Celonis will 500 Stellen schaffen
Das Münchner Start-up ist rasant gewachsen und sucht weitere IT-Spezialisten. Jetzt fragen sich viele, wann der Träger des Deutschen Zukunftspreises an die Börse geht. Doch die Gründer haben es nicht mehr eilig
München Die Lufthansa hat zusammen mit dem Unternehmen Celonis ihren Flugbetrieb optimiert. Die Telekom Austria nutzt dessen Technik, um Störungen bei den Kunden besser zu managen – mit dem Effekt, dass weniger Modems an die Internetnutzer verschickt werden mussten. Auch Edeka oder Siemens greifen auf die Dienste zurück. Das Münchner IT-Unternehmen Celonis hat inzwischen mehreren Konzernen und Mittelständlern geholfen, die Abläufe zu verbessern. Das 2011 gegründete Start-up hat den Deutschen Zukunftspreis gewonnen und rasantes Wachstum erlebt. Die Gründer Bastian Nominacher, Alexander Rinke und Martin Klenk treiben dieses jetzt weiter voran. Die IT-Spezialisten studierten an der TU München, Bastian Nominacher auch in Augsburg im Elitestudiengang Finance and Information Management.
Celonis nutzt für seine Dienste digitale Daten, die in Unternehmen heute in großer Zahl anfallen – sei es in der Produktion, im Einkauf oder in der Kundenbetreuung. Mit Methoden der IT und der Künstlichen Intelligenz werden diese Daten ausgewertet. Ziel ist es, die realen Abläufe im Unternehmen darzustellen, Schwachstellen zu entdecken und die Fehler dann zu verbessern. „Process Mining“nennen Fachleute die Technologie, mit der Celonis groß geworden ist und inzwischen rund 1100 Mitarbeiter beschäftigt. „Wir sind in diesem Bereich der Marktführer geworden“, sagt Gründer Bastian Nominacher.
Jetzt wollen die Unternehmer einen Schritt weitergehen. Ziel ist es, Schwachstellen in den Abläufen in einer Firma zu identifizieren und gleich Lösungen anzubieten. Dabei
Celonis, dass es in Unternehmen heute inzwischen hunderte, ja tausende unterschiedliche Programme und IT-Systeme gibt. Unter dem Schlagwort „Exekution Management System“vermarktet Celonis seine neue Anwendung. Der Mehrwert der Fortentwicklung: „Unser Exekution Management System liegt über allen Systemen der Kunden und hilft, die Prozesse zu verbessern“, sagt Celonis-Gründer Nominacher.
Erste Anwendungen gibt es bereits: Dem US-Elektronik-Händler
Avnet mit einer Niederlassung in Poing bei München sei es gelungen, mit dem System die durchschnittliche Bearbeitungszeit der Kundenaufträge um 50 Prozent zu reduzieren, nennt Nominacher ein Beispiel. Zu den Kunden zählt auch der Schweizer Logistikkonzern Also, der jährlich Millionen von Lieferantenrechnungen bearbeitet. CelonisTechnik helfe, die Rechnungsverarbeitung zu optimieren, berichtet das Unternehmen.
Bis Mai 2021 will Celonis bei den Mitarbeitern nochmals um die Hälfte wachsen und 500 Stellen schaffen, berichtet eine Sprecherin. Das Unternehmen hat inzwischen 15 Niederlassungen. Zuletzt kamen Standorte in Madrid und im kanadischen Toronto dazu. Die Corona-Krise schafft dabei eher mehr Arbeit als weniger: „Die Krise ist ein unglaublicher Beschleuniger der Digitalisierung“, sagt Nominacher. In der Krise sind viele Unternehmen gezwungen, sich zu verändern und ihre Abläufe effizienter, besser, schneller und auch billiger zu gestalten.
Inzwischen hat die Münchner Firma auch den Pfad eigenen Wachstums verlassen und ein anderes Unternehmen gekauft. Celonis hat für einen dreistelligen Millioberücksichtigt nenbetrag den Software-Spezialisten Integromat in Prag übernommen. Die rund 60 Mitarbeiter dort haben sich auf die Automatisierung von Software-Prozessen spezialisiert. Verbunden werden können zum Beispiel der E-Mail-Eingang, ein Tabellen-Programm, Twitter und eine Kommunikationsplattform wie Slack. Wird in einem Tabellenprogramm wie Excel ein Eintrag erstellt, kann zum Beispiel sofort automatisch eine E-Mail an die Beschäftigten versendet werden, die den Auftrag bearbeiten sollen. 375 000 Nutzer hat das Prager Unternehmen mit Lösungen wie dieser nach eigener Auskunft bisher gewonnen.
Inzwischen zählt Celonis zu den größten deutschen Software-Konzernen. Immer wieder wird spekuliert, wann die Firma an die Börse gehen könnte. Mitgründer Alexander Rinke hatte in der Vergangenheit das Jahr 2020 ins Spiel gebracht. Doch inzwischen hat es das Unternehmen weniger eilig. Im November 2019 hatte Celonis in einer Finanzierungsrunde 260 Millionen Euro bei Investoren eingeworben. „Wir sind gut kapitalisiert und haben deshalb keine aktuellen Pläne für einen Börsengang“, sagt Nominacher.