Schwabens SPD setzt auf Christoph Schmid
Bei der virtuellen Delegiertenkonferenz des Bezirksverbandes kommt der Alerheimer Bürgermeister bei den Männern auf Platz eins. Der Illertisser Verteidigungsexperte Karl-Heinz Brunner hat das Nachsehen
Nördlingen Christoph Schmid galt schon seit längerer Zeit als Hoffnungsträger der schwäbischen SPD, wenn es darum ging, einen Generationswechsel bei den Mandatsträgern in Bund und Land herbeizuführen. Am Wochenende hat der 44-jährige Politikwissenschaftler und Alerheimer Bürgermeister seine Chancen deutlich verbessert, für die kommende Bundestagswahl einen aussichtsreicheren Platz auf der Bayern-Liste zu erreichen: Bei einer virtuellen Delegiertenkonferenz des Bezirksverbandes wurde Schmid auf den ersten Männerplatz bei den Bewerbern gewählt. Er hatte sich gegen den amtierenden Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Brunner aus dem Wahlkreis Neu-Ulm in einer Kampfabstimmung mit 66 zu 27 Stimmen bei drei Enthaltungen klar durchgesetzt. Auf Platz eins bei den Frauen steht die Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr (Augsburg).
Schmid, der Sozialdemokrat aus dem Ries, der auch Vorsitzender des
Donau-Ries ist, rechnet auf der Bayern-Liste mit einer Platzierung unter den ersten 16 Kandidaten. Diese wird am 13. März bei einem Präsenzparteitag in Schwabach verabschiedet.
Der 67-jährige Brunner war unter anderem Bürgermeister von Illertissen. Seine Laufbahn endete vor knapp 20 Jahren: 2002 unterlag er nach zwölf Jahren im Bürgermeisteramt bei den Kommunalwahlen Herausfordererin Marita Kaiser. Brunner blieb als Kreisrat des Landkreises Neu-Ulm der Politik verbunden, arbeitete im Hauptberuf als selbstständiger Rechtsberater. Sein Weg in den Bundestag verlief danach alles andere als geradlinig: 2009 trat er erstmals als Direktkandidat für den Wahlkreis Neu-Ulm an – noch ohne Erfolg. 2013 gelang ihm der Einzug ins Parlament über die Landesliste der SPD, 2017 wurde er wiedergewählt. Als vor zwei Jahren die Bundes-SPD einen neuen Vorsitzenden suchte, warf Brunner überraschend als einziger EinzelKandidat seinen Hut in den Ring. Dass er tatsächlich zum Vorsitzenden gewählt werden könnte, glaubte er selber nicht: „Ich bin absoluter Realist.“Aber er wolle dennoch antreten, um in der SPD und der Gesellschaft ein Zeichen zu setzen, dass jeder seine Chance habe, sagte er damals. Wenig später zog er seine Bewerbung wieder zurück.
Vor der Bundestagswahl 2017 hatte er seiner Partei signalisiert, dass die gerade laufende Wahlperiode seine letzte sein könnte. Nachdem er von vielen Parteifreunden aber gebeten worden sei, noch einmal anzutreten, habe er sich zu einer neuerlichen Kandidatur entschlossen, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Und ich hätte das auch gerne noch einmal gemacht.“Dass sich jetzt Schmid durchgesetzt hat, hält Brunner für eine „abgekartete Sache.“Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern, kritisiert er, seien die Kandidaten aus dem AllUnterbezirkes gäu und Westschwaben auf die aussichtslosen Plätze gewählt worden.
Die Vorschlagsliste der schwäbischen SPD-Frauen für den Landesparteitag Mitte März führt die Augsburger Bundestagsabgeordnete Ulrike Bahr vor der Industriekauffrau Heike Heubach aus dem Landkreis Augsburg und der Allgäuer Schauspielerin Regina Leenders an. Bei den Männern folgen hinter Schmid der bisherige Abgeordnete Brunner und der Allgäuer Martin Holderied. Angesichts der anhaltenden dürren Umfragewerte für die SPD haben, wenn überhaupt, nur die beiden erstplatzierten Schwaben eine realistische Aussicht auf den Einzug in den Bundestag. Da Schmid als Neuling im Kampf um einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste aber vermutlich schlechtere Chancen haben dürfte als der etablierte Abgeordnete Brunner sie gehabt hätte, könnte die schwäbische SPD im ungünstigsten Fall im neuen Bundestag nur noch mit Ulrike Bahr vertreten sein.
Brunner hat sich in seinen acht Jahren im Bundestag unter anderem einen Namen als Verteidigungsexperte gemacht. Er ist stellvertretender Vorsitzender der bayerischen SPD-Landesgruppe und Beauftragter seiner Fraktion für die Belange von Lesben und Schwulen. Brunner machte im vergangenen Jahr selbst öffentlich, dass er homosexuell ist.
Nun diese Enttäuschung: „Ich habe immer versucht, die SPD sichtbar zu machen“, sagt er. „In guten wie in schlechten Zeiten.“Konservativer als andere Genossen zu sein und dann noch Verteidigungspolitiker: Mit diesem thematischen Portfolio, ahnt Brunner, sei er für viele in der Partei heute nicht mehr en vogue. In den politischen Ruhestand will er sich aber nicht zurückziehen: „Ich werde eine sinnvolle Beschäftigung finden.“Seinen Posten als stellvertretender Bezirksvorsitzender der SPD will er zur Verfügung stellen.