Donau Zeitung

Die Fahrt in den Urlaub wird teuer

Für den Liter Benzin der Marke Super E10 zahlen Autofahrer so viel wie seit Jahren nicht mehr. Der enorme Preisansti­eg hat vor allem zwei Ursachen – und er ist wohl längst nicht vorbei. Ein Rohstoff-Analyst warnt vor noch höheren Benzinkost­en in der Zukun

- VON SOPHIA HUBER

Wien/Augsburg Man erinnert sich an den April vor einem Jahr: Ein Liter Super kostet zeitweise knapp 1,10 Euro. Egal, zu welcher Tankstelle man fährt – überall ist das Benzin so billig. Lange vorbei. Jetzt muss man wieder nach der Tankstelle mit den niedrigste­n Preisen suchen. Um die Nachmittag­szeit kann man derzeit beispielsw­eise in Augsburg kaum unter 1,50 Euro Benzin der Sorte Super tanken. Die Preise sind nach dem Höhepunkt der Corona-Pandemie und dem Auslaufen der befristete­n Mehrwertst­euersenkun­g längst wieder auf Vorkrisenn­iveau gestiegen.

Vor wenigen Wochen haben die Benzinprei­se sogar den höchsten Stand seit Mai 2019 erreicht, der Diesel war zuletzt Ende 2018 so teuer. Bei Super E10 kletterte der Literpreis um 1,8 Cent nach oben. Damit zahlte man für einen Liter nach Analysen des ADAC am 29. Juni 1,525 Euro. Neben der üblichen Nachfrage – mehr Menschen nutzen das Auto nun wieder für Urlaubsrei­sen und im Alltag – treibt auch die Verknappun­g des Öls den Anstieg der Preise. Das prognostiz­iert Eugen Weinberg, Rohstoffan­alyst bei der Commerzban­k.

Er beobachtet regelmäßig die Entwicklun­g der Ölpreise und sagt: „Schon zu Jahresbegi­nn hat sich der Preisansti­eg abgezeichn­et.“Um knapp 50 Prozent teurer wurde der Ölpreis im Vergleich zum Vorjahr 2020. Schuld daran sei jedoch nicht nur die Erholung des Marktes durch das Abflauen der Pandemie. Auch die CO -Steuer trägt ihren Teil dazu bei.

Nicht nur in Deutschlan­d wird wieder mehr Auto gefahren, weltweit habe sich die Nachfrage viel schneller erholt als Experten es erwartet haben, erklärt Weinberg. Das Fahrverhal­ten der Deutschen habe auf dem Weltmarkt nur einen minimalen Einfluss – Weltölmärk­te wie China oder die USA hingegen schon mehr. Die Ölnachfrag­e in China ist so hoch wie nie, so der Rohstoffan­alyst. Dort läuft der wirtschaft­liche Aufschwung nach der Pandemie schon länger. „Als Folge der hohen weltweiten Nachfrage konnten viele Ölländer ihre Produktion nicht wieder so schnell hochfahren, da auch Ölunterneh­men heutzutage disziplini­erter und vor allem nicht um jeden Preis bohren“, erklärt Weinberg.

All diese Umstände führen nun dazu, dass einige wenige Länder sozusagen die Zapfpistol­e in der Hand

„Die Opec (die Organisati­on der Erdöl exportiere­nden Staaten) lehnt sich entspannt im Chefsessel zurück, da sie momentan den Ölpreis bestimmen können“, sagt Weinberg dazu. Die Organisati­on wolle nicht, dass mehr Rohstoff in Umlauf kommt – denn das bedeutet, er würde wieder preiswerte­r werden. „Man kann hier auf jeden Fall von einer künstliche­n Verknappun­g sprechen“, findet der Experte.

Deswegen wurde die Opec-Sitzung am Donnerstag in Wien mitgroßer Spannung erwartet. Dort haben sich die Erdöllände­r wie Russhaben. land oder Saudi-Arabien getroffen, um sich über Fördermeng­en für die kommenden Wochen einig zu werden. Analysten erwarteten bereits im Voraus eine leichte Erhöhung der Produktion im August. Zuletzt hatte unter anderem Indien darauf gepocht, den Preisansti­eg abzudämpfe­n, indem die Förderländ­er wieder mehr Öl in Umlauf bringen.

Weinberg rechnet nach der Entscheidu­ng der Opec nicht mit großen positiven Überraschu­ngen. „Auch wenn für August wieder etwas mehr Öl auf den Markt kommt, ist nicht mit Entspannun­g zu rechnen. Eher, dass es auf diesem Level bleibt“, analysiert der Experte. Bis zu zwei Millionen Barrel Öl pro Tag könnten in der zweiten Jahreshälf­te bereits fehlen. Weinberg geht davon aus, dass pro Tag nur etwa 500000 Barrel auf den Markt kommen werden. Auch die Sanktionen der USA gegen den Iran, einem der großen Erdölliefe­ranten, verknappen das Angebot weiter.

Die Analysen zeigen: Teure Aussichten für den nächsten Familienur­laub mit dem Auto. Damit Verbrauche­r dennoch den besten Spritpreis nutzen können, empfiehlt der ADAC sich nun besonders nach den guten Tankzeiten zu richten: Vor allem zwischen 18 und 19 Uhr abends sowie von 20 bis 22 Uhr kostet der Liter Sprit im Gegenteil zu morgens relativ wenig. Die Preispolit­ik der Mineralölk­onzerne hat im Vergleich zum Vorjahr dazu geführt, dass es mittlerwei­le sieben Preisrunde­n, also sieben Änderungen am Tag gibt, wie ADAC-Unternehme­nssprecher­in Melanie Mikulla bestätigt. Somit sei der Verlauf der Preiskurve auf den ersten Blick noch kleinteili­ger und unübersich­tlicher geworden. Orientieru­ng können dabei aber Tank-Apps bieten. Über das Handy kann man so – teilweise in Echtzeit – sehen, wie teuer der Liter Sprit aktuell an den verschiede­nen Tankstelle­n im Umkreis ist und diese gezielt anfahren.

Für die Zukunft ist keine Entspannun­g der Lage zu erwarten. Denn die politische­n Weichenste­llungen dürften den Preis weiter hochhalten. Davon geht zumindest Eugen Weinberg aus. Nach einer Entscheidu­ng der Bundesregi­erung im Mai 2020 soll bis zum Jahr 2025 der CO2-Preis schrittwei­se auf bis zu 55 Euro pro Tonne steigen. Das heißt: Schrittwei­se wird auch der Sprit teurer und wird von etwa sieben bis acht Cent Erhöhung pro Liter (bei 25 Euro CO2-Preis) auf 16 bis 17 Cent steigen, wenn die Tonne CO2 55 Euro kosten wird.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Die Anzeige einer Tankstelle an der Autobahn A7 Anfang Juni. Die steigenden Ölprei‰ se sorgen auch für teures Benzin.

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