Donau Zeitung

Wie Mitspieler Nagelsmann erlebten

Als der kommende Bayern-Coach beim FC Augsburg unter Thomas Tuchel seine ersten Schritte als Trainer unternahm

- VON HERBERT SCHMOLL

Eigentlich ist es kaum zu glauben, es klingt nach einem Märchen, doch die Geschichte ist wahr. Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel arbeiteten in der Saison 2007/2008 zusammen beim FC Augsburg. Tuchel als Chef des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums und Trainer der Landesliga­mannschaft, Julian Nagelsmann stand in diesem Team unter Vertrag und unternahm dort auch seine ersten Schritte als Trainer. Heute zählen beide zu den begehrtest­en Trainern Europas, Tuchel arbeitet in England beim FC Chelsea London, Nagelsmann unterschri­eb in der vergangene­n Woche einen aufsehener­regenden Vertrag beim FC Bayern München. Irgendwie doch ein Fußballmär­chen, das seinen Anfang in Augsburg nahm?

„Nagelsmann war ein sehr unbequemer Spieler, weil er immer wissen wollte, wieso wir was machen, was der Grund dahinter ist“, erzählte Tuchel in seiner Biografie, die aus der Feder der beiden Autoren Daniel Meuren und Tobias Schächter stammt. Als der gebürtige Landsberge­r Nagelsmann 2007 aus der zweiten Mannschaft des TSV 1860 München zum FCA II zurückkehr­te (er spielte zuvor schon bei den D-Junioren beim FCA), hatte er noch große Pläne. Er peilte eine Karriere als Profi an. Doch zahlreiche Verletzung­en zerschluge­n dieses Vorhaben. Größere Knie- und Achillesse­hnenproble­me ließen den Oberbayern, der in Issing nahe dem Ammersee aufwuchs, umdenken.

Nagelsmann erinnert sich in dem Buch über seine Anfänge als Trainer. Als er 2008 eine Partie des TSV Gersthofen in der Landesliga gescoutet hat, im Auftrag von Thomas Tuchel. Der damals 21-Jährige hatte seine Freundin dabei, die das Spiel mit der Videokamer­a aufnahm. Nagelsmann: „Beim ersten

Mal habe ich zu Thomas gesagt, ich weiß jetzt nicht, ob es das ist, was du dir erhofft hast. Es war ja auch sehr ausführlic­h.“Doch sein Trainer Tuchel war zufrieden „Die Berichte, die er ablieferte, haben gezeigt, dass er sich im Detail befasst, dass er Lösungen hat, dass man das Talent dafür erkannte und die Liebe zum Spiel darin wiedergefu­nden hat“, erklärte Tuchel und geriet ins Schwärmen. Er erkannte das Talent. „Nachdem ich ein paar Mal die Gegner gescoutet hatte, sagte Thomas zu mir, ich solle doch Trainer werden, wenn ich nicht mehr spielen könne“, erzählte Nagelsmann.

Zeitgleich mit Nagelsmann kam auch Stephan Hain, 32, von der SpVgg Ruhmannsfe­lden nach Augsburg. „Er war ein sympathisc­her Typ, der für jeden Spaß zu haben war“, erinnert sich der spätere FCA-Bundesliga­spieler Hain. „Leider war er zu oft verletzt.“Dass er solch eine gigantisch­e Trainerkar­riere einschlage­n sollte, das war für Hain, der bei der SpVgg Unterhachi­ng unter Vertrag steht, nicht absehbar. Vor zwei Jahren kreuzten sich die Wege der beiden ehemaligen Augsburger wieder mal, „wir haben mit Unterhachi­ng ein Freundscha­ftsspiel gegen Nagelsmann­s damaligen Klub TSG Hoffenheim bestritten. Er hatte sich nicht verändert, war der gleich angenehme Kerl wie damals.“

Genau so beschreibt auch Eddi Keil den künftigen Coach des Rekordmeis­ters. „Wir hatten damals einen sehr guten Kontakt“, beschreibt er die Verbindung. Keil und Nagelsmann gehörten zusammen dem FCA-Landesliga­team an. „Leider machten Julian zahlreiche Verletzung­en zu schaffen und verhindert­en eine ordentlich­e Karriere als Spieler. Er hatte gute Anlagen, gab einen technisch sehr versierten

Innenverte­idiger.“Und noch etwas schätzte Keil an seinem damaligen Teamkolleg­en: „Er war ein ausgesproc­hen lustiger Typ.“Als sich die Wege trennten – Keil wechselte zum TSV Gersthofen, Nagelsmann in die Nachwuchsa­bteilung der Münchner Löwen –, riss der Kontakt nicht ab. Sogar als das Trainertal­ent schon als Coach in Hoffenheim arbeitete, blieb die Verbundenh­eit. „Als er mit Hoffenheim beim FCA spielte, habe ich ihn im Mannschaft­shotel besucht.“Der 34-Jährige spielte zuletzt beim TSV Pöttmes und wechselt im Sommer zum Kreisligis­ten SSV Glött.

Als junger Kerl war Nagelsmann ein Sportler mit Leib und Seele. Neben dem Fußball gehörte dem Eishockey seine Liebe. Er jagte beim EV Landsberg dem Puck hinterher, während seiner Zeit beim FCA II besaß er das Spielrecht für den SV Apfeldorf in der Natureis-Liga.

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Foto:Siegfried Kerpf Julian Nagelsmann (links) im Juli 2002 im Trikot des FC Augsburg II im Spiel gegen den TSV Aindling (hier mit Florian Ho‰ nisch).

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