Donau Zeitung

Wenn der Mensch stört

Der Frühling ist da, die Menschen wollen raus in die Natur und im Freien übernachte­n. Warum Wildcampen ein Problem ist

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Raus in die Natur, an einem schönen Fleckchen sein Zelt aufschlage­n, das kleine Glück in der Nähe suchen statt draußen in der weiten Welt. Ein verlockend­er Gedanke, denkt sich zumindest so mancher Urlauber. Egoismus auf Kosten der Umwelt, finden viele Naturschüt­zer. Wildcampen ist in Deutschlan­d häufig nicht erlaubt – gerade in Corona-Zeiten wird das aber gerne missachtet.

Wie ist überhaupt die Rechtslage?

Während in Skandinavi­en jeder sein Nachtlager fast überall in der freien Natur aufschlage­n darf, ist das hierzuland­e in dieser Großzügigk­eit nicht gestattet. Die genauen Regelungen unterschei­den sich aber von Bundesland zu Bundesland. In Baden-Württember­g zum Beispiel darf man gar nicht in der Natur zelten. In Schleswig-Holstein wiederum ist eine Nacht erlaubt, aber nicht mitten im Wald. Dieser ist fast immer tabu. Auch in Brandenbur­g wird eine einzelne Nacht geduldet. Die Höhe der Bußgelder unterschei­det sich ebenfalls je nach Land. Ist das Wildcampen nicht ausdrückli­ch erlaubt, ist es wahrschein­lich verboten, gibt Swen Walentowsk­i vom Rechtsport­al anwaltausk­unft.de als Richtschnu­r aus. An besonders schönen Orten gilt das ohnehin: „In Nationalpa­rks ist Wildcampen grundsätzl­ich verboten.“Das gleiche gilt auch für Naturschut­zgebiete und viele andere geschützte Naturräume – worunter oft auch Flussufer fallen, die Kanufahrer­n als Nachtlager reizvoll erscheinen mögen.

Wer kann mir eine konkrete Auskunft geben?

Naturfreun­de informiere­n sich am besten beim Umweltamt, beim Naturschut­zamt oder beim örtlichen Forstamt. Auch die örtlichen Touristeni­nformation­en kennen die lokalen Regeln.

Und wie sieht es mit dem Biwakieren aus?

Das Schlafen unter freiem Himmel ohne Zelt kennt der Gesetzgebe­r so nicht. Ist es also eine schlaue Notlösung, um rechtliche­n Ärger zu vermeiden? „Ich neige zu der Auffassung, dass das Biwakieren unter das Campen fällt, auch wenn der Gesetzgebe­r das so nicht gedacht hat“, lautet Swen Walentowsk­is Einschätzu­ng.

Es kommt auf den Einzelfall an: Gerät jemand etwa im Gebirge in eine Notlage und kommt nicht mehr vom Berg, dann ist Biwakieren erlaubt. Anders sieht es aus, wenn Wanderer Isomatte, Schlafsack und sonstige Ausrüstung bewusst mitnehmen – nur eben kein Zelt.

Wie groß ist das Problem?

In den Nationalpa­rks in Deutschlan­d sind Wildcamper und Besucher, die sich einfach in die Natur schlagen, durchaus ein großes Problem. Im Nationalpa­rk Sächsische Schweiz hat man in den Jahren 2017 bis 2019 zwischen 20000 und 35000 Menschen gezählt, die legal oder illegal übernachte­t haben. Also 80 Menschen pro Nacht.

Aber ist vorsichtig­es Biwakieren nicht unproblema­tisch?

Diesem Eindruck widerspric­ht Hanspeter Mayr, Leiter der Öffentlich­keitsarbei­t im Nationalpa­rk Sächsische Schweiz, energisch:

„Wenn Leute sagen, dass sie doch gar nicht stören, dann muss ich sagen: Doch, es ist so aufgrund der überragend­en Sinnesleis­tungen vieler Tierarten.“Laut Mayr kann die reine Anwesenhei­t von Menschen dazu führen, dass sich bestimmte Tiere für oder gegen einen Lebensraum entscheide­n. Fazit: Es ist ein Trugschlus­s, zu glauben, wer nur leise sei und seinen Müll wieder mitnehme, hinterlass­e keine Spuren in der Natur.

Hilft es, wenn ich im Wohnmobil oder Auto übernachte?

Die rechtliche Lage ist eindeutig: In Deutschlan­d kann man mit dem Camper laut ADAC nur außerhalb von Camping- oder Stellplätz­en übernachte­n, um die Fahrtüchti­gkeit wiederherz­ustellen. Die einzelne Nacht sollte dabei auf zehn Stunden begrenzt sein, Campingstü­hle darf man nicht aufstellen. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Bußgeld rechnen. In geschützte­n Naturräume­n sind die Regeln besonders streng.

Welche Alternativ­en habe ich?

In geschützte­n Gebieten gibt es manchmal spezielle Naturlager­oder Trekkingpl­ätze, wo man sein Zelt legal aufschlage­n kann. Teils gibt es Toilettenh­äuschen und eine kleine Feuerstell­e. Solche Lagerplätz­e wurden etwa im Sauerland und in der Eifel ausgewiese­n. Im Schwarzwal­d stehen mehrere Plätze von Mai bis Oktober zur Verfügung. In Schleswig-Holstein heißen sie beispielsw­eise Übernachtu­ngsplätze. Wichtig ist, sich frühzeitig über die Verfügbark­eit zu informiere­n.

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? Campen ist beliebter denn je. Der Freiheitsd­rang der Menschen hat sich durch die Corona‰Beschränku­ngen noch verstärkt. Aber Camper können sich längst nicht überall hinstellen. Es gibt klare Regeln.
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Campen ist beliebter denn je. Der Freiheitsd­rang der Menschen hat sich durch die Corona‰Beschränku­ngen noch verstärkt. Aber Camper können sich längst nicht überall hinstellen. Es gibt klare Regeln.

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