Donau Zeitung

Der Kampf gegen Geldwäsche nimmt Fahrt auf

Organisier­te Kriminalit­ät, Korruption, Schwarzarb­eit – gewaltige Summen illegalen Ursprungs fließen in die reguläre Wirtschaft. Nun will Brüssel eingreifen. Doch der Vorstoß ist umstritten – vor allem in Deutschlan­d

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Brüssel/Frankfurt Mit einer EUweiten Grenze für Bargeldzah­lungen, einer neuen Überwachun­gsbehörde und Beschränku­ngen für Kryptowähr­ungen will die EUKommissi­on Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung bekämpfen. Am Dienstag stellte die EU-Kommission ihre Pläne vor, wie künftig effiziente­r verhindert werden soll, dass Milliarden­beträge aus kriminelle­n Geschäften in die reguläre Wirtschaft eingespeis­t werden.

Warum schlägt die EU-Kommission eine Bargeldobe­rgrenze vor?

Befürworte­r argumentie­ren, Kriminelle hätten es dann schwerer, den illegalen Ursprung ihrer Erträge zu verschleie­rn, Terrorismu­sfinanzier­ung würde ebenso erschwert wie Schwarzarb­eit. Denn anders als elektronis­che Einzahlung­en oder Überweisun­gen hinterlass­en Bargeldges­chäfte kaum Spuren. Somit könnte eine Obergrenze für Zahlungen mit Schein und Münze kriminelle Machenscha­ften eindämmen.

Tut Europa nicht schon genug gegen Geldwäsche?

Der Europäisch­e Rechnungsh­of kam jüngst nach einer Prüfung zu dem Schluss, dass es deutliche Schwächen gibt. So wurde unter anderem bei den Maßnahmen zur Verhinderu­ng von Geldwäsche sowie beim Eingreifen nach Feststellu­ng eines Risikos eine unzureiche­nde Koordinier­ung auf EU-Ebene festgestel­lt. „Die Schwächen der EU bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung müssen ausgeräumt werden, und die Aufsicht durch die EU muss deutlich verstärkt werden“, forderte Chefprüfer Mihails Kozlovs danach.

Was plant die Kommission konkret?

Rechnungen sollen künftig grundsätzl­ich nur bis zu 10000 Euro bar bezahlt werden dürfen. Es seien aber mehrere Ausnahmen etwa für Geschäfte zwischen Privatpers­onen oder Menschen ohne Konto vorgesehen. Gebrauchtw­agenkäufe oder das Hinterlege­n von Mietkautio­nen blieben demnach mit Bargeld möglich. Auch Kryptowähr­ungen wie der Bitcoin sollen stärker reglementi­ert werden. Die Vorschläge stellten sicher, dass Transaktio­nen mit diesen Währungen vollständi­g verfolgbar seien. Anonyme digitale Geldbörsen – sogenannte Wallets – sollen verboten werden. Als Herzstück des vorgeschla­genen Gesetzespa­kets bezeichnet die EU-Kommission die neue Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA (Anti-Money Laundering Authority). Sie soll die Aufsicht über bestimmte Finanzunte­rnehmen übernehmen können, wenn ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche oder Terrorismu­sfinanzier­ung besteht.

Gibt es bereits bestehende Regeln in anderen Ländern der EU?

In den meisten Ländern Europas gibt es bereits Höchstgren­zen für Bargeldzah­lungen – in Griechenla­nd ist beispielsw­eise bei 500 Euro Schluss, in Kroatien bei 15 000 Euro. Keine Limits setzen bislang Staaten wie Deutschlan­d, Österreich, Luxemburg und Zypern. Die EUKommissi­on will nun, dass alle Mitgliedst­aaten ein Verbot von Barzahlung­en über 10000 Euro durchsetze­n. Staaten, die ein niedrigere­s Limit eingeführt haben, können dieses beibehalte­n.

Wie kommen die Brüsseler Pläne in Deutschlan­d an?

Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann sieht eine Beschränku­ng von Barzahlung­en auf 10000 Euro kritisch. „Bislang gibt es keinen wissenscha­ftlich fundierten Beleg, dass mit Barzahlung­sobergrenz­en das Ziel erreicht wird, Geldwäsche zu bekämpfen“, sagte Beermann kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Beermann sieht die Gefahr, dass ein solches Limit „vor allem auch den ehrlichen Bürger trifft“.

Deutschlan­ds oberster Verbrauche­rschützer, Klaus Müller, hatte zudem schon vor Jahren gewarnt, ein Bargeldlim­it öffne „das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r“. Das Recht auf anonymes Einkaufen müsse berücksich­tigt werden.

Der CSU-Europaabge­ordnete Markus Ferber sagt: „Die Kommission­svorschläg­e sind ein längst überfällig­er Schritt in die richtige Richtung. Die Bekämpfung von Geldwäsche in der EU krankt an einem uneinheitl­ichen Regelwerk und mangelhaft­en Vollzug. Beides muss dringend angegangen werden.“Eine europaweit einheitlic­he Bargeldobe­rgrenze brauche es dafür aber nicht: „Nicht jeder Bargeldkau­f ist ein Geldwäsche­verdachtsf­all und man kann auch mit niederschw­elligeren Methoden gegen Geldwäsche vorgehen. Es darf keinesfall­s der Eindruck entstehen, dass es die Kommission eigentlich aufs Bargeld abgesehen hat.“

Wie geht es jetzt weiter?

Nach der Vorstellun­g der Pläne sind der Rat der Mitgliedst­aaten und das Europaparl­ament am Zug. Wenn dort Mehrheiten zustande kommen, können die Vorschläge der EU-Kommission umgesetzt werden. Endgültige Entscheidu­ngen werden aber erst für 2022 erwartet.

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Foto: Silas Stein, dpa Die EU will den Kampf gegen Geldwä‰ sche aufnehmen.

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