Wenn man sich gegen die Polizei beschwert
Die Beamten kommen immer dann, wenn die Situation heikel ist. Manchmal kochen Emotionen über – auf beiden Seiten. Beschwerden gibt es auch im Landkreis Dillingen. So wird ihnen nachgegangen
Immer wieder gibt es Beschwerden gegen die Polizei, auch im Landkreis Dillingen. Wie damit verfahren wird.
Landkreis Ein schlimmer Verkehrsunfall. Eine Prügelei vor einer Kneipe. Das Auto wurde angefahren oder das Fahrrad geklaut. Zu laute Musik des Nachbarns. Streitereien, die eskalieren. Kühe, die nachts ausbüxen oder der Ladendieb, der erwischt wird. Pöbelnde Jugendliche oder betrunkene Partygäste. Die Aufzählung kann endlos fortgeführt werden. So unterschiedlich die Beispiele sind, so haben sie eines gemeinsam: In jedem Fall ist die Polizei gefragt. Und wenn die Beamtinnen und Beamten gerufen werden, handelt es sich in der Regel immer um eine Art Notruf. Sei es, weil man selbst etwas angestellt oder man die Rolle des Opfers hat.
Angenehm sind beide Seiten nicht – vor allem nicht, wenn die Polizei kommt. Und wo Mensch auf
Mensch trifft, wird es schnell emotional. Erst recht in Notsituationen. Deshalb kann es auch zum Konflikt zwischen Gesetzeshüter und Bürger kommen – und zu Beschwerden. Über die Polizei.
Das ist nach jedem Einsatz möglich, wie Dillingens Polizeisprecherin Katharina von Rönn bestätigt. Und jeder einzelnen Beschwerde müsse und werde auch nachgegangen. „Wir müssen Rechtssicherheit schaffen und wissen, was wir durchsetzen können und was nicht. Deshalb versuchen wir immer, so transparent wie möglich zu agieren“, sagt die Sprecherin.
Heißt im Klartext: Grundsätzlich habe jeder die Möglichkeit, sich über die Polizei zu beschweren. Und das kann passieren. „Wir schreiten ein, wenn es brisant wird und sich andere nicht trauen. Da kann es zu heiklen Situationen kommen“, sagt von Rönn. Und seit Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich der Diskussionsstoff erhöht. Maskenpflicht, Sperrstunden und Co. machen es für beide Seiten – Polizei und Bürger – nicht einfacher. „Die Menschen sind genervter, was ein Stück weit nachvollziehbar ist“, sagt die Dillinger Polizeisprecherin. Gerade in solchen Situation werde beim Einsatz schnell ausgesprochen, dass man sich über die Polizei beschweren werde, oft folge aber dann nichts mehr.
Wenn doch, dann gibt es eine klare Vorgehensweise, wie Michael Jakob, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, auf Nachfrage erklärt. Im ersten Schritt werde bei Eingang einer Beschwerde im Polizeipräsidium eine Prüfung gemacht, um welche Art von Beschwerde es sich handelt. Ist es eine Dienstaufsichtsbeschwerde, wird eine Beandes persönlichen Verhaltens beziehungsweise die Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung eines Polizeibeamten gemeldet. „In allen Fällen werden Stellungnahmen der Beamten und des Dienstvorgesetzten eingeholt. Der Beschwerdeführer erhält eine Eingangsbestätigung. Nach Prüfung der Stellungnahmen wird die Beschwerde durch das Polizeipräsidium beantwortet“, so Jakob.
Bei einer Fachaufsichtsbeschwerde handelt es sich um Beschwerde über strafprozessuale Maßnahmen. Diese Beschwerden werden zur weiteren Prüfung der jeweiligen polizeilichen Maßnahmen an die Staatsanwaltschaft abgegeben.
Jakob erklärt eine dritte Kategorie: „Strafrechtlich relevante Vorwürfe im Dienst werden stets an das Bayerische Landeskriminalamt zur Ermittlung des Straftatbestands abstandung gegeben. Es ist wichtig, dass derartige Ermittlungen aus Gründen der Transparenz und Neutralität von einer externen Polizeidienststelle geführt werden und nicht im eigenen Polizeiverband bleiben.“
Nicht erfasst sind alle Beschwerden, die nach einem klärenden Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer und den jeweiligen Dienststellenleitungen keine weiteren Maßnahmen nach sich ziehen. In aller Regel, so formulieren es Michael Jakob und die Dillinger Kollegin Katharina von Rönn, sei in derartigen Gesprächen festzustellen, dass die getroffenen polizeilichen Maßnahmen rechtlich korrekt und auch angemessen waren.
Dennoch sei auch dann nicht auszuschließen, dass sich der ein oder andere trotz der Rechtmäßigkeit der Maßnahme unangemessen behandelt fühlt.
Deshalb, so Katharina von Rönn weiter, sei beispielsweise die Einführung
Mehr Diskussionsstoff in Zeiten von Corona
Bodycams sind ein großes Hilfsmittel
der Bodycams ein großes Hilfsmittel für die Polizei gewesen. Sie sagt: „Es ist nachvollziehbar, warum wir wie reagieren. Vor allem, wenn es ein körperliches Einschreiten gab. Heute hat jeder ein Handy und filmt alles, aber das ist oft aus dem Zusammenhang gerissen. Man muss die Situationen aber immer im Ganzen und die Vorgeschichte dazu sehen.“
Dennoch gibt es immer wieder Beschwerden. Der Augsburger Polizeisprecher hat für die Landkreise Donau-Ries und Dillingen Fallzahlen zusammengefasst. Dienstaufsichtsbeschwerden 2018: 26, 2019: 6, bis 20. Oktober 2020: 14; Strafanzeigen 2018: 24, 2019: 20, bis 20. Oktober 2020: 28; Jakob: „Diese Zahlen dürfen jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Ebenso relevant ist, ob die geführten Ermittlungen tatsächlich ein Fehlverhalten des Beamten belegen.“Dabei sei deutlich festzustellen, dass dies bei der weitaus größten Anzahl an Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen nicht der Fall gewesen ist.
Und: Gegenüber diesen niedrigen zweistelligen Zahlen, stehen zigtausende Einsätze der Polizeibeamten, die dann kommen, wenn Menschen in Not sind.