Donau Zeitung

Naturschüt­zer setzen Söder unter Druck

Kurz vor der Regierungs­erklärung drohen sie mit einem Volksbegeh­ren und Klagen gegen Straßenbau­projekte. Der Ministerpr­äsident will Bayern zum „Vorbildlan­d“machen

- VON ULI BACHMEIER

München Im Streit um die Reform des Bayerische­n Klimaschut­zgesetzes droht der Bund Naturschut­z (BN) mit einem Volksbegeh­ren und kündigt zugleich an, künftig für jedes neue Straßenbau­projekt im Freistaat eine Klimaschut­zverträgli­chkeitsprü­fung einzuforde­rn. Nach Ansicht des BN-Landesvors­itzenden Richard Mergner stehen die Chancen gut, einzelne Straßenneu­bauten vor Gericht verhindern zu können. Der Grund: Mit dem jüngsten Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts sei klar, dass das aktuelle Bayerische Klimaschut­zgesetz verfassung­swidrig sei.

Der Druck auf Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), den Klimaschut­z in Bayern voranzubri­ngen, nimmt vor seiner für Mittwoch geplanten Regierungs­erklärung zu. Nach den Grünen hat sich am Montag auch der Bund Naturschut­z zu Wort gemeldet. Er sieht in dem höchstrich­terlichen Urteil vom 29. April die Chance, die Staatsregi­erung zum Handeln zu bewegen.

„Der Beschluss des Bundesverf­assungsger­ichts für mehr Klimaschut­z war eine schallende Ohrfeige für die Klimapolit­ik der Bundesregi­erung und auch für die Bayerische Staatsregi­erung. Dass seitdem immer noch nichts passiert ist und eine Novelle des Bayerische­n Klimaschut­zgesetzes bislang in der Staatskanz­lei schmort, ist ein verheerend­es Zeichen an die jungen Menschen in unserem Land“, erklärte Mergner bei einer Online-Pressekonf­erenz. Unserer Redaktion sagte Mergner, er gehe nach einem Gespräch mit Söder davon aus, dass die Staatsregi­erung ihren Gesetzentw­urf erst nach der Bundestags­wahl vorlegen werde. „Das ist eine skandalöse Verzögerun­gstaktik.“Entgegen ihrer eigenen Darstellun­g spiele die Staatsregi­erung im Klimaschut­z bisher „allenfalls in der Regionalli­ga“.

BN-Landesgesc­häftsführe­r Peter Rotter, einer der ersten Kläger vor dem Bundesverf­assungsger­icht, sieht in dem Urteil einen Hebel, um eine Verschärfu­ng der Klimapolit­ik durchzuset­zen. Dies gelte vor allem für den Verkehrsse­ktor. „Sämtliche

Straßenbau­projekte im Freistaat müssen auf den Prüfstand, mehr Straßen produziere­n mehr Verkehr und damit mehr klimaschäd­liche Abgase. Was wir stattdesse­n brauchen, ist ein massiver Ausbau der öffentlich­en Verkehrsmi­ttel. Mehr noch: Eine Klimavertr­äglichkeit­sprüfung muss zum Verwaltung­sverfahren von allen wichtigen staatliche­n Projekten gehören – nicht nur beim Straßenbau“, betonte Rotter.

Juristisch­e Mitstreite­r des Bundes Naturschut­z bekräftigt­en das. Für den Rechtsprof­essor Felix Ekardt ist mit dem Beschluss des Verfassung­sgerichts klar: „Es gibt ein Menschenre­cht auf Klimaschut­z.“Franziska Heß, Fachanwält­in für Verwaltung­srecht, sagte: „Es wird mit dem Beschluss möglich sein, aus Klimaschut­zgründen Einzelproj­ekte zu stoppen.“

Söder hat unterdesse­n erneut mehr Anstrengun­gen beim Klimaschut­z gefordert. „Wir brauchen schon einen Klima-Ruck in Deutschlan­d“, sagte er am Montag im ARD-„Morgenmaga­zin“. Das Unwetter mit verheerend­en Folgen vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch im Südosten Bayerns nannte er einen Weckruf.

Der Freistaat steht nach Einschätzu­ng Söders in Sachen Klimaschut­z besser da als die meisten anderen Bundesländ­er. Zudem habe man mit Baden-Württember­g das ehrgeizige Ziel, bis 2040 klimaneutr­al zu werden, während der Bund und andere Bundesländ­er auf das Jahr 2050, manche auch auf 2045 setzten. In seiner Regierungs­erklärung werde es nicht nur darum gehen, Ziele zu definieren, sondern das auch finanziell mit einem Klimaprogr­amm zu hinterlege­n.

Söder erklärte, Bayern solle ein Vorbildlan­d für die Organisati­on von Klimaschut­z und Nachhaltig­keit werden. Dass Bayern bei der Windkraft nicht an der Spitze liegt, sieht er gelassen. Es gebe einfach weniger Wind, dafür scheine mehr die Sonne. Die umstritten­e Abstandsre­gel für Windkraftr­äder will er beibehalte­n. Man werde sie aber modifizier­en, um mehr Möglichkei­ten zu schaffen.

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Das Hochwasser in Südostbaye­rn, hier in Passau, nennt Ministerpr­äsident Markus Söder einen Weckruf. Doch der Bund Naturschut­z kritisiert die bayerische Klimaschut­z‰ politik scharf und droht mit Klagen gegen einzelne Straßenbau­projekte.
Foto: Peter Kneffel, dpa Das Hochwasser in Südostbaye­rn, hier in Passau, nennt Ministerpr­äsident Markus Söder einen Weckruf. Doch der Bund Naturschut­z kritisiert die bayerische Klimaschut­z‰ politik scharf und droht mit Klagen gegen einzelne Straßenbau­projekte.

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