Viele Deutsche arbeiten weiterhin zu Hause
SPD fordert sogar ein Recht auf Homeoffice. Aber ist das auch gesund?
Augsburg Die staatlich verordnete Homeoffice-Pflicht ist Ende Juni ausgelaufen. Doch viele Firmen gehen auf Nummer sicher und lassen ihre Beschäftigten weiter von zu Hause aus arbeiten. Was vor eineinhalb Jahren als provisorische Lösung begann, ist für viele Berufstätige längst Alltag geworden – mit Vor- und Nachteilen. Die meisten Unternehmen sind in diesem Punkt heute deutlich flexibler und wagen dauerhaft mehr Homeoffice.
SPD-Chefin Saskia Esken fordert sogar ein Recht der Beschäftigten darauf. „Zu einer flexiblen Arbeitswelt gehören eben auch flexible Arbeitsplatzmodelle. Die SPD möchte daher den Rechtsanspruch auf mobiles Arbeit einführen“, sagte Esken unserer Redaktion. „Grundsätzlich sollen Beschäftigte bei einer FünfTage-Woche mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können, wenn es die Tätigkeit erlaubt“, forderte die SPDVorsitzende.
Neun von zehn Beschäftigten wollen tatsächlich weiterhin zumindest ein Viertel ihrer Arbeitszeit zu Hause absolvieren. Das ergab eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit Bayern. Zehn Prozent würden am liebsten gar nicht mehr zurück ins Büro gehen. Doch nur wenige haben zu Hause einen technisch und ergonomisch gut ausgestatteten Arbeitsplatz. Mediziner fürchten deshalb, dass die vielen Stunden am heimischen Küchentisch auf einem ungefederten Holzstuhl vor einen kleinen Bildschirm auf Dauer gesundheitliche Folgen haben werden. Belege dafür gibt es bislang nicht. Die Krankschreibungen aufgrund von Rückenschmerzen haben von 2019 auf das CoronaJahr 2020 bei Berufstätigen leicht abgenommen, teilte die Kaufmännische Krankenkasse mit. Allerdings fielen die Deutschen länger krank aus als im Vorjahr: Anstatt 17,5 waren es 19 Tage im Schnitt. Offenbar sind die körperlichen Beeinträchtigungen durch die Arbeit im CoronaModus aber bis dato weniger dramatisch als die seelischen. „Einen noch deutlicheren Anstieg an durchschnittlichen Fehltagen beobachten wir bei psychischen Erkrankungen“, teilte die Krankenkasse mit.
Auch hier sieht die SPD Klärungsbedarf. Esken fürchtet, dass die Trennlinie zwischen Beruf und Privatleben verwischt wird: „Selbstverständlich darf das nicht in ein Rundum-die-Uhr-Arbeiten ausarten. Auch im Homeoffice müssen Arbeits- und Ruhezeiten gelten und ein Recht auf Nichterreichbarkeitszeiten gehört für die SPD dazu.“
Viele Unternehmen wollen den Übergang nach der Zeit im Homeoffice möglichst pragmatisch gestalten. „Ab dem 1. Juli werden wir bei Kuka wieder verstärkt zu Präsenz am Standort zurückkehren, natürlich unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen und Abstandsregelungen“, sagte eine Sprecherin des Roboterbauers. Etwa die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei am Standort Augsburg im Homeoffice gewesen und könnte diese Option, wenn möglich, auch weiterhin nutzen. Je nach Bereich kehrten nun zwischen 60 und 80 Prozent der Beschäftigten an ihren Arbeitsplatz zurück, in manchen Bereichen sogar alle. Das Unternehmen arbeitet an einem Projekt, „wie wir Präsenz und flexibles Arbeiten bei Kuka vereinen können“, sagte die Sprecherin.
Andere setzen vorerst noch stärker auf das Homeoffice. „Audi empfiehlt allen Beschäftigten, weiterhin mobil zu arbeiten, wenn sie dies können und ihre Anwesenheit im Betrieb nicht zwingend notwendig ist“, sagte eine Sprecherin des Ingolstädter Autobauers. Dort gibt es bereits seit 2016 eine weitreichende Betriebsvereinbarung zu mobilem Arbeiten. Um die Zukunft der Arbeit geht es auch im