Neue Strategie muss her
Die Gesundheitsämter arbeiten über ihrem Limit. Die Mitarbeiter betreiben einen Riesenaufwand, um alle Kontaktpersonen eines Infizierten zu erreichen und zum Test zu bitten. Sie werden trotzdem nicht schneller als das Virus sein. In Bayern gab es zuletzt mehr als 2000 neu gemeldete Corona-Fälle an einem Tag – macht zehntausende Kontaktpersonen. Es ist unmöglich, sie alle rechtzeitig ans Telefon zu kriegen. Deswegen sollten die Regierung und das beratende Robert-Koch-Institut dringend über einen Strategiewechsel nachdenken.
Auf lange Sicht können sich die Ämter nicht mehr auf jeden einzelnen Infizierten konzentrieren. Dafür müssen die sogenannten Infektions-Cluster mehr in den Fokus rücken – also Geschehnisse, bei denen sich voraussichtlich viele Menschen angesteckt haben. Die Gesundheitsämter müssen weg von der Frage „Wen könnte ein Infizierter angesteckt haben?“und hin zur Frage „Wo könnte sich ein Infizierter angesteckt haben?“
Nicht nur die führenden Epidemiologen der Johns-Hopkins-Universität und der deutsche Virologe Christian Drosten empfehlen, vorrangig nach diesen Clustern zu suchen. Denn statistisch gibt der größte Teil der Infizierten das Virus an gar keine oder nur eine Person weiter. Gleichzeitig hat man einige wenige, die überdurchschnittlich viele andere anstecken – zum Beispiel auf Familienfesten, in engen Cafés oder im Büro ohne ausreichend Mindestabstand. Hat sich ein Infizierter an einem solchen Infektionsherd aufgehalten, könnte man vorsorglich auch alle anderen, die dort waren, in Quarantäne schicken – und so den Vorsprung des Virus vielleicht zumindest ein Stück weit verringern.