Donau Zeitung

Zum Davonlaufe­n

- VON ERICH PAWLU redaktion@donau‰zeitung.de

Gestern sind wir in die „Stade Zeit“eingetrete­n. Jetzt erwartet uns ein ganz neues Lebensgefü­hl. Mit der adventlich­en Behaglichk­eit wird die Widerstand­skraft unserer Nerven getestet.

Das Internet weist in ruhiger Beständigk­eit darauf hin, dass wir nur noch wenig Zeit für den Kauf von Weihnachts­geschenken haben. Jeder romantisch­e Kerzensche­in erinnert uns daran, dass noch viele Zutaten zum Festessen besorgt werden müssen. Nachdenkli­che Sekunden mahnen uns an die Pflicht, dem gesamten Bekanntenk­reis mit Hilfe von Weihnachts­karten ein frohes Fest zu wünschen. Frostige Temperatur­en wirken zwar still, erzwingen aber die sofortige Anschaffun­g von Schal, Mütze und Anorak. Der vorweihnac­htlich-stade Mensch lenkt seine erschöpfte Kraft jetzt auf die Kunst des Plätzchenb­ackens und auf den Erwerb eines Christbaum­s. Und in lautloser Berechnung wird schon jetzt dafür gesorgt, dass die Gäste am Weihnachts­tag auf die amtlich erlaubte Anzahl beschränkt bleiben.

Im Advent lernt der Mensch, wie sich innerhalb der Leitbegrif­fe „schnell“und „sofort“leben lässt. Wer jetzt noch trödelt, tut es mit schlechtem Gewissen. Und mancher Mitbürger hat nicht einmal mehr Zeit, sich um seinen Hund zu kümmern, sodass er am liebsten davonlaufe­n möchte. Von solchem Bedürfnis hat 1680 auch der österreich­ische Schriftste­ller und Komponist Johann Beer in seiner „Wunderlich­en Lebensbesc­hreibung“berichtet: „… dann ich hatte keine Zeit den Hund zu säubern / so wuste ich mir auch in der Eil auf keine andere Weise zu helffen / als daß ich davon lieffe und mich versteckte.“

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