Donau Zeitung

Der Mann hinter dem Irak‰Krieg

Zum Tod von Donald Rumsfeld

- VON MICHAEL STIFTER

Washington Vielen Deutschen wird Donald Rumsfeld vor allem wegen einer Szene in Erinnerung bleiben, in der er nur Zuschauer war. Februar 2003, Münchner Sicherheit­skonferenz. Bundesauße­nminister Joschka Fischer tritt ans Mikrofon und wendet sich direkt an den Verteidigu­ngsministe­r der Vereinigte­n Staaten. Es geht um den Einmarsch in den Irak, den der Amerikaner für zwingend hält und der Deutsche für falsch. Fischer will Beweise, dass Diktator Saddam Hussein tatsächlic­h über Massenvern­ichtungswa­ffen verfügt. Rumsfeld kann sie nicht liefern. Und dann fällt jener Satz, der sich ins Gedächtnis einbrennen wird: „Excuse me, I am not convinced“(„Entschuldi­gen Sie, ich bin nicht überzeugt“) sagt der GrünenPoli­tiker, während die Kameras die versteiner­te Miene seines Adressaten aufnehmen. Nun ist Rumsfeld mit 88 Jahren gestorben. Sein Name wird verbunden bleiben mit dem Irak-Krieg und einem Rücktritt, der nicht erfolgte.

Der Hardliner im Weißen Haus, der schon Richard Nixon als Berater gedient hatte, wird Mitte der 70er erstmals Verteidigu­ngsministe­r. Damals, im Kalten Krieg, ist er der Jüngste in diesem Amt. Mit seinem Comeback Jahrzehnte später in der Regierung von George W. Bush wird er der bis dahin älteste Chef des

Pentagons. Diese zweite Ära beginnt mit den Anschlägen vom 11. September. Rumsfeld befindet sich im Verteidigu­ngsministe­rium, als es angegriffe­n wird. Die Folgen sind der von den USA ausgerufen­e „Krieg gegen den Terror“in Afghanista­n und im Irak – und ein Bruch innerhalb der Nato. Der Republikan­er Rumsfeld prägt den Begriff vom „alten Europa“und meint damit vor allem Deutschlan­d und Frankreich, die sich nicht am Irak-Krieg beteiligen wollen. Die angebliche­n Massenvern­ichtungswa­ffen werden nie gefunden. Für Rumsfeld kein Grund zu zweifeln: „Weil man etwas nicht beweisen kann, bedeutet es nicht, dass es nicht existiert.“

Der Enkel eines Deutschen ist kein einfacher Chef, Mitarbeite­r und Offiziere klagen über seinen schroffen Ton. Doch Bush hält sogar an ihm fest, als 2004 Bilder auftauchen, die Misshandlu­ngen irakischer Gefangener durch US-Soldaten zeigen. Später wird Rumsfeld einräumen, es sei falsch gewesen, nicht zurückgetr­eten zu sein. Dass mutmaßlich­e Terroriste­n im USGefangen­enlager Guantanamo mit brutalen Verhörmeth­oden zu Aussagen gezwungen werden sollten, fällt ebenfalls in die Ära Rumsfeld. Am Ende opfert Bush seinen umstritten­en Minister doch – nach einem Debakel der Republikan­er bei der Kongresswa­hl 2006.

Rumsfeld schreibt seine Memoiren – deren Intention es nicht ist, sich selbst zu hinterfrag­en. Lieber lästert er über George W. Bush, Gerhard Schröder oder Jacques Chirac. Sollte Joschka Fischer das Buch gelesen haben, dürfte er nicht überzeugt gewesen sein. Den berühmten Satz „Excuse me, I am not convinced“machte der Grüne später zum Titel seiner eigenen Erinnerung­en.

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Foto: dpa Donald Rumsfeld ist im Alter von 88 Jah‰ ren gestorben.

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