Tanzhaus: Verhindert Denkmalschutz Neubau?
Ein Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege verunsichert Ratsmitglieder in Donauwörth. Der Stadtrat will trotzdem das Bürgerbegehren umsetzen – und jetzt auch noch ein Ratsbegehren. Was dahintersteckt
Donauwörth Welches Bild trifft auf die Donauwörther Tanzhaus-Debatte um Neubau oder Sanierung des großen Gebäudes in der Reichsstraße am ehesten zu: Ist es eine Wellenbewegung, ein Ringen, Fingerhakeln oder ein Gezerre? Fraglos ist, dass die Causa Tanzhaus in die nächste Runde geht. In der jüngsten Stadtratssitzung, die passenderweise wieder im Tanzhaussaal stattfand, ging es heiß her. Selten, dass so emotional um ein Thema gerungen worden war im Stadtparlament – obgleich es laut Tagesordnung nur um zwei formelle Beschlüsse zum anstehenden Bürgerbegehren zur Zukunft des Tanzhauses ging und nicht um Grundsatzfragen. Das Bürgerbegehren ist derweil zulässig, wie Rechtsdirektor Richard Lodermeier nach eingängiger Prüfung ausführte: Die erforderlichen Unterschriften sind gesammelt – es waren 2019 gültige, nötig wären 1220 gewesen –, inhaltlich passe alles, das Ansinnen sei legitim, es entspreche Recht und Ordnung.
Und doch saß das nun aufgetauchte Schreiben der Denkmalschutzbehörde den Rätinnen und Räten – besonders den Befürwortern des Rückbaus – hörbar im Nacken. Hierin heißt es: „Ein Abbruch des straßenbildprägenden Gebäudes hätte (...) empfindliche Auswirkungen auf die Wertigkeit eines Ensembles Reichsstraße.“Pikantes Detail: Das Schreiben an das Büro des Oberbürgermeisters war Anfang Mai eingegangen. Die Räte erfuhren davon allerdings erst direkt im Vorfeld der Sitzung.
Das Tanzhaus, dessen historisches Vorbild im Krieg zerstört worden war, ist erst 1975 als Betonbau fertiggestellt worden. Für die Befürworter der Sanierung steht es allerdings symbolisch für den Abschluss des Wiederaufbaus nach dem Weltkrieg. Gustav Dinger (ÖDP) unterstrich daneben einmal mehr das Argument der Nachhaltigkeit, welches für eine Renovierung des Bestands spreche. Es sei unverständlich, dass bei einem Projekt von jener Tragweite keine Ökobilanzen zu Sanierung oder Neubau in Auftrag gegeben wurden.
Die Kritik, das Schreiben der Denkmalschützer zu lange zurückgehalten zu haben, nahm OB Sorré indessen an, sie sei „berechtigt“. Dennoch sei der Brief der Behörde weder ein Bescheid noch ein Vorbescheid, sondern ein „formloses Schreiben“. Die Pläne zum Tanzhaus lägen wegen des Bürgerbegehrens sowieso auf Eis. Das Schreiben habe die Stadt wegen der langwierigen Zulässigkeitsprüfung zum Bürgerbegehren noch nicht bekannt gemacht. Es sei zudem aus seiner Sicht nicht förderlich, „ständig Wasserstandsmeldungen“herauszugeben.
Abgestimmt wurde im Zuge der aufgeregten Debatte nach mehreren Unterbrechungen der Sitzung trotzdem. Oberbürgermeister Jürgen Sorré erklärte, dass das Bürgerbegehren zur Sanierung trotz der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch die Denkmalschutzbehörde stattfinden könne. Auch ein Ratsbegehren, laut den 17 Stadträten, die es initiiert hatten, eine Ergänzung bei der Befragung der Bürger, wurde nach reger Debatte mehrheitlich angenommen.
Jetzt geht es zum einen um die Frage gehen: Soll es eine Sanierung geben? Zum anderen wird dann auf dem Zettel ergänzend anzukreuzen sein, ob ein Neubau – in der Befragung „Neues Forum Tanzhaus“genannt – gewünscht wird. Eine sogenannte Stichfrage wird die Befragung auf dem Zettel komplettieren (siehe Info). Als Termin für die Abstimmung ist nun der Tag der Bundestagswahl angesetzt, der 26. September. Erwähnt wurde indes, dass sich die entscheidende Prüfung der Denkmalschützer sogar bis Ende des Jahres hinziehen könnte. Die Verwaltung zitierte hierzu eine Aussage des Generalkonservators Mathias Pfeil, wonach „im Lauf dieses Jahres mit einem Ergebnis zu rechnen“sei. Somit stehe fest, dass das Ergebnis der Prüfung „unter Umständen Auswirkungen auf den Vollzug des Entscheidungsergebnisses haben kann“.
Will heißen: Auch bei einer Mehrheit beim Bürgerentscheid für den Abbruch könnte dieses Vorhaben vom Denkmalschutz noch gestoppt werden. Je nach Entscheidung der Denkmalschützer beziehungsweise der Bürger könnte es dann durchaus zu einer Pattsituation beim Tanzhaus kommen. Diplomatisch versuchte Albert Riedelsheimer (Grüne) zwischen den Lagern zu vermitteln: Man solle untereinander „die Toleranz etwas höher ansetzen“: Wichtig sei, dass die Bürger im September frei entscheiden können.