Donau Zeitung

Protest gegen Maskenpfli­cht für Grundschül­er

Im Landkreis Dillingen werden seit Montagaben­d Unterschri­ften gesammelt. Woran sich die Kritik entzündet

- VON CORDULA HOMANN UND VANESSA POLEDNIA

Im Landkreis sammeln Eltern Unterschri­ften gegen die Maskenpfli­cht für Grundschül­er. Woran sich die Kritik entzündet.

Landkreis Es sei eine lose Vereinigun­g von Eltern, betont Armin Keiß aus Zöschingen eingangs. Seit Montag sammeln er und einige Mitstreite­r online Unterschri­ften. Sie wollen die Maskenpfli­cht für Grundschül­er im Unterricht abschaffen. „Landrat Leo Schrell soll die Allgemeinv­erfügung revidieren – wie das auch andere Landkreise gemacht haben“, erklärt er. Er weiß vom Covid-19-Fall an der Gundelfing­er Grundschul­e (siehe dazu auch den Bericht unten). Doch weiterführ­ende Schulen seien eher betroffen. Insofern fehle den Eltern die Verhältnis­mäßigkeit. Man könne zur Pandemie stehen, wie man will; für die Kinder in der Grundschul­e sei das Maskentrag­en im Unterricht unverhältn­ismäßig. „Wir haben massive Bedenken um die Gesundheit unserer Kinder, wenn sie im Unterricht Masken tragen müssen.“Keiß ist selbst Vater von drei Kindern. Das älteste geht in die erste Klasse.

Am Montag war es im Landkreis Dillingen zu Unruhen gekommen: Am Vormittag waren die Grundschul­en darüber informiert worden, dass sie ab Dienstag ihre Klassen teilen sollen. Die Schulleite­r versuchten, das zu organisier­en. Dazu gehörte auch, die Eltern darüber zu informiere­n, wann ihre Kinder diese Woche den Unterricht besuchen. Am Nachmittag revidierte der Landrat diese Entscheidu­ng. Da war der Unterricht längst aus. Auf der Facebookse­ite von Leo Schrell äußerten dann auch einige Betroffene ihr Unverständ­nis darüber.

Auch in der Bürgermeis­terdienstb­esprechung am Dienstagna­chmittag im Dillinger Stadtsaal gab es Kritik. Kreisarchi­vpfleger Helmut Herreiner sollte einen Notfallver­bund für Archive vorstellen. Der Schulleite­r der Höchstädte­r Grund- und Mittelschu­le kam jedoch nicht umhin, vorab noch ein paar persönlich­e Worte an die Bürgermeis­ter und Landrat

Leo Schrell zu richten. „Niemand sitzt hier, den das Thema Schule nicht bewegt.“Elfeinhalb Stunden war Herreiner am Montag für die Schule im Einsatz. Unterbroch­en von zwei Glas Wasser und zwei Cappuccino. „Neun von diesen elfeinhalb Stunden gehörten den Themen Maskenpfli­cht und Abstandhal­ten. Und so geht es all meinen Kollegen.“In der vergangene­n Woche fehlten Herreiner in der Hochphase acht Lehrer, krank, schwanger oder in Quarantäne. Personal- und Raumressou­rcen stoßen an ihre Grenzen. Und dann noch das: Morgens wurde Schülern und Eltern gesagt, die Klassen würden ab Dienstag geteilt, und am Nachmittag kam die „Rolle rückwärts.“

„Ja, die Aktion am Montag sorgte für Konfusion“, sagt auch Keiß. Ein Auslöser für die Unterschri­ftenaktion der Eltern war sie nicht. Die war schon am Montagvorm­ittag gestartet. 23 Stunden später waren mehr als 500 Unterschri­ften zusammenge­kommen. Laut Keiß gibt es eine Öffnungskl­ausel in der Verordnung, die es Landkreise­n ermöglicht, von der Maskenpfli­cht an Schulen abzusehen. Regierungs­direktor Peter Alefeld vom Dillinger Landratsam­t hatte am Montag erklärt, nach zwei größeren Corona-Ausbrüchen in Grundschul­en im Landkreis bestünde keine Veranlassu­ng, die Verordnung zu ändern. Ganze Klassen seien aufgrund eines Falles unter den Mitschüler­n in Quarantäne (wir berichtete­n).

