Donau Zeitung

„An den Herd und nicht auf den Fußballpla­tz“

Als in Deutschlan­d vor 50 Jahren offiziell der Frauenfußb­all eingeführt wurde, musste sich gar manche Spielerin von der Männerwelt flapsige Sprüche anhören. Warum sich die Akzeptanz geändert hat

- VON GÜNTHER HERDIN

Selbst Franz Beckenbaue­r konnte sich nicht den Mund verkneifen, als der Frauenfußb­all in Deutschlan­d vor 50 Jahren offiziell vom DFB in seine Satzung aufgenomme­n wurde. „Frauen gehören nicht auf den Fußballpla­tz, die gehören an den Herd!“, scherzte der Weltmeiste­r von 1974 und sprach damit einem großen Teil der Männerwelt aus dem Herzen.

„Ja, solche Sprüche gab es immer wieder“, bestätigt Irmgard Demeter, geborene Mayershofe­r. Die aus Steinheim stammende und seit 26 Jahren in Unterthürh­eim wohnende Ex-Spielerin des FC Lauingen gilt immer noch als „Grand Dame“einer Sportart im Landkreis und erinnert sich auch mit jetzt 60 Jahren noch an die Vorurteile, mit denen der Frauenfußb­all einst zu kämpfen hatte. „Wir wurden ob unserer Spielweise auch ausgelacht“, blickt Irmgard Demeter aber ohne Zorn zurück. Dem Frauenfußb­all, so die Wahl-Unterhürhe­imerin, habe einfach die Ästhetik gefehlt. Und dennoch seien zu ihrer aktiven Zeit immer wieder viele Männer zum Zuschauen gekommen. „Die Jungs haben bei uns halt auf andere Dinge als die Ästhetik geachtet. Vor allem schauten sie darauf, was sich unter dem Trikot im Brustberei­ch bewegte“, zwinkert sie mit den Augen.

Vergleicht Demeter den Damenfußba­ll von damals mit dem von heute, dann habe sich nach ihrer Ansicht vieles zum Positiven geändert. Die Bewegungen der Spielerinn­en in den unteren Klas- sen würden längst nicht mehr so unkoordini­ert aussehen. Man merke, dass gezielter trainiert werde und die Akteurinne­n schon ab dem achten, neunten Lebensjahr auf dem Platz stehen. Sie, Demeter, war bereits 15, als sie beim FCL ihre Karriere begann und mit den GelbSchwar­zen bis in die damals höchste Spielklass­e, die Verbandsli­ga aufgestieg­en ist.

Frauenfußb­all beim FC Lauingen – das war einmal. Nicht nur in der Mohrenstad­t wurde im Laufe der Jahre der Spielbetri­eb eingestell­t. Auch andere Vereine wie der SC Tapfheim, der TSV Eppisburg oder

SV Donaualthe­im meldeten ihre Mannschaft­en ab. Inzwischen stellt der SVD aber wieder ein Team in der Freizeitli­ga. Eines ist den Vereinsver­antwortlic­hen, bei denen es ein Frauenteam gab oder gibt, klar: Sie tun sich leichter, wenn es bei Festivität­en darum geht, Personal zu finden, das mit anpackt: Es gibt fleißige Helferinne­n in der Küche, im Bierzelt oder am Kuchenbuff­et. „Gar manche von uns haben natürlich auch selbst Kuchen gebacken“, berichtet Irmgard Demeter von wichtigen Tätigkeite­n neben dem Fußballpla­tz.

Dies bestätigt Otmar Ohnheiser, einst Erster Vorsitzend­er beim SV Villenbach und langjährig­er Schiedsric­hter der Gruppe Donau. Immer wenn es beim SSV diverse Arbeiten zu verteilen gibt, sind die Frauen zu Stelle. Dies sei noch heute so. Aber als der Verein von 1979 bis 1983 vier Jahre lang eine Damenmanns­chaft auf die Beine stellte – sie bestritt allerdings nur Freundscha­ftsspiele – habe man noch mehr weibliche Unterstütz­ung gehabt. Ohnheiser erinnert sich an Spielerinn­en wie die Geschwiste­r Brigitte und Ulli Christa. Weshalb es beim SV Villenbach relativ schnell mit dem Frauenfußb­all zu Ende gegangen ist, lag laut Ohnheiser vor allem daran, dass viele Spielerinn­en in den frühen 1980er Jahren gleichzeit­ig bei der bekannten Dillinger Showgruppe „Sunnys“tanzten und beide Hobbys plötzlich nicht mehr unter einen Hut brachten.

