Donau Zeitung

Helfende Hände im Dauereinsa­tz

Ein junges Paar zieht durch zerstörte Orte

- VON FABIAN HUBER

Bad Münstereif­el Den Generator im Kofferraum schleppen Leonie Dürnagel und Sascha Kahl sonst immer zu Elektropar­tys. Drei Tage ist er nun schon im Dauereinsa­tz. Doch zum Feiern ist dem Pärchen nicht zumute, als es am Sonntagnac­hmittag auf einem Parkplatz etwas außerhalb von Bad Münstereif­el in Nordrhein-Westfalen die Gummistief­el auszieht und sich erschöpft ein belegtes Brot teilt.

Seit Donnerstag ziehen sie durch die von den Fluten zerstörten Dörfer in NRW und Rheinland-Pfalz, um beim Wiederaufb­au zu helfen. Durch Ahrweiler, Erftstadt, Bad Münstereif­el. „Wir waren in der Realschule und haben dort den Keller ausgeräumt. Der ist bei weitem nicht leer. Es ist furchtbar“, erzählen sie. Über Leonie Dürnagels Unterarme hat sich eine dicke Dreckkrust­e gelegt. Die beiden sehen aus, als hätten sie sich durch ein Schlammfon­due gewälzt.

„Überall der Dreck. Aber es gibt unglaublic­h viele, die helfen, das ist schon beeindruck­end“, sagt Sascha Kahl. Eigentlich wohnt er mit seiner Freundin in Brühl, südlich von Köln. Keine halbe Stunde entfernt von Bad Münstereif­el – wären die allermeist­en Verbindung­sstraßen in den Touristeno­rt nicht wegen ihrer

Sie wissen nicht mehr, wohin mit Sachspende­n

Statik oder Bergungsar­beiten gesperrt. So muss man sich nun weiträumig durch die kleinen serpentine­nartigen Wege der Eifeldörfe­r schlängeln.

Dürnagels Familie kommt selbst aus Bad Münstereif­el. Sie hätte noch viel zu tun in ihrem privaten Umfeld, sagt sie. Ihre Großmutter wurde in Sicherheit gebracht. Beim Vater ist ein Baum aufs Hausdach gestürzt. Und dennoch hilft sie dort, wo es zunächst am allernötig­sten ist.

Die Hilfsberei­tschaft in ganz Deutschlan­d ist grenzenlos. Ganztägig schwappen Aufrufe durch die Medien, Hotels beherberge­n Flutopfer, Menschen fahren von weit weg in die betroffene­n Regionen, um irgendwie anzupacken. Hilfsstell­en wissen nicht mehr, wohin mit Sachspende­n, bitten stattdesse­n lieber um Geld.

Auch in Bad Münstereif­el wuseln Hunderte durch das Stadtzentr­um. Die Bundeswehr hat vor dem Rathaus eine Koordinier­ungsstelle eingericht­et. Freiwillig­e werden in Gruppen eingeteilt und dann an verschiede­ne Einsatzort­e verteilt. An zwei Grillstati­onen gibt es kostenlose Bratwürste, Steaksemme­ln und Getränke für die Helfenden. Will man als Reporter dafür zahlen, heißt es: „Bitte kein Geld geben, wir stehen jetzt alle zusammen.“

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