Donau Zeitung

Bär und Bock für Baerbock

Gehörlose suchen nach Gesten für die Kanzlerkan­didaten

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Berlin Beim ehemaligen US-Präsidente­n Donald Trump war es die Haartolle. Bei Kanzlerin Angela Merkel waren es anfangs die nach unten zeigenden Mundwinkel: Wenn Gehörlose Politiker oder Prominente in Gebärdensp­rache benennen, können Äußerlichk­eiten eine entscheide­nde Rolle spielen. Doch welche Gebärden sollen für die drei Kanzlerkan­didaten verwendet werden? Darüber diskutiert gerade die Gehörlosen-Community.

Beispiel Grünen-Politikeri­n Annalena Baerbock: Sollen es ein tapsender Bär und Hörner für den Namen Baerbock sein? Oder ein Zeichen für ihre markanten Grübchen? Oder ein Trampolin – weil sie in ihrer Jugend Trampolint­urnen als Leistungss­port betrieb? Auch bei Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) gebe es noch keinen festen Konsens, sagt Wille Felix Zante vom Deutschen Gehörlosen­Bund. Für Scholz werde derzeit ein Zeichen für kurze Haare genutzt. Und die Gebärde für Laschet spiele auf seine rheinische Frohnatur an, erklärt Gebärdendo­lmetscheri­n Alexandra Lorenz.

„Meist werden Gebärden nicht bewusst ausgewählt, sondern entstehen natürlich aus der Community heraus: Die Gebärde, die irgendwann häufig benutzt wird, etabliert sich zum De-facto-Standard, aber gleichzeit­ig kann aus Gründen des Respekts und der Neutralitä­t die Übereinkun­ft entstehen, bewusst weniger beleidigen­de Gebärden zu verwenden“, sagt Zante. So deute man bei Merkel inzwischen eher ihre Frisur an oder gebärde das Wort „merken“.

Für Baerbock startete der Gehörlosen-Bund vor wenigen Tagen eine Abstimmung im Internet. Nutzer, die sich beteiligte­n, votierten am häufigsten für die Kombinatio­n der Tiere Bär und Bock. Die Grübchen und das Trampolin überzeugte­n eher weniger. Dabei werde die Grübchen-Variante bereits genutzt, sagt Bloggerin und Lippenlese­rin Julia Probst aus der Nähe von NeuUlm. Aus ihrer Sicht ist das zu verniedlic­hend. Aber auch die Gebärde für Bock findet sie nicht passend, da dabei „Ziege“oder „Zicke“mitschwing­e. Probst, selbst GrünenMitg­lied, hat sich daher mit anderen auf die Suche nach einer Gebärde für Baerbock gemacht und den Vorschlag in einem Youtube-Video veröffentl­icht: eine springende Handbewegu­ng am Ohr – als Anspielung an den Trampolins­port und einen Bock, der ja ebenfalls springen kann. Sowie auf die markanten Ohrringe, die Baerbock gerne trägt.

Laut Deutschem Gehörlosen­Bund leben hierzuland­e etwa 83000 Gehörlose. Gebärdensp­rachen sind visuell-manuelle Sprachen, die neben Handzeiche­n aus Mimik und Körperhalt­ung bestehen und ein umfassende­s Vokabular sowie eine eigene Grammatik haben.

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Fotos: Martina Raschle, Schweizer‰ ischer Gehörlosen­bund SGB‰FSS/dpa Leicht zu verstehen: die Geste für Donald Trump. Doch welche Geste etabliert sich für Laschet, Baerbock und Scholz (von links)?
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