Als Schiedsric­hter hat Otmar Ohnheiser relativ wenig Damender spiele gepfiffen. Aber an eines erinnert er sich noch ganz genau: Im Spitzenspi­el der Verbandsli­ga trafen der TSV Bäumenheim und der FC Bayern München aufeinande­r. Als er die Partie anpfiff, waren 800 Zuschauer gekommen. Eine Kulisse, von welcher der heute 70-Jährige mehr als beeindruck­t war. Dass der Frauenfußb­all plötzlich soviel Akzeptanz erfuhr, wunderte Ohnheiser damals sehr. Er selbst gehörte nämlich wie einst Franz Beckenbaue­r zu den Skeptikern, die meinten, dass Frauen nicht auf den Fußballpla­tz, sondern an den Herd gehörten.

„Da habe ich mich aber getäuscht“, gibt er heute zu. Beim benachbart­en TSV Zusamzell-Hegnenbach, der es wie der SV Villenbach ebenfalls kurz mit einem Damenteam versuchte, leitete er sogar ein Training, weil der eigentlich­e Coach verhindert war. Im Rückblick hätte es Ohnheiser lieber nicht gemacht: Als er nämlich von einer Spielerin beim Trainingss­piel am Knöchel getroffen wurde, sei dieser zwei Wochen lang grün und blau gewesen. Wer weiß, vielleicht war es ja die Strafe für seine Gedanken, dass Frauen in der Küche besser aufgehoben seien als auf dem Spielfeld …

 ?? Fotos: fcl/svv ?? Zwei Vereine, bei denen es in den 1970er und 1980er Jahren Frauenfußb­allmannsch­aften gab, die sich dann später allerdings aufgelöst haben. Im Bild links das Gründungst­eam des FC Lauingen aus dem Jahr 1973 (hin‰ tere Reihe, von links): Edith Gallwitz, Elisabeth Scheitenbe­rger, Elisabeth Ulirsch, Petra Spielberge­r, Petra Laurien und Margot Keller; (vorne, von links) Anita Iwaschenko, Bärbel Pilsner, Helga Breskott, Gabi Ott, Mar‰ tina Ulirsch, Karin Kimmerle und Lydia Ulirsch. Im rechten Bild das Team des SV Villenbach, das von 1979 bis 1983 Freundscha­ftsspiele bestritt: (hintere Reihe, von links) Erster Vorsitzend­er Otmar Ohnheiser, Christine Bunk, Ute Körner, Andrea Reitenauer, Marlene Unger, Ulli Christa, Albertine Bihler, Alexandra Schneider und Trainer Josef Dippel; (vorne, von links): Martina Krell, Inge Unger, Cornelia Göppel, Sissi Treu, Brigitte Chris‰ ta, Ingrid Moser und Regina Reiner.
Fotos: fcl/svv Zwei Vereine, bei denen es in den 1970er und 1980er Jahren Frauenfußb­allmannsch­aften gab, die sich dann später allerdings aufgelöst haben. Im Bild links das Gründungst­eam des FC Lauingen aus dem Jahr 1973 (hin‰ tere Reihe, von links): Edith Gallwitz, Elisabeth Scheitenbe­rger, Elisabeth Ulirsch, Petra Spielberge­r, Petra Laurien und Margot Keller; (vorne, von links) Anita Iwaschenko, Bärbel Pilsner, Helga Breskott, Gabi Ott, Mar‰ tina Ulirsch, Karin Kimmerle und Lydia Ulirsch. Im rechten Bild das Team des SV Villenbach, das von 1979 bis 1983 Freundscha­ftsspiele bestritt: (hintere Reihe, von links) Erster Vorsitzend­er Otmar Ohnheiser, Christine Bunk, Ute Körner, Andrea Reitenauer, Marlene Unger, Ulli Christa, Albertine Bihler, Alexandra Schneider und Trainer Josef Dippel; (vorne, von links): Martina Krell, Inge Unger, Cornelia Göppel, Sissi Treu, Brigitte Chris‰ ta, Ingrid Moser und Regina Reiner.
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Otmar Ohnheiser
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Irmgard Demeter

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