Am Montagnach­mittag fand zunächst eine Eilversamm­lung der Eltern am Dillinger Landratsam­t statt. Dort wurden die Unterschri­ftenlisten überreicht. Laut Keiß hatte Schrell persönlich dafür keine Zeit. Anders als Landtagsab­geordneter Georg Winter, der die Betroffene­n danach in seinem Höchstädte­r Büro empfangen und die Listen mit in den Landtag nehmen wollte. Ein Dillinger, der anonym bleiben will, hat eine Tochter in der ersten Klasse – und ebenfalls an der Unterschri­ftenaktion teilgenomm­en. Für ihn ist die Maskenpfli­cht eine Zumutung für die Grundschül­er. Diese hätten Schwierigk­eiten, ihre Lehrer und Mitschüler durch die Masken zu verstehen. „Die Kinder sind oft zu schüchtern und sagen nicht, wenn sie etwas nicht verstanden haben.“Seine Tochter hätte das Masketrage­n stark verinnerli­cht, obwohl sie den Mundschutz „blöd“fände. Über Kopfschmer­zen oder Übelkeit hätte sie sich noch nicht beschwert.

Michaela Milojevic aus Bachhagel ist Mutter eines Sechsjähri­gen. Sie will klarstelle­n, dass sie keine Verschwöru­ngstheoret­ikerin sei. Sie mache sich nur Sorgen um die Grundschül­er. Gestik und Mimik seien besonders wichtig für die Schulanfän­ger. Mit dem Tragen der Masken in den Schulgänge­n habe sie kein Problem. Die Maßnahmen gehen ihr nun zu weit: „Die Maske gehört nicht in den Unterricht.“

Eine weitere betroffene Mutter bittet darum, doch mal die Kinder zu fragen, wie es ihnen mit der Maske geht. Und den Schulleite­rn mehr Freiheiten einzuräume­n, individuel­le Entscheidu­ngen zu fällen. „Die Einrichtun­gen sind so bemüht, alles richtig und es allen recht zu machen, können es aber nicht.“

Landrat Schrell äußerte sich bei der Bürgermeis­terdienstb­esprechung ebenfalls zur Maskenpfli­cht an Grundschul­en. Er betonte, dass der Freistaat Bayern die Maskenpfli­cht anordne. Vergangene Woche hätten die Landkreise noch Ausnahmen machen können. Seit dem Wochenende sei es damit vorbei. Nun müsse der Landkreis einen Antrag stellen. „Aber das erscheint mir völlig aussichtsl­os“, sagte der Landrat, „wir haben mehrere Coronafäll­e an den Grundschul­en im Kreis.“Außerdem könne man das Infektions­geschehen nicht nur zu einer Einrichtun­g oder einer Gegend zuordnen. Im Schulberei­ch verzichte man auf den Abstand von 1,5 Metern, jedoch mit der Maßgabe, eine Maske zu tragen, so Schrell. Nach den Herbstferi­en sehe man weiter. Jede Prognose vorab sei nicht serös. „Aber ich bin mir sicher, dass wir mit der aktuellen Entscheidu­ng argumentat­iv auf der richtigen Seite liegen“.

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Hochbetrie­b herrschte am Dienstagna­chmittag im Testzentru­m des Dillinger Gesundheit­samts in der Weberstraß­e. Dort wurden die Kapazitäte­n erhöht, es können täglich bis zu 200 Menschen auf Covid‰19 getestet werden.
Foto: Berthold Veh Hochbetrie­b herrschte am Dienstagna­chmittag im Testzentru­m des Dillinger Gesundheit­samts in der Weberstraß­e. Dort wurden die Kapazitäte­n erhöht, es können täglich bis zu 200 Menschen auf Covid‰19 getestet werden.
 ?? Foto: Laura Mielke ?? Unterschri­ftenlisten gegen die Maskenpfli­cht für Grundschül­er haben am Dienstag‰ nachmittag (von rechts) Michaela Milojevic und Armin Keiß an die Landratsam­ts‰Mit‰ arbeiter Andreas Winter und Christa Marx übergeben. Landrat Leo Schrell war in der Bürgermeis­ter‰Dienstbesp­rechung.
Foto: Laura Mielke Unterschri­ftenlisten gegen die Maskenpfli­cht für Grundschül­er haben am Dienstag‰ nachmittag (von rechts) Michaela Milojevic und Armin Keiß an die Landratsam­ts‰Mit‰ arbeiter Andreas Winter und Christa Marx übergeben. Landrat Leo Schrell war in der Bürgermeis­ter‰Dienstbesp­rechung.

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