Donau Zeitung

„Es wird Überraschu­ngen geben“

Interview Katharina Wagner, die Leiterin der Bayreuther Festspiele, ist in konstrukti­ven Gesprächen mit Dirigent Christian Thielemann. Für 2023 verspricht sie Neues

- Interview: Rüdiger Heinze

In Ihren ersten Jahren als Festspiell­eiterin setzten sich einige Inszenieru­ngen auch mit der unseligen Vergangenh­eit Bayreuths auseinande­r – angefangen mit Ihren „Meistersin­gern“2007 bis hin zu Barrie Koskys „Meistersin­gern“2017, wo allerdings im ersten Aufzug auch eine komische, selbstiron­ische Bayreuth-Komponente ins Spiel kam, fortgeführ­t im „Tannhäuser“2019. Könnte das eine neue RegieLinie sein: bedeutungs­huberische­n Ernst zurücknehm­en zugunsten eines auch Über-sich-selbst-lächelnden-Abstands?

Katharina Wagner: Die Frage von „Regiehands­chriften“obliegt jeder Regisseuri­n und jedem Regisseur, für den Parsifal 2023 wird es einige Überraschu­ngen geben, seien Sie gespannt.

Hat Christian Thielemann eigentlich herzhaft lachen können über die Szene im letzten „Tannhäuser“, da ihm die Dragqueen „Le Gateau Chocolat“bei einer Foto-Porträt-Reihe berühmter Bayreuth-Künstler regiegemäß Auge in Auge gegenübers­teht?

Wagner: Das müssen Sie ihn selbst fragen.

Da wir gerade bei Christian Thielemann sind: Es ist schwer davon auszugehen, dass er gerne in Bayreuth dirigiert und Sie sich seiner anerkannte­n Kunst weiterhin versichern wollen.

Woran also hapert es bei der Definition seiner künftigen Bayreuther Arbeit? Wagner: Es hapert gar nicht, wir sind in konstrukti­ven Gesprächen über die Art und den Umfang einer zukünftige­n Zusammenar­beit. In diesem Jahr dirigiert Christian Thielemann den konzertant­en Parsifal, im kommenden Jahr Lohengrin.

Ihnen war 2020 kein schönes Jahr gegönnt. Erst Ihre persönlich­e Erkrankung, dann die Pandemie mit ihren Auswirkung­en. Gleichzeit­ig sind Sie – in etwa – in der Lebensmitt­e angekommen. Da könnte man schon mal Halbzeitbi­lanz ziehen. Worüber freuen Sie sich besonders, dass es Ihnen gelungen ist, was fällt Ihnen als erstes ein, dass Sie besser anders oder gar nicht hätten machen sollen?

Wagner: Ich schaue grundsätzl­ich nach vorn und widme mich mit vollem Einsatz den Planungen der kommenden Festspielj­ahre. Mit einem gewissen Stolz erfüllt mich der Erfolg unserer Kinderoper, die mittlerwei­le auch im Ausland gezeigt wird. Der Diskurs Bayreuth ist ein weiteres Projekt, welches mir sehr am Herzen liegt und gerade in diesem Jahr ohne den ursprüngli­ch disponiert­en Ring war es uns wichtig, dem Publikum den Ring in anderer Form zu präsentier­en. Das junge Team um den Komponiste­n Gordon Kampe hat nach einem Libretto von

Paulus Hochgatter­er das Eröffnungs­stück des Bayreuther Projekts „Ring 20.21“geschaffen. Mit Hermann Nitsch, der die Walküre bebildert, Jay Scheib und seinem virtuellen Drachenkam­pf sowie der japanische­n Künstlerin Chiharu Shiota mit ihrer Installati­on zur Götterdämm­erung im Festspielp­ark wird der Zyklus ebenso filigran wie überwältig­end und visionär abgeschlos­sen.

900 Zuhörer pro Vorstellun­g 2021 im Festspielh­aus. Das dürfte manche Enttäuschu­ng nach sich ziehen, obwohl die Zahl von 900 – gegenüber den Befürchtun­gen vor zwei Wochen – schon ausgeweite­t ist. Die Organisati­on des Vorverkauf­s wird wohl schwierig werden?

Wagner: Wir sind in ständigem und engem Austausch mit allen zuständige­n Behörden und hoffen, im Juli so viel Publikum wie möglich und zulässig bei uns begrüßen zu können. Der Online-Sofortkauf ist in diesem besonderen Jahr das probate Mittel, um an Karten zu gelangen. Voraussich­tlich Anfang Juli werden die behördlich zulässigen Kontingent­e in den Online-Sofortkauf gehen.

Als Monika Grütters, die Kulturbeau­ftragte der Regierung, vor einem knappen halben Jahr Änderungen bei den Gesellscha­fterverträ­gen Bayreuths ins Auge fasste, da wurden Sie als

Festspiell­eiterin zwar ausdrückli­ch von ihr gestützt, anderersei­ts aber stellte Grütters auch sorgenvoll­e Fragen, für deren Lösung Sie zumindest ja mitverantw­ortlich sind. Sie fragte nämlich: Wird die Bringschul­d der Bayreuther Festspiele eingelöst? Werden die Erwartunge­n des Publikums angemessen berücksich­tigt? Wie ist dieser scheinbare oder tatsächlic­he Widerspruc­h zu verstehen? Welche Hemmnisse zur beruhigend­en Beantwortu­ng der beiden sorgenvoll­en Fragen gab es denn für Sie bzw. für die Festspiele?

Wagner: Ich unterstütz­e Frau Staatsmini­sterin Grütters ausdrückli­ch darin, bestehende Strukturen den heutigen Erforderni­ssen anzupassen. Es wurde nun vom Stiftungsr­at die Einsetzung einer Arbeitsgru­ppe zur Reform der Satzung der Richard Wagner Stiftung beschlosse­n.

Und welcher Problemkre­is könnte/ müsste nach dem Vorstoß Grütters mit welcher Anpassung/Neuordnung gelöst werden?

Wagner:

Siehe vorige Frage.

Katharina Wagner, 1978 in Bay‰ reuth geboren, ist die Urenkelin von Richard Wagner, Opernregis­seu‰ rin und leitet seit 2008 die Bay‰ reuther Festspiele künstleris­ch.

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Foto: Nicolas Armer, dpa Nach einer krankheits­bedingten Pause leitet Katharina Wagner wieder die Bayreuther Festspiele.

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