Düstere Prognosen
Der Klimawandel ist längst Realität. Auch in Bayern kann man die Folgen schon spüren: mehr Hitze, Trockenheit, Starkregen. Viel spricht dafür, dass sich die Lage noch verschlimmert
München Ohne wirksame Klimaschutzmaßnahmen droht Bayern bis zum Jahr 2100 ein Anstieg der Durchschnittstemperatur von bis zu 4,8 Grad Celsius. Zu diesem Ergebnis kommt der am Mittwoch in München vorgestellte Klima-Report 2021. Dieser schreibt den Report aus dem Jahr 2015 fort, er ging für Bayern allerdings noch von einem Anstieg der Maximaltemperatur von bis zu 4,5 Grad Celsius aus.
Die gute Nachricht des Reports lautet: Der Klimawandel kann noch abgemildert werden. Sollte das Pariser Klimaabkommen weltweit erfolgreich umgesetzt werden, würde die Temperatur in Bayern spätestens ab 2050 nicht mehr nennenswert steigen. Im Mittel sagen die Experten dann ein Plus von 1,1 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts voraus. Ohne Gegenmaßnahmen prophezeit der Report, dass sich die Gesamtregenmenge in Zukunft kaum ändert, Niederschläge aber zeitlich nicht mehr so gleichmäßig verteilt fallen. Dadurch drohen – wie in den vergangenen Jahren – längere Trockenperioden sowie häufigere und intensivere Starkregenereignisse mit Hochwasser und einer Abschwemmung der Böden.
Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sieht im Report eine Bestätigung für das Ziel, den Freistaat bis spätestens 2050 klimaneutral aufzustellen: „Wir sind herausgefordert, das Thema mit ganzer Kraft anzugehen. Der Klimareport lässt aufhorchen.“Die neue Dynamik des Wandels beunruhige ihn. Denn zur Wahrheit gehöre, dass der Lebensstil mit hohen CO2-Emissionen in Deutschland und auch in Bayern ein wichtiger Faktor für den Klimawandel sei.
Als Reaktion auf die neue Dynamik müssten die Klimaschutz-Ziele in Bayern nochmals „nach oben geschraubt werden“, betonte Umweltminister Glauber und kündigte ein Klima-Paket II an. Bayern werde künftig seine Klimaziele analog zum Bund weiter nach oben korrigieren. Noch immer gebe es Menschen, die den Klimawandel leugnen, sagte Glauber. Hier würden die Fakten aber eine klare Sprache sprechen. Jedes Jahr, in dem nicht gegengesteuert werde, verschärfe die
Herausforderung Generationen.
Ebenfalls zur Wahrheit in Sachen Klimaschutz in Bayern gehört: Das im vergangenen Jahr von CSU und Freien Wählern durch den Landtag gebrachte bayerische Klimaschutzgesetz verzichtet auf klar definierte Verbote zur Reduzierung der Emissionen des Klimakillers Kohlendioxid. Zur Erreichung des Ziels, Klimaneutralität bis 2050, setzt es auf die freiwillige Umsetzung eines 96 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalogs, der etwa eine massive Aufforstung oder den Schutz von Mooren umfasst. Kritiker sehen das Gesetz daher als nutzlos an.
Die Opposition im Landtag reagierte alarmiert auf die neuen Klimaprognosen. SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn sprach von einer „Horror-Prognose“, die das „klimapolitische Totalversagen“der Staatsregierung offenlege. Auch Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann warf der Regierung Versagen vor. CSU und Freie Wähler würden ihre Vorbildfunktion nicht annehmen. „Es werden weiter Wälder im staatlichen Besitz für Gewerbegebiete gerodet, Moore werden trockengelegt, auf den Schuldächern für kommende und anderen öffentlichen Gebäuden haben wir weiter keine Photovoltaikanlagen – dieser Versäumnisbericht ließe sich endlos fortsetzen.“Der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Skutella, forderte finanzielle Hilfen für die Kommunen, damit diese sich auf die Klimaveränderungen vorbereiten könnten. Zugleich müsse Bayern sich international mehr engagieren. „Herzkammer der Klimaneutralität ist die dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien“, sagte Glauber.
Tobias Fuchs, Leiter des Geschäftsbereichs Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes, betonte, dass die vergangenen drei Jahre deutlich zu trocken gewesen seien, zugleich wurden Hitzerekorde registriert. „Für die Zukunft sind die Niederschlagsmengen mit ihren Auswirkungen entscheidend.“In der Folge sei mit einer Zunahme von Extremereignissen wie die Sturzflut in Simbach am Inn 2016 oder wie die Dauerschneefälle 2019 zu rechnen. Klar sei , dass im Winter Skifahren nur noch in Höhenlagen möglich sein werde. Marco Hadem, dpa Lesen Sie dazu auch den auf der ersten Bayern-Seite.
Glauber: Die Fakten sprechen eine klare Sprache