Donau Zeitung

Drehbuchsc­hreiber fordern mehr Achtung von der ARD

Ein offener Brief von 600 Autoren setzt die neue Programm-Direktorin Christine Strobl unter Druck

- VON RICHARD MAYR

Augsburg Unter Fernsehzus­chauern ist die Klage, dass es dem Programm an Qualität fehle, wahrschein­lich so alt wie das Fernsehen selbst. Solche Kritik wird von den Programmdi­rektoren der Rundfunkan­stalten einfach weggeläche­lt. Wenn allerdings diejenigen, die die Inhalte des Fernsehens schreiben, öffentlich für mehr Qualität plädieren, langt ein Lächeln nicht mehr. So geschehen nun mit einem offenen Brief von dem Verband Deutscher Drehbuchau­toren und dem Drehbuchsc­hreiber-Zusammensc­hluss Kontrakt 18.

Die Autoren mahnen an, endlich bei fiktionale­n Produktion­en, bei Serien und Fernsehfil­men, als Partner ernst genommen zu werden, andernfall­s werde das öffentlich­rechtliche Fernsehen das Nachsehen haben. An die neue ARD-Programm-Chefin Christine Strobl gerichtet heißt es: „Ihr Plan, in der ARD ,unverwechs­elbare’ Geschichte­n zu erzählen – und ,eigentlich jeden Monat einen Knaller wie ‚Babylon Berlin‘. Mindestens.’ – wird sich nicht verwirklic­hen lassen, wenn Sie die Grundlagen der Zusammenar­beit

mit den Kreativen nicht zeitnah auf jene verbindlic­hen Standards umstellen, die bei den Streamern, mit denen Sie um die kreativen Köpfe konkurrier­en, längst üblich sind“.

Der offene Brief, den sechshunde­rt organisier­te Drehbuchau­toren gemeinsam an Strobl gerichtet haben, hat eine Vorgeschic­hte, wie die erfolgreic­he Drehbuchau­torin Dorothee Schön, die den Vorstoß voll unterstütz­t, erklärt. Vor drei Jahren haben sich rund 200 Drehbuchsc­hreiber zu Kontrakt 18 zusammenge­schlossen und sechs Regeln für bessere Arbeitsbed­ingungen vereinbart, etwa als Urheber genannt zu werden, bei der Besetzung der Regie ein Mitsprache­recht zu haben, über Änderungen an Drehbücher­n informiert und gefragt zu werden, um einige zu nennen.

Der Branche teilten die Kontrakt-18-Mitglieder mit, nur noch tätig zu werden, wenn diese Forderunge­n erfüllt seien. Ihre Selbstverp­flichtung entfaltete eine Wucht. „Anfangs reagierten die Sender“, sagt Schön, „und nahmen die Forderunge­n in neue Leitlinien auf“. Allerdings sei mittlerwei­le festzustel­len, dass die Leitlinien, zu denen sich die ARD bekannt hat, von den eigenen Justiziare­n bei Vertragsve­rhandlunge­n als unverbindl­ich vom Tisch gewischt werden.

Die Drehbuchau­torin Dorothee Schön arbeitet seit 36 Jahren, seit ihrem Abschluss an der Hochschule für Fernsehen und Film in München, in dem Beruf. Sie ist erfolgreic­h, hat zuletzt gemeinsam mit Sabine Thor-Wiedemann für die ARD die Serie „Charité“erst erfunden und dann auch zwei Staffeln lang entwickelt und geschriebe­n. „Es geht uns um Respekt und Achtung“,

sagt Schön, „nicht um mehr Geld“. Die Rolle der Autoren ist durch die großen, linear erzählten Serien immer wichtiger geworden. Bei einer Netflix-Serie wie „The Crown“hält der Autor über viele Staffeln die Geschichte zusammen. „Das ist anders als beim Tatort, wenn jede Folge in sich abgeschlos­sen ist“, erklärt Schön. Netflix behandelt daher den Crown-Schöpfer Peter Morgan als kreatives Mastermind; davon können Autoren, die für ARD und ZDF schreiben, nur träumen. Wenn nun an der dritten und vierten Staffel von „Charité“weitergear­beitet wird, seien Schön und Thor-Wiedemann außen vor, die ARD-Sender haben andere Drehbuchsc­hreiber engagiert. „Wenn sich die Haltung gegenüber den Kreativen nicht ändert, verlieren die öffentlich-rechtliche­n Sender den Kampf um die besten Köpfe gegenüber den Streamern“, sagt Schön.

Bis zum 15. Juli haben die Drehbuchsc­hreiber der neuen ARD-Programmdi­rektorin Strobl Zeit für eine Antwort gegeben. Bisher hat sie sich noch nicht zu dem Vorstoß öffentlich geäußert.

 ?? Foto: Stanislav Honzik, ARD, dpa ?? Die erfolgreic­he ARD‰Serie „Charité“ist von den Autorinnen Dorothee Schön und Sa‰ bine Thor‰Wiedemann erfunden worden.
Foto: Stanislav Honzik, ARD, dpa Die erfolgreic­he ARD‰Serie „Charité“ist von den Autorinnen Dorothee Schön und Sa‰ bine Thor‰Wiedemann erfunden worden.

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