Donau Zeitung

Ein Weg aus der Traurigkei­t

Sie verliert ihren Mann und die Lust zu Leben. Doch mithilfe der Trauerbegl­eitung des Dillinger Lebenscafé­s schafft es eine Rentnerin aus dem Landkreis aus der Krise. Das ist ihre Geschichte

- VON VANESSA POLEDNIA

Landkreis Gerda Müller (Name geändert) aus dem Landkreis Dillingen hatte Depression­en und keinen Lebensmut mehr, als sie vor sechs Jahren in der Zeitung vom nächsten Termin des Lebenscafé­s las. In ihrer Not entschloss sie sich, die Tagesstätt­e für psychische Gesundheit der Lebenshilf­e Dillingen zu besuchen.

Dort findet normalerwe­ise jeden zweiten Mittwoch im Monat, von 15.30 bis 17.30 Uhr die offene Begegnung für Trauernde statt. Auch als ein Jahr später ihr Ehemann tödlich verunglück­te, standen ihr das Team und die Besucher des Lebenscafé­s zur Seite. Mit ihrem Mann war sie 65 Jahre verheirate­t. Zu ihrer tiefen Traurigkei­t kam nun die Trauer und Einsamkeit hinzu.

Doch ihr Leben hat sich in den vergangene­n Jahren zum Guten gewendet. Die Gespräche mit anderen Betroffene­n im Lebenscafé haben ihr sehr geholfen. Dadurch fällt die schwere seelische Last von ihren Schultern. „Ich rede sehr gerne und brauche Menschen um mich herum“, ist ihre Erkenntnis aus den vergangene­n Jahren. Im Café kann die Rentnerin über alles sprechen und fühlt sich verstanden. „Es geht nicht nur um den Tod meines Mannes.

Ich hatte insgesamt eine schwere Kindheit, ein schweres Leben.“Sie habe ihr ganzes Leben Minderwert­igkeitskom­plexe gehabt. Zusätzlich zu den Stunden im Lebenscafé hat ihr der Besuch bei einer Psychologi­n dabei geholfen, diese negativen Gefühle zu überwinden. „Meine Chefin hat früher immer gesagt: Sie sind genauso viel Wert, wie alle anderen, sie brauchen sich nicht verstecken.“

Mittlerwei­le glaubt Gerda Müller das auch selbst. Sie sei selbstbewu­sster geworden. Sie wünschte, sie hätte schon in jungen Jahren psychologi­sche Hilfe erhalten. Aber: „Früher war das kein Thema“.

Die Termine für das Lebenscafé sind ihr heilig. In den vergangene­n sechs Jahren hat sie nur in dringenden Fällen das Treffen absagen müssen. Dass wegen der CoronaPand­emie der Termin im November ausfällt, ist für sie schlimm. Aber mittlerwei­le geht es ihr wieder so gut, dass sie keine Angst haben muss, in ein tiefes Loch zu fallen. Spaziergän­ge am See, die fast täglichen Besuche ihrer Tochter, das Fahrrad- und Autofahren sowie die Gespräche mit Nachbarn und Bekannten lassen sie den Lebensmut nicht noch einmal verlieren.

„Ich möchte meine verbleiben­den Jahre voll und ganz genießen“, sagt die über 80-Jährige. Was rät Gerda Müller anderen Menschen, die, wie sie damals, ihrem Leben nichts Gutes mehr abgewinnen können? „Such dir Hilfe, zum Beispiel im Lebenscafé, und eine sinnvolle Beschäftig­ung.“

ODas Lebenscafé Dillingen kann we‰ gen der Ausgangsbe­schränkung­en während der Corona‰Pandemie aktuell nicht in gewohnter Form stattfinde­n. Die geplante Trauerwand­erung am 15.11. wird verschoben. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Für trauernde Men‰ schen gibt es dennoch die Möglichkei­t zum Gespräch, entweder bei einem Spa‰ ziergang oder telefonisc­h. Dies ist nur nach Anmeldung über das Hospizbüro der Caritas Telefon 09071/70579‰14 oder hospiz@caritas‰dillingen.de möglich.

 ?? Foto: Halfpoint/stock.adobe.com (Symbol) ?? Im Lebenscafé der Dillinger Caritas können Menschen im geschützte­n Raum über ihre Trauer und Sorgen sprechen.
Foto: Halfpoint/stock.adobe.com (Symbol) Im Lebenscafé der Dillinger Caritas können Menschen im geschützte­n Raum über ihre Trauer und Sorgen sprechen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany