Ohne Test in die letzten Prüfungen
Bayerische Regeln für das Abitur sind umstritten
München Nach monatelangem Lernen stehen sie am Tag der Abschlussprüfung vor der Schule, im Rucksack haufenweise Stifte und Snacks. Die Aufregung ist groß. Bevor es mit vielen anderen in den Prüfungsraum geht, noch ein schneller Abstrich – oder auch nicht, das entscheidet jeder Schüler selbst. Eine Testpflicht vor Prüfungen herrscht nicht.
In Bayern beginnen am Mittwoch die Abiturprüfungen. Für Schülerinnen und Schüler keine leichte Zeit – nun gesellt sich die Angst vor Infektionen, Quarantäne und positiven Corona-Tests dazu. Abschlussprüfungen gelten nach dem Bundesinfektionsgesetz nicht als Unterricht und sind damit von der Testpflicht ausgenommen. Viele Lehrkräfte sehen das kritisch. Zwar werden Corona-Tests auch vor den Prüfungen von den Schulen angeboten und empfohlen, doch viele junge Erwachsene wollen das Risiko nicht eingehen.
Moritz Meusel ist der bayerische Schülersprecher für Gymnasien. Er selbst schreibt im kommenden Jahr Abitur, kennt aber viele, die vor ihrem Abschluss stehen und mit den Tests hadern. „Sie haben Angst vor einem falsch-positiven Ergebnis“, sagt der 18-Jährige. Denn damit dürfen sie nicht an der Prüfung teilnehmen. Was das konkret bedeute,
Viele haben Angst vor einem falschpositiven Ergebnis
sehe man beispielsweise in BadenWürttemberg. „Nur ein verschwindend geringer Teil lässt sich testen.“
Meusel kann die Angst nachvollziehen. Doch er wünscht sich, dass sich mehr Schülerinnen und Schüler für die Schnelltests entscheiden. Die Schulen organisierten zeitnahe Ersatztermine für die Prüfungen, viele böten vor den Abiturprüfungen Kurse übers Internet an, damit die jungen Erwachsenen ihre Kontakte reduzieren könnten. „Viele isolieren sich ohnehin, um auf Nummer sicher zu gehen“, sagt der Schüler.
Für Schülerinnen und Schüler, die sich nicht testen lassen wollen, müssen die Schulen eigene Räume und Aufsichtspersonal zur Verfügung stellen. Auch eine Quarantäne ist für Kontaktpersonen von Infizierten kein Grund für einen Ausschluss: Liegt kein positiver Corona-Test vor, dürfen die jungen Erwachsenen laut Informationen des Kultusministeriums teilnehmen, allerdings mit einem erweiterten Mindestabstand von zwei Metern.
Die Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) in Schwaben, Gertrud Nigg-Klee, sieht manche Vorgaben kritisch – vor allem, dass es keine Testpflicht gibt. „Viele Lehrkräfte haben das Vertrauen in die Maßnahmen verloren.“Sie seien unsicher und befürchteten eine größere Gefahr für sich und ihre Klassen.
An den Mittelschulen und Berufsschulen absolvieren die jungen Erwachsenen bereits die ersten praktischen Prüfungen. Diese laufen nach Informationen der Vorsitzenden reibungslos ab. Nigg-Klee hat Verständnis für die Prüflinge, die sich gegen einen Schnelltest entscheiden. „Der Abschluss ist für sie ohnehin ein Wechselbad der Gefühle, dann auch noch die Tests kurz davor. Eine höchst belastende Situation für die jungen Menschen.“