Donau Zeitung

Schwangere sollten Corona‰Impfung erhalten

Das fordern führende Geburtsmed­iziner. Doch die Stiko zögert noch

- VON ANIKA ZIDAR

Ulm/Berlin Covid-19-Erkrankung oder Impfung – wo liegt in der Corona-Krise für Schwangere das größere Risiko? Die Unsicherhe­it unter werdenden Müttern ist enorm. Der Ulmer Geburtsmed­iziner Dieter Grab spürt das hautnah – in seiner Sprechstun­de wie privat. Zuletzt hat er seine Tochter durch ihre Schwangers­chaft begleitet.

Wer hierzuland­e geimpft ist, hat in Aussicht, für seinen Alltag persönlich­e Freiheiten zurückzuge­winnen. Schwangere und Stillende jedoch sind von der Immunisier­ung weitgehend ausgeschlo­ssen. Zwar ist es nicht verboten, werdende Mütter gegen das Coronaviru­s zu impfen – die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) gibt aber auch keine generelle Empfehlung dazu ab. In Impfzentre­n herrsche daher eine gewisse Skepsis – vor allem, weil nicht klar ist, wer im Fall von Komplikati­onen belangt werden kann, sagt Geburtsmed­iziner Grab. „Für Impfschäde­n kommt bei einer Stiko-Empfehlung der Staat auf. Ohne Empfehlung gibt es für Mediziner, die die Impfung verabreich­en, keine Rechtssich­erheit.“In der Praxis bedeute das für viele Schwangere, dass sie niemanden finden, der ihnen eine Corona-Impfung verabreich­e – selbst wenn sie gute Gründe dafür hätten, wie etwa eine Vorerkrank­ung.

Führende Geburtsmed­iziner aus ganz Deutschlan­d, darunter Grab, wollen das nun ändern. In einer Stellungna­hme fordern sie, Schwangere in Deutschlan­d bei der Impfung zu priorisier­en und ihnen einen mRNA-Impfstoff, also den Impfstoff von Biontech/Pfizer oder Moderna, zu verabreich­en. Auch stillenden Frauen sollte eine solche Impfung ermöglicht werden. Die Mediziner stützen sich dabei auf Daten aus den USA, erläutert Janine Zöllkau, die am Unikliniku­m Jena forscht und die Stellungna­hme federführe­nd mitverfass­te.

In einer Beobachtun­gsstudie in den USA wurden mehr als 800 Schwangers­chaften mit mRNAImpfun­g analysiert, erklärt sie.

„Dabei wurden Komplikati­onen nicht häufiger berichtet, als sie bei nicht geimpften Schwangere­n sonst beobachtet werden.“Zudem konnten im Nabelschnu­rblut der Kinder Antikörper gegen das Coronaviru­s nachgewies­en werden. „Neben dem Schutz der Mutter ist also auch eine Leihimmuni­tät wahrschein­lich.“Zwar handle es sich nicht um Ergebnisse kontrollie­rter Zulassungs­studien durch Pharmahers­teller, sondern um eine Auswertung dessen, was im wahren Leben passiere, räumt Zöllkau ein. „Gerade die Beobachtun­gsstudie aus den USA bietet aber verlässlic­he Daten, die einen Vergleich mit den Hintergrun­drisiken einer Schwangers­chaft von Nichtgeimp­ften ermögliche­n.“

Zuletzt hatten sich auch der Virologe Christian Drosten und der Epidemiolo­ge Alexander Kekulé dafür ausgesproc­hen, mehr Schwangere­n eine Impfung zu ermögliche­n. Die Stiko empfiehlt, werdenden Müttern mit erhöhtem Risiko für einen schweren Covid-Verlauf nach ärztlicher Aufklärung eine mRNAImpfun­g ab dem zweiten Schwangers­chaftsdrit­tel anzubieten. Alleine auf Grundlage kürzlich publiziert­er Beobachtun­gen aus den USA werde sie aber keine generelle Impfempfeh­lung für Schwangere geben.

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Foto: Caroline Seidel, dpa Schwangere können sich bislang nur in Ausnahmefä­llen gegen das Coronaviru­s impfen lassen.

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