Unfug mit einem stoischen Lächeln ertragen
Es ist an der Zeit, die Helden des Randsports zu würdigen. Einige haben sich gerade in Budapest zu den Europameisterschaften der Wassersportler versammelt. Dort stürzen sie sich aus bis zu zehn Metern Höhe ins Becken und vollführen in der kurzen Flugphase eine verwirrend komplexe Abfolge von Windungen und Drehungen.
Für das menschliche Auge sind Höchstschwierigkeiten wie ein zweieinhalbfacher Salto rückwärts mit dreieinhalb Schrauben gehechtet kaum zu erkennen. Umso erstaunlicher, dass die Wertungsrichter in diesem Durcheinander aus Verrenkungen den Überblick behalten und nach dem Eintauchen des Springers, welches natürlich möglichst arm an Wasserspritzern vonstattengehen sollte, in kürzester Zeit ihr Urteil fällen. Normalsterblichen Zuschauern erschließt sich die Präzision und Ästhetik erst in der Superzeitlupe.
Etwas übersichtlicher geht es bei den Synchronschwimmerinnen zu. Mit stoischem Lächeln unter wasserfestem Make-up lassen sie es leicht und schwerelos aussehen, wenn sie elegant durchs Wasser gleiten, die Beine aus dem selbigen heben oder sich gegenseitig in die Luft katapultieren. Scheinbar mühelos trotzen sie dem rasenden Puls, dem Luftmangel, dem Lactat in den Muskeln. Synchronschwimmen ist Hochleistungssport.
Doch die, die das gerne belächeln, findet man dort noch eher selten: Männer. Erst seit 2015 dürfen sie bei Weltmeisterschaften zumindest im Duett antreten, gleiches gilt für die Europameisterschaft in Budapest. Olympische Spiele dagegen finden weiterhin ohne männliche Synchronschwimmer statt. Das hat viel mit Vorurteilen und verkrusteten Denkmustern zu tun. Argumentativ bewegen sich die Gegner einer Gleichberechtigung auf dem Niveau derer, die Frauenskispringen einst als Gefahr für den Uterus identifizierten. Synchronschwimmen für Männer sei „widernatürlich“hat die russische Olympiasiegerin Natalia Ischtschenko einmal gesagt. Was bleibt einem anderes übrig, als diesen Unfug stoisch lächelnd zu ertragen?
Zeiten ändern sich. Manchmal schnell, oft langsam. Und natürlich gibt es wichtigeres, als Synchronschwimmen für Männer. Aber manchmal muss auch Platz sein für Randsport. Am besten im Rahmen einer leicht polemischen Randbemerkung in der wir fordern: Synchronschwimmen für alle. Neue Helden braucht das Land.