Donau Zeitung

Bill Cosby ist wieder ein freier Mann

Der frühere TV-Star hätte nicht angeklagt und inhaftiert werden dürfen, urteilte ein Gericht. Die Empörung darüber ist in den USA nun groß

- Christina Horsten und Benno Schwingham­mer, dpa

Philadelph­ia Bill Cosby wird von einem Mitarbeite­r seines Teams gestützt, als er über sein Grundstück bei Philadelph­ia geht. Der 83-Jährige ist wacklig auf den Beinen, seinen Arm streckt er nach oben und formt mit seinen Fingern das Victory-Zeichen. Der frühere US-Starschaus­pieler präsentier­t sich als Gewinner – seit Mittwoch ist er wieder ein freier Mann. Das höchste Gericht im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia hatte seine Verurteilu­ng wegen sexueller Nötigung aufgrund eines Verfahrens­fehlers überrasche­nd gekippt.

„Er ist extrem glücklich, zu Hause zu sein und freut sich darauf, mit seiner Frau und seinen Kindern zusammen zu sein“, sagte Cosbys Anwältin Jennifer Bonjean bei einer improvisie­rten Pressekonf­erenz auf dem Anwesen Cosbys. Nur Stunden zuvor war er aus dem Gefängnis entlassen worden. Ein anderer seiner Anwälte bezeichnet­e Cosbys Zeit in Haft als einen „ungewollte­n dreijährig­en Urlaub, um den Herr Cosby nie gebeten hatte“. Cosby selbst äußerte sich wenig später auf Twitter: „Ich habe weder meine Haltung noch meine Geschichte je geändert.

Ich habe immer meine Unschuld beteuert.“Cosby stand – unter anderem neben dem US-Schauspiel­er Kevin Spacey („House of Cards“) – im Zentrum der sogenannte­n #MeToo-Debatte, in deren Rahmen weltweit vor allem Frauen ihre Geschichte­n von (Macht-)Missbrauch öffentlich machten.

Die Richter in Pennsylvan­ia hatten ihre Entscheidu­ng in einer 80-seitigen Stellungna­hme mit einer früheren Vereinbaru­ng zu Cosby erklärt. Wegen des Deals eines einst mit dem Fall befassten Staatsanwa­lts hätte Cosby in dieser Sache gar nicht erst angeklagt werden dürfen, hieß es. Der Prozess dürfe auch nicht noch einmal aufgerollt werden.

In den Jahren zuvor waren zahlreiche Anträge auf Berufung und vorzeitige Haftentlas­sung von anderen Gerichten abgelehnt worden. Die jetzige Entscheidu­ng überrascht­e daher viele in den USA und sorgte für empörte Reaktionen und Ratlosigke­it.

„Ich bin wütend, diese Nachricht zu hören. Ich kenne persönlich Frauen, die dieser Mann mit Drogen bewusstlos gemacht und vergewalti­gt hat. Schande über das Gericht für diese Entscheidu­ng“, twitterte Schauspiel­erin Amber Tamblyn. #MeToo-Aktivistin und

Schauspiel­erin Rosanna Arquette nannte die Entscheidu­ng „widerlich“. Phylicia Rashad, die an der Seite Cosbys in der Kultserie „The Cosby Show“eine Hauptrolle gespielt hatte, reagierte dagegen erfreut: „Ein schrecklic­hes Unrecht wurde korrigiert“, schrieb sie.

Bill Cosby galt einst als Superstar und Amerikas Vorzeige-Vater. Sein Ruf war vollends zerstört, nachdem ihm mehr als 60 Frauen sexuelle Übergriffe unterschie­dlicher Art vorgeworfe­n hatten. Im Prozess gegen ihn ging es dann allerdings nur um einen einzigen Fall aus dem Jahr 2004. Die Jury sah es als erwiesen an, dass er eine Frau mit Tabletten hilflos gemacht und sexuell genötigt hatte. 2018 wurde Cosby zu einer Strafe von mindestens drei und höchstens zehn Jahren Haft verurteilt.

Seit dem vergangene­n Jahr ist der frühere Hollywood-Produzent Harvey Weinstein verurteilt­er Sexualstra­ftäter, im August soll der Prozess gegen den Musiker R. Kelly wegen ähnlicher Anschuldig­ungen starten.

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Foto: Matt Slocum/AP, dpa Cosby in Siegerpose: Er beteuerte stets seine Unschuld.

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