„Bleib’ negativ und denk’ positiv“
Lockdown, Nebel, … wo bleibt die gute Laune? Experten aus dem Landkreis geben Tipps gegen das Stimmungstief
Landkreis Die Freunde in Quarantäne, die Familie weit weg, Vereine, Kino, Kultur unter Corona-Bestimmungen vergraben. Und kein Sommer in Sicht. Wir haben uns gefragt: Wer kann da noch gut gelaunt sein? Was unsere Experten sagen:
● Der Humortherapeut Markus Proske sagt: „Ich persönlich lasse mich von folgendem Gedicht von Paul Heyse leiten:
Trag muntern Herzens deine Last Und übe fleißig dich im Lachen. Wenn du an dir nicht Freude hast, Die Welt wird dir nicht
Freude machen.“Außerdem weist der Buchautor daraufhin, wie wichtig Haltung ist: Es sei erwiesen, dass unser äußeres Erscheinungsbild einen großen Einfluss auf unsere emotionale Lage hat. Sein Tipp: „Gehen Sie aufrecht, mit erhobenem Kopf und einem Lächeln in den Tag, dann wird das eine starke positive Wirkung auf ihre Emotion haben.“Hängende Schultern und ein Sieben-Tage-Regen-Gesicht wird die Emotion eher in das Negative abgleiten lassen. Hilfreich sei es, die positiven Augenblicke des Tages zu zählen: „Stecken sie in eine Hosentasche ein paar Kieselsteine oder EinCent-Münzen. Immer, wenn Ihnen während des Tages etwas Schönes, Nettes oder Angenehmes passiert, nehmen Sie einen Stein oder Münze und legen diese in die andere Hosentasche. Sie werden erstaunt sein, wie viele schöne Augenblicke während des Tages passieren. Man muss sich dessen manchmal wieder bewusst werden.“
● Die Influencerin „Gute Laune trotz Lockdown. Schwierig, aber klappt“sagt Carina Hämmerle, die als Kinda Kiri in den sozialen Netzwerken erfolgreich ist. „Ich lerne durch meine Zeit im Lockdown sehr, meine Familie zu schätzen und freue mich jetzt immer noch mehr sie zu sehen. Außerdem entschleunigt der Lockdown mein Leben. Endlich hab ich mehr Zeit für mich und meine Hobbys. Ich gehe wieder mehr Tanzen und tobe mich auf Youtube aus. Ich lerne, Zeit mit mir selbst zu genießen und lasse den normalerweise üblichen Alltagsstress beiseite. Es war noch nie so einfach Menschenleben zu retten.“
● Die Freudemacherin Inge GreinFeil schuf den Verein „Freunde schaffen Freude“. Sie und ihr Mann überlegen sich täglich, wie sie mit ihren Lieblingstalenten anderen Menschen Freude bereiten können. „Das wiederum tut auch uns gut.“So grüßen die beiden täglich mit einem humorvollen Video über Youtube. Außerdem verschickt das Ehepaar Feil persönliche Briefe, teils samt Blumengruß. So pflegt es Kontakte zu Menschen, besonders in Alten- und Pflegeeinrichtungen. „Da jeder von uns die verschiedensten Talente hat, ermöglicht die Corona-Zwangspause, dass wir damit Freude bereiten können, sei es mit einem selbst gekochten Essen oder Kuchen als Geschenk, selbst gestrickten Socken, einem ausgiebigen Telefongespräch und/oder ... einem gemeinsamen Spaziergang mit Abstand.“
● Die Köchinnen Bettina Stadler vom Amt für Ernährung in Wertingen meint, nicht nur Essen könnte glücklich machen, sondern auch: Die Wohnung schön dekorieren, am besten mit Naturmaterialien, verbunden mit Düften aus der Natur etwa Tannengrün, Moos … oder Kerzen in warmen Farben (rot, dunkelgelb, dunkelgrün, braun) kaufen und anzünden (aber nicht alleine brennen lassen), oder mit der Familie kochen und backen, oder lange spazieren gehen und es sich dann mit einer Tasse Früchtepunsch auf dem Sofa gemütlich machen. Das Rezept liefert sie gleich mit: Alkoholfreier Punsch (Glühwein):
1 l Wasser Früchtetee(-beutel)
1 l Traubensaft
1 l Apfelsaft
Saft von 2 Zitronen
Saft von 1 Orange
1 - 2 TL Honig (sparsam!)
4 - 6 Nelken
1 - 2 Stangen Zimt
1 Pr. Muskatnuss
(abger. Schale ½ Zitrone)
Tee kochen, Säfte und Gewürze zugeben, erhitzen, nicht kochen; zehn Minuten ziehen lassen; abseihen bzw. Gewürze entfernen.
Stadlers Kollegin Monika Weber hat einen Tipp für Naschkatzen. Weber ist Fachlehrerin für Küchenpraxis an der Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft in Wertingen. Sie weiß: Das Problem im Homeoffice ist kein geregelter Tagesablauf und der Kühlschrank steht immer in greifbarer Nähe. Da greift
schnell zu süßen Seelentröstern. „Die guten Vorsätze, gesund und vollwertig zu essen, sind da oft schnell vergessen.“Stattdessen empfiehlt sie gesundes, selbst gemachtes Granola: Je nach Wunsch wird es mit frischem Obst und Joghurt oder Quark gemischt oder einfach so geknuspert.
Granola (für Vorratshaltung geeignet)
300 g kernige Haferflocken
75 g Haselnüsse
75 g Mandeln
75 g Sonnenblumenkerne
30 g Kokoschips
200 g Honig
1 TL Zimt
Mandeln und Haselnüsse grob hacken, alle Zutaten (außer Kokoschips) vermischen, auf ein tiefes Backblech geben; bei 175˚C Umluft 20-25 Minuten backen, dazwischen öfter umrühren, Kokoschips nach der halben Backzeit zugeben. Nicht zu dunkel werden lassen. Hält mehrere Wochen in einem Glas oder Dose.
● Der Heimatdichter Gerhard Burghard in Unterthürheim hat unzählige Gedichte geschrieben. Von ihm stammt auch der Spruch in unserer Überschrift. Auf die Bitte nach einem Humorvollen für diese Zeit hat er sofort eines parat.
Schattenboxen (empfehlenswert für Olympische Spiele in Zeiten von Pandemien): Sie hau’n beim Boxen auf die Stirn
da sterben Teile vom Gehirn bis Sie dann einen Schatten haben. Wär’s da nicht gut zu hinterfragen,
dass körperfreies Schattenboxen nie Menschen macht zu blöden Oxn Bei diesem Spiel wird Gott sei Dank,
gar nie ein Spieler viruskrank und jeder Spieler ist heilfroh, denn
dieses Spiel kennt kein k.O. Ob hier, ob dort, ob Übersee – dieses
Spiel ist stets ok.
● Die Jugend Die 19-jährige Svenja Wecker aus Gundremmingen liest viel und geht joggen. „Was mir auch sehr viel Spaß macht, ist das Vorbereiten und Durchführen von OnlineTrainings“, sagt sie. Bei ihrem Sportverein, dem SpVgg Gundremmingen kann zur Zeit zwar nicht in der Halle geturnt werden, das gemeinsame Training wird aber online weitergeführt. „Das bringt auch Abwechslung in den Alltag“, erzählt die Turntrainerin. Abends holt sie sich manchmal Essen von verschiedenen Restaurants. „Das macht Spaß, finde ich. Sich einfach mal durch alles durchprobieren, egal ob deutsch, mexikanisch oder asiatisch.“
Die Dillingerin Anna Schneider hat die Wochen ohne Präsenzunterricht nicht als verloren gesehen, sondern genutzt, um Defizite in einzelnen Fächern aufzuholen. „Ansonsten schaue ich viele Serien oder lese.“Die 17-Jährige ist zudem mit ihrem Pferd unterwegs oder unternimmt Fahrradausflüge. „Ich genieße einfach „die Zeit ohne Stress und viele Verpflichtungen“.
● Der Sozialpädagoge Herbert Hartmann arbeitet beim sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas. Er sagt: „Die jahreszeitlichen und durch Corona bedingten Umstände bedeuten schlichtweg Stress.“Wichtig sei es, körperliche Anspannung zu lösen und innere Unruhe und Nervosität zu dämpfen; für Ausgleich zu sorgen, um langfristig negative Stressfolgen zu vermeiden oder zu lindern; Straman tegien zu verfolgen, die dazu dienen, die eigene Widerstandskraft gegenüber Belastungen zu erhalten und neue Energien aufzubauen. Deswegen rät Hartmann zu täglicher Bewegung draußen. Wer auch an trüben Tagen das Haus verlässt, tanke Tageslicht, verbessere die allgemeine psychische Gesundheit und die Sehkraft. Feste Zeiten für Aufstehen, Schlafen und Essen seien ebenfalls sehr wichtig. Soziale Kontakte sollte man pflegen. Hartmann erinnert: „Ein persönliches Gespräch ist nach wie vor, natürlich unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln, nicht verboten und immer möglich.“
Eine neue Fertigkeit zu lernen setze körpereigene Endorphine frei, die wiederum für gute Laune sorgen. Hartmann betont, dass jeder Mensch die Fähigkeit hat, körperlich zu entspannen und abzuschalten. Regelmäßige Übung (progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training) würden die Entspannungsfähigkeit so weit verbessern, dass sie in oder auch vor schwierigen Situationen gewinnbringend eingesetzt werden kann. „Hervorragende Anleitungen dafür gibt es im Internet.“
Wem das alles nicht hilft, der sollte sich laut Hartmann nicht scheuen, andere Menschen oder Institutionen wie die Caritas in Dillingen um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Der Sozialpsychiatrische Dienst der Caritas bietet regelmäßige persönliche und telefonische Beratungstermine an. Auf Wunsch auch als „Walkand-Talk“-Termin im Freien. Telefon 09071/70579-23, E-Mail spdi@caritas-dillingen.de.