Die Absage ist richtig
Es ist schade, dass die Ulrichspreis-Verleihung an diesem Samstag nicht stattfinden kann. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller ist einer von diesen bodenständigen, glaubwürdigen Politikern, der mit vollem Einsatz gegen Hunger und Elend in dieser Welt ankämpft. Der Festakt in der Basilika wäre bestimmt ein Höhepunkt in der Geschichte der Europäischen St.-Ulrichsstiftung geworden. Minister Müller hat die Teilnahme nun aber selbst abgesagt. Angesichts explodierender Corona-Fallzahlen in Deutschland und der Infektion des Kabinettskollegen Jens Spahn ist dies eine richtige Entscheidung. Denn in Zeiten, in denen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bürger dazu auffordert, wann immer möglich, zu Hause zu bleiben, wäre ein Festakt mit bis zu 130 Teilnehmern von vielen als falsches Zeichen verstanden worden.
Das ändert auch die Tatsache nicht, dass das Hygienekonzept der Stiftung durchdacht und mit dem Gesundheitsamt abgestimmt war. In die Basilika wären weniger Menschen als sonst bei Gottesdiensten gelassen worden. Sie hätten durchgängig Masken getragen. Das Festessen hinterher hatte die Stiftung gestrichen. Der festliche und heitere Rahmen mit inspirierenden Begegnungen, der die Ulrichspreis-Verleihungen in der Vergangenheit auszeichnete, wäre damit aber getrübt gewesen. Dass der Festakt nun abgesagt wurde, ist letzten Endes konsequent. Die Stiftung selbst hätte den Ulrichspreis nach der ersten Absage im Frühjahr 2021 überreichen wollen. Minister Müller hatte sich aber gewünscht, dass dies im Herbst geschehen solle. Der Grund: Deutschland hat gegenwärtig die EU-Ratspräsidentschaft inne. Der Entwicklungsminister wollte die Preisverleihung nutzen, um grundsätzliche europapolitische Fragen aufzuwerfen. Müller kritisiert etwa immer wieder, dass Europa zu wenig in die Entwicklung in Afrika investiert. Er fordert, dass die Fluchtursachen vor Ort bekämpft werden müssen.
Eine Ulrichspreis-Verleihung hat in der Regel einen Planungsvorlauf von einem Jahr. In der gegenwärtigen Pandemie lässt sich solch ein Festakt in der bisherigen Form aber nicht planen. Vermutlich wird die Verleihung in einem ganz kleinen Rahmen stattfinden müssen. Dem großen Anliegen Müllers, aus eigenem Interesse heraus den Entwicklungsländern zu helfen, tut dies keinen Abbruch.