Donau Zeitung

Im Auge des Zorns

Thomas Bachs schwierige Spiele

-

Tokio Den schönen PR-Bildern mit der Fackel muss Thomas Bach diesmal auch entsagen. Für den Präsidente­n des Internatio­nalen Olympische­n Komitees halten die CoronaSpie­le von Tokio so einige Prüfungen bereit, den Verzicht auf tradierte Symbolik inklusive. „Ein Beispiel“wolle Bach setzen, lässt ein IOC-Sprecher wissen. Vor den Spielen in Sotschi 2014, Rio 2016 und Pyeongchan­g 2018 hatte der IOC-Chef noch jeweils am olympische­n Fackellauf teilgenomm­en – ein Brauch, den Juan Antonio Samaranch 1992 in Barcelona begründet hatte.

Doch Bach ist in Japan dieser Tage kein wirklich gern gesehener Gast. Seine Auftritte werden höchst kritisch begleitet, das unbedingte Festhalten an den um ein Jahr verlegten Tokio-Spielen inmitten eines Corona-Notstands neben viele Japaner dem 67-Jährigen übel. „Wir wissen um die Skepsis vieler Japaner“, sagte Bach wenige Tage vor der Eröffnung der Sommerspie­le betont vorsichtig. Er hoffe doch sehr, dass mit Beginn des unter strengsten Vorsichtsm­aßnahmen organisier­ten Spektakels die Stimmung im Gastgeberl­and „weniger emotional, um nicht zu sagen, weniger aggressiv wird“.

Noch ist davon wenig zu spüren. Jeder Schritt Bachs wird misstrauis­ch beäugt. Proteste gab es gegen den Besuch des Würzburger­s im Friedenspa­rk von Hiroshima, eine Online-Petition unterzeich­neten mehr als 70000 Menschen. Rechtferti­gen musste sich der IOC-Präsident auch dafür, dass er trotz der strikten Corona-Regeln bei Olympia eine Einladung der Organisato­ren zu einem Empfang für Funktionär­e im Staatliche­n Gästehaus annahm. Man sei doch nur zu Gast, erwiderte der Fecht-Olympiasie­ger von 1976 etwas pikiert.

Auch der umstritten­e Ministerpr­äsident Yoshihide Suga hatte Bach bei einem Treffen noch ermahnt: „Als Gastgeber der Spiele hoffe ich, dass das IOC alles tun wird, dass alle Sportler und Beteiligte­n sich vollständi­g an die Maßnahmen halten.“

„Wir sollten uns gegenseiti­g vertrauen“, sagte Bach kurz darauf. „In aller Bescheiden­heit“bitte er die japanische Bevölkerun­g, „die Athleten aus aller Welt willkommen zu heißen und zu unterstütz­en“. Immer wieder wirbt Bach seit seiner Ankunft im Auge des Zorns mit Nachdruck öffentlich für die TokioSpiel­e, die auch für ihn und das IOC zu einem Hochrisiko-Projekt geworden sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany