­rt

 ?? Foto: Ralf Lienert (Symbol) ?? Das sogenannte Elterntaxi ist ein Phänomen, das in den vergangene­n Jahren zugenommen hat. Seit Ausbruch der Corona‰Pandemie noch mehr – auch bei uns im Landkreis Dillingen. Dabei, so die Experten, sollen Kindern ihren Schulweg kennen und lernen.
Foto: Ralf Lienert (Symbol) Das sogenannte Elterntaxi ist ein Phänomen, das in den vergangene­n Jahren zugenommen hat. Seit Ausbruch der Corona‰Pandemie noch mehr – auch bei uns im Landkreis Dillingen. Dabei, so die Experten, sollen Kindern ihren Schulweg kennen und lernen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany