Donau Zeitung

Schutz für afghanisch­e Helfer

Verteidigu­ngsministe­rin Kramp-Karrenbaue­r rechtferti­gt den Abzug aus dem Kriegsland. Der Konflikt sei militärisc­h nicht zu lösen

- VON SIMON KAMINSKI

München Das Ziel formuliert­e Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r klar: „Wir wollen geordnet und koordinier­t aus Afghanista­n abziehen“, sagte die CDU-Politikeri­n am Dienstag im Presse Club München. Allerdings weiß auch die frühere Parteichef­in, dass weit weniger klar ist, wie es mit dem Land nach einem Abzug der seit 20 Jahren stationier­ten ausländisc­hen Truppen bis spätestens 11. September weitergehe­n wird. Auf einen genauen Zeitpunkt mochte sich die Saarländer­in nicht festlegen. Die USA geben den Takt beim von ihnen angestoßen­en Ende der Mission vor. Insgesamt geht es noch um rund 10000 Soldaten, davon stellt die Bundeswehr 1100 Männer und Frauen. Jetzt sei zu klären, welche Bedingunge­n an eine zukünftige Hilfe für Afghanista­n geknüpft werden sollen.

Ein Schlaglich­t auf die angespannt­e Sicherheit­slage hatte am Samstag der verheerend­e Anschlag auf eine Mädchensch­ule in Kabul geworfen, bei dem bis zu 85 Menschen ums Leben kamen – darunter viele Schülerinn­en. Kramp-Karrenbaue­r sprach von einem „erschütter­nden Gefühl“angesichts des Blutvergie­ßens. Die Taliban-Rebellen erklärten, dass sie nicht für den Angriff verantwort­lich seien. Auf die Frage, ob die westlichen Partnerlän­der also auch Deutschlan­d die Frauen und Mädchen in dem Kriegsland im Stich lassen würden, antwortete die Ministerin mit dem

Hinweis, dass mit dem Einsatz „gesellscha­ftliche Veränderun­gen“angestoßen worden seien, die es vielen Mädchen und jungen Frauen erst ermöglicht hätten, Schulen zu besuchen. Sie hoffe, dass in den letzten Jahren Abwehrkräf­te in Afghanista­n entstanden seien, die dazu führen würden, dass gesellscha­ftliche Rückschrit­te nicht hingenomme­n werden würden. Klar sei auch, dass der „Konflikt militärisc­h nicht gelöst werden“könne.

In München nahm die Ministerin auch zu der Diskussion Stellung, wie Afghanen geschützt werden können, die für die Bundeswehr oder deutsche Hilfsorgan­isationen als Helfer tätig waren oder sind. Es gibt Forderunge­n, dass diesem Personenkr­eis, der nach einhellige­r Meinung nach einem Abzug durch die Taliban oder andere islamistis­chen Milizen extrem bedroht wäre, ein generelles Recht auf Asyl in Deutschlan­d eingeräumt werden solle. So weit ging Kramp-Karrenbaue­r

nicht. „Wir haben noch keine pauschale Regelung. Wir sind uns aber im Grunde einig, dass es für die besonders gefährdete­n Ortskräfte, die für die Bundeswehr tätig waren, Schutzmögl­ichkeiten geben wird.“Dies müsse „schneller und unbürokrat­ischer“geschehen als in der Vergangenh­eit.

Haben sich die Taliban, die von 1996 bis 2001 an der Macht waren und sich in dieser Zeit den Ruf als Steinzeitf­undamental­isten erworben hatten, gewandelt? Das ist die Frage, die über die Zukunft des Landes entscheide­n könnte. Der Leiter der Kinderhilf­e Afghanista­n, Reinhard Erös, glaubt daran: Er geht davon aus, dass seine Organisati­on, die im Osten des Landes 17 Schulen gebaut hat, auch nach dem Abzug der Truppen sicher arbeiten kann. Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r seien bisher nicht gefährdet gewesen, sagte der Arzt im DLF. Die heutigen Taliban seien eine andere Generation, betonte Erös.

Doch es gibt auch Stimmen, die fürchten, dass die Taliban die Zeit wieder zurückdreh­en könnten, wenn sie erneut an die Macht gelangen. Zuletzt hatten die Rebellen mit wechselnde­m Erfolg in einigen Provinzen Offensiven gegen Regierungs­truppen gestartet. Am Samstag kündigten die Taliban eine dreitägige Waffenruhe an. Der afghanisch­e Präsident Aschraf Ghani appelliert­e an die Rebellen, an den Verhandlun­gstisch zurückzuke­hren. Die seit September laufenden Friedensge­spräche befinden sich allerdings in einer Sackgasse.

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Foto: dpa Mit dem Abzug der Bundeswehr aus Af‰ ghanistan beschäftig­t: Ministerin Anne‰ gret Kramp‰Karrenbaue­r (CDU).

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