Donau Zeitung

Wenn man sich gegen die Polizei beschwert

Die Beamten kommen immer dann, wenn die Situation heikel ist. Manchmal kochen Emotionen über – auf beiden Seiten. Beschwerde­n gibt es auch im Landkreis Dillingen. So wird ihnen nachgegang­en

- VON SIMONE BRONNHUBER

Immer wieder gibt es Beschwerde­n gegen die Polizei, auch im Landkreis Dillingen. Wie damit verfahren wird.

Landkreis Ein schlimmer Verkehrsun­fall. Eine Prügelei vor einer Kneipe. Das Auto wurde angefahren oder das Fahrrad geklaut. Zu laute Musik des Nachbarns. Streiterei­en, die eskalieren. Kühe, die nachts ausbüxen oder der Ladendieb, der erwischt wird. Pöbelnde Jugendlich­e oder betrunkene Partygäste. Die Aufzählung kann endlos fortgeführ­t werden. So unterschie­dlich die Beispiele sind, so haben sie eines gemeinsam: In jedem Fall ist die Polizei gefragt. Und wenn die Beamtinnen und Beamten gerufen werden, handelt es sich in der Regel immer um eine Art Notruf. Sei es, weil man selbst etwas angestellt oder man die Rolle des Opfers hat.

Angenehm sind beide Seiten nicht – vor allem nicht, wenn die Polizei kommt. Und wo Mensch auf

Mensch trifft, wird es schnell emotional. Erst recht in Notsituati­onen. Deshalb kann es auch zum Konflikt zwischen Gesetzeshü­ter und Bürger kommen – und zu Beschwerde­n. Über die Polizei.

Das ist nach jedem Einsatz möglich, wie Dillingens Polizeispr­echerin Katharina von Rönn bestätigt. Und jeder einzelnen Beschwerde müsse und werde auch nachgegang­en. „Wir müssen Rechtssich­erheit schaffen und wissen, was wir durchsetze­n können und was nicht. Deshalb versuchen wir immer, so transparen­t wie möglich zu agieren“, sagt die Sprecherin.

Heißt im Klartext: Grundsätzl­ich habe jeder die Möglichkei­t, sich über die Polizei zu beschweren. Und das kann passieren. „Wir schreiten ein, wenn es brisant wird und sich andere nicht trauen. Da kann es zu heiklen Situatione­n kommen“, sagt von Rönn. Und seit Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich der Diskussion­sstoff erhöht. Maskenpfli­cht, Sperrstund­en und Co. machen es für beide Seiten – Polizei und Bürger – nicht einfacher. „Die Menschen sind genervter, was ein Stück weit nachvollzi­ehbar ist“, sagt die Dillinger Polizeispr­echerin. Gerade in solchen Situation werde beim Einsatz schnell ausgesproc­hen, dass man sich über die Polizei beschweren werde, oft folge aber dann nichts mehr.

Wenn doch, dann gibt es eine klare Vorgehensw­eise, wie Michael Jakob, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord, auf Nachfrage erklärt. Im ersten Schritt werde bei Eingang einer Beschwerde im Polizeiprä­sidium eine Prüfung gemacht, um welche Art von Beschwerde es sich handelt. Ist es eine Dienstaufs­ichtsbesch­werde, wird eine Beandes persönlich­en Verhaltens beziehungs­weise die Art und Weise der Aufgabenwa­hrnehmung eines Polizeibea­mten gemeldet. „In allen Fällen werden Stellungna­hmen der Beamten und des Dienstvorg­esetzten eingeholt. Der Beschwerde­führer erhält eine Eingangsbe­stätigung. Nach Prüfung der Stellungna­hmen wird die Beschwerde durch das Polizeiprä­sidium beantworte­t“, so Jakob.

Bei einer Fachaufsic­htsbeschwe­rde handelt es sich um Beschwerde über strafproze­ssuale Maßnahmen. Diese Beschwerde­n werden zur weiteren Prüfung der jeweiligen polizeilic­hen Maßnahmen an die Staatsanwa­ltschaft abgegeben.

Jakob erklärt eine dritte Kategorie: „Strafrecht­lich relevante Vorwürfe im Dienst werden stets an das Bayerische Landeskrim­inalamt zur Ermittlung des Straftatbe­stands abstandung gegeben. Es ist wichtig, dass derartige Ermittlung­en aus Gründen der Transparen­z und Neutralitä­t von einer externen Polizeidie­nststelle geführt werden und nicht im eigenen Polizeiver­band bleiben.“

Nicht erfasst sind alle Beschwerde­n, die nach einem klärenden Gespräch zwischen dem Beschwerde­führer und den jeweiligen Dienststel­lenleitung­en keine weiteren Maßnahmen nach sich ziehen. In aller Regel, so formuliere­n es Michael Jakob und die Dillinger Kollegin Katharina von Rönn, sei in derartigen Gesprächen festzustel­len, dass die getroffene­n polizeilic­hen Maßnahmen rechtlich korrekt und auch angemessen waren.

Dennoch sei auch dann nicht auszuschli­eßen, dass sich der ein oder andere trotz der Rechtmäßig­keit der Maßnahme unangemess­en behandelt fühlt.

Deshalb, so Katharina von Rönn weiter, sei beispielsw­eise die Einführung

Mehr Diskussion­sstoff in Zeiten von Corona

Bodycams sind ein großes Hilfsmitte­l

der Bodycams ein großes Hilfsmitte­l für die Polizei gewesen. Sie sagt: „Es ist nachvollzi­ehbar, warum wir wie reagieren. Vor allem, wenn es ein körperlich­es Einschreit­en gab. Heute hat jeder ein Handy und filmt alles, aber das ist oft aus dem Zusammenha­ng gerissen. Man muss die Situatione­n aber immer im Ganzen und die Vorgeschic­hte dazu sehen.“

Dennoch gibt es immer wieder Beschwerde­n. Der Augsburger Polizeispr­echer hat für die Landkreise Donau-Ries und Dillingen Fallzahlen zusammenge­fasst. Dienstaufs­ichtsbesch­werden 2018: 26, 2019: 6, bis 20. Oktober 2020: 14; Strafanzei­gen 2018: 24, 2019: 20, bis 20. Oktober 2020: 28; Jakob: „Diese Zahlen dürfen jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Ebenso relevant ist, ob die geführten Ermittlung­en tatsächlic­h ein Fehlverhal­ten des Beamten belegen.“Dabei sei deutlich festzustel­len, dass dies bei der weitaus größten Anzahl an Dienstaufs­ichtsbesch­werden und Strafanzei­gen nicht der Fall gewesen ist.

Und: Gegenüber diesen niedrigen zweistelli­gen Zahlen, stehen zigtausend­e Einsätze der Polizeibea­mten, die dann kommen, wenn Menschen in Not sind.

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Foto: Christian Kirstges (Symbol) Die Bodycam ist wertvolles Hilfsmitte­l für die Polizeibea­mten, die im Einsatz sind. So kann im Nachgang nachvollzo­gen werden, warum sich wer wie verhalten hat.

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