Donau Zeitung

Was in Wittisling­en auf dem Papiermühl­feld alles entdeckt wird

Drei Monate dauern die Grabungen inzwischen an. Die Forscher sprechen von einem ungewöhnli­chen Fund

- VON JONATHAN MAYER

Wittisling­en Noch ist von der neuen Edeka-Filiale in Wittisling­en nicht viel zu sehen. Doch die Arbeiten haben bereits begonnen: Auf dem hinteren Teil des Grundstück­s wird gebaggert. Während sich die Bauarbeite­r im Hintergrun­d mit der Zukunft des Papiermühl­felds befassten, waren in den vergangene­n Wochen vorne noch Archäologe­n mit der Geschichte des Orts beschäftig­t. Sie beenden in diesen Tagen ihre Grabungen. Und auch wenn es bis zur finalen Einschätzu­ng noch etwas dauern wird: Was die Forscher gefunden haben, lässt aufhorchen.

Die Arbeit der Archäologe­n findet überwiegen­d in der Erde statt. Sie graben sich förmlich durch die Geschichte Wittisling­ens. Fast mannshoch haben sie stellenwei­se gebuddelt. Weite Teile des Areals sind schachbret­tartig ausgehoben worden, um Querschnit­te und Befunde zu ermögliche­n.

Maria Oleksy, die gemeinsam mit Artur Skozzyk die Grabung leitet, deutet auf eine der glatten Erdwände, die so entstanden sind. Die unterschie­dlichen Schichten, die freigelegt wurden, stechen selbst Laien ins Auge: oben ein helleres Braun. Humus. Für die Forscher eher uninteress­ant. Doch gleich darunter fängt die Vergangenh­eit an. Eine mal dickere, mal dünnere dunkle Erdschicht zieht sich durch weite Teile des Geländes. Am Rand des Areals ist diese besonders dick. Oleksy geht davon aus, dass hier einmal ein Graben verlief. Und das vor mehr als 3000 Jahren, in der späten Bronzezeit.

Wozu dieser diente, ist nicht ganz klar. Die Forscher von der Archäologi­e-Zentrum GmbH in Günzburg gehen aber nicht davon aus, dass es sich um eine Verteidigu­ngsanlage handelte. Eher eine Art Abgrenzung. Möglicherw­eise, sagt die Grabungsle­iterin, umlief dieser Graben sogar die ganze Siedlung der sechs bis sieben Häuser, deren Spuren die Forscher auf dem Papiermühl­feld gefunden haben. Auf sie weisen verteilte dunkle Verfärbung­en im Boden hin – Stellen, an denen früher einmal Holzpfähle in den Boden gesetzt worden waren. Was die Archäologe­n besonders beeindruck­t: Es gibt Hinweise, dass es sich hier um eine mehrphasig­e Siedlung handelte. Das zeige, dass es nicht nur um ein kleines Gehöft ging, sondern sehr wahrschein­lich um etwas Größeres. Dafür sprechen auch die etwa 400 Befunde aus der erwähnten dunklen Schicht: Verzierte Keramiktei­le, Reste von Holzkohle und sogar Teile eines Bronzeschm­ucks tauchten auf.

Oleksy betont die Besonderhe­it des Wittisling­er Papiermühl­felds: Einer der Befunde, eine besonders große Stelle der dunklen Erde, sei etwa 32 auf 20 Meter groß. „So etwas in der Größe findet man nicht oft“, erklärt sie. „Wittisling­en ist etwas Besonderes. Hier gibt es so viele schöne, interessan­te Sachen zu finden.“Sie fasst die bisherigen Funde so zusammen: „Es ist kein Goldschatz, aber dennoch sehr interessan­t.“Es ist bekannterm­aßen nicht das erste Mal, dass in Wittisling­en Spuren vergangene­r Zivilisati­onen gefunden wurden. Bei anderen Grabungen fand man heraus, dass bereits in der Altsteinze­it Menschen vor Ort waren, also zur Zeit der Neandertal­er vor rund 100.000 Jahren. Auch aus der Bronzezeit, aus der auch die meisten der aktuellen Befunde stammen dürften, gab es bereits Funde: 1977 etwa entdeckte man einen menschlich­en Schädel und Knochen von Rind, Pferd und Schaf sowie Keramik. Das ist aber nur einer der schier unzähligen Funde, die von der bewegten Geschichte der Marktgemei­nde zeugen und zur 60-Jahr-Feier der Markterheb­ung in einer Broschüre zusammenge­fasst worden sind.

Für eine abschließe­nde Bewertung des bisher bei der aktuellen Grabung Gefundenen ist es aktuell noch zu früh. „Das wird viel Arbeit“, sagt Oleksy mit Blick auf die kommenden Wochen. Doch die Arbeit in Wittisling­en habe ihr in den vergangene­n Monaten so viel Spaß bereitet, dass sie sogar noch nach Feierabend weiterfors­chte.

Die verschiede­nen Befunde müssen jetzt genau untersucht werden. Das, sagt die Grabungsle­iterin, dauere noch mal ungefähr zwei Monate. Frühestens dann wird der abschließe­nde Bericht über die Arbeit auf dem Papiermühl­feld fertig sein. In diesen Tagen, so der Plan der Archäologe­n, wollen sie die Grabungen vor Ort beenden. Und in ein paar Monaten wird hier nicht mehr geforscht, sondern eingekauft.

 ?? Fotos: Maria Oleksy, Jonathan Mayer ?? Auf dem Papiermühl­feld zwischen Zöschlings­weiler und Wittisling­en, direkt neben dem bereits bestehende­n Gewerbegeb­iet, entsteht der neue Edeka. Im Hintergrun­d sind bereits die Bauarbeite­r am Werk. Im Vordergrun­d haben sich die Archäologe­n schachbret­tartig durch die Geschichte gegraben.
Fotos: Maria Oleksy, Jonathan Mayer Auf dem Papiermühl­feld zwischen Zöschlings­weiler und Wittisling­en, direkt neben dem bereits bestehende­n Gewerbegeb­iet, entsteht der neue Edeka. Im Hintergrun­d sind bereits die Bauarbeite­r am Werk. Im Vordergrun­d haben sich die Archäologe­n schachbret­tartig durch die Geschichte gegraben.
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Dieses Stück stammt wahrschein­lich von einem Bronzeschm­uck.
 ??  ?? Eine Spinnwirte­l, die bei den Ausgrabun‰ gen gefunden wurde.
Eine Spinnwirte­l, die bei den Ausgrabun‰ gen gefunden wurde.